Danke für die Kommentare!
Ein ganz langer Teil über den Tag der Hochzeit folgt am Donnerstag, damit ihr auch was zu lesen habt wenn ich nicht da bin...
@Sisi: Natürlich hat sie ihn geheiratet, aber wart mal ab...
@Milady: Als nächstes wäre eh ein Gegenwartsteil an der Reihe, also viel Spaß damit!
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- - 10 Jahre später - -
Am Morgen nach dem Gewitter war der Kardinal früh zum Louvre aufgebrochen und Milady war am späten Vormittag erleichtert, dass sie ihm nicht gleich an ihrem ersten Morgen im Kardinalspalast wieder über den Weg laufen musste.
Als sie es endlich geschafft hatte, in der vergangenen Nacht einzuschlafen, hatte sie wieder von der Vergangenheit geträumt… allerdings war es dieses Mal extrem seltsam gewesen… alles leicht verdreht: Athos war es gewesen, der ihr wehgetan hatte, Julien ebenfalls – und auf einmal war der Kardinal aufgetaucht, um ihr das Leben zu retten…
Milady dachte sich nichts weiter dabei, wahrscheinlich lag dieser Traum allein daran, dass ihr Richelieu am Abend vorher tatsächlich das Leben gerettet hatte.
Sie beschloss, sich ein wenig umzusehen
Auf einem Gang in einem der Untergeschosse entdeckte sie etwas, das ihre Aufmerksamkeit auf sich zog – eine nur angelehnte Tür. Der dahinter liegende Raum war jedoch wie ausgestorben, Milady erkannte jedoch sofort, dass sie sich in der Bibliothek des Kardinalspalasts befand, die gleichzeitig auch als Archiv benutzt wurde..
So ein Zufall, dachte sie bei sich. Aber wenn der Zufall sie schon hergeführt hatte, konnte sie sich einmal in aller Ruhe auf die Suche nach alten Akten machen. Die mussten doch auch hier irgendwo aufbewahrt werden… In aller Ruhe ging sie von einem Regal zum anderen und schaute sich die Bücher und Dokumente an.
Auf einmal stich ihr ein Name ins Auge.
de la Fère.
So hieß doch Athos in Wirklichkeit. Marcel de la Fère… Offensichtlich hatte Richelieu aus irgendwelchen Gründen eine Akte über ihn angelegt oder anlegen lassen. Vielleicht die Personalakte aus seiner Zeit als Kardinalswache? Oder hatte die Akte etwas anderes zu bedeuten?
Milady warf einen genaueren Blick auf die Regalreihe. Die bestand ausschließlich aus namentlich sortierten Unterlagen. Sofort suchte sie nach dem Namen „de Breuil“, aber da stand nichts. Nach „de Bèrges“ kam sofort „de Brunné“. Und danach „de Chagny“, aber diese Akte interessierte sie erst einmal gar nicht. Es war zwar nicht uninteressant, wie Julien zur Kardinalsgarde gekommen war, aber das konnte sie sich ja immer noch anschauen. Instinktiv ging sie bis zu den Namen mit W, aber es gab auch keine Akte unter „de Winter“.
„Was gibt das denn, wenn’s fertig ist?“
polterte plötzliche eine Stimme hinter ihr, aber Milady erschrak nicht. Das war dieser unmögliche Rochefort.
„Sofort raus hier, Ihr seid nicht befugt, Euch hier aufzuhalten, Milady de Winter“, schnauzte er ungehalten
„Bekommt doch keiner mit. Und es ist doch so langweilig, den ganzen Tag hier herumzusitzen… ich dachte vielleicht find ich etwas zu lesen, um mir die Zeit zu vertreiben. Außerdem wundert es mich, dass Ihr so lebendig seid… ich dachte, man hat Euch zu stinkendem Käse verarbeitet…“
„Was sagt Ihr da?!“
Rochefort glaubte sich verhört zu haben, Was maßte sich diese Person an, ihm, dem Anführer der Leibgarde Seiner Eminenz des Kardinals so eine Respektlosigkeit an den Kopf zu werfen?
Das war doch eine Ungeheuerlichkeit. Das würde er Seiner Eminenz sicherlich berichten. Und dann würde man sehen, wohin das führte.
„Stinkekäse“, erwiderte Milady mit einem Lächeln. „Rochefort eben.“
- „Der Käse heißt doch gar nicht so“, verteidigte sich der Hauptmann.
„Ich weiß. Aber es passt doch sehr gut. Wie die Faust aufs Auge.“ konterte Milady. Dann fiel ihr etwas anderes ein, womit sie Rochefort ganz bestimmt noch etwas ärgern konnte. Ihr machte es irgendwie Spaß, den Hauptmann zu ärgern.
„Oder besser wie der
Degen ins Auge? Damit habt Ihr ja Erfahrung….“
„Milady de Winter, Ihr spielt mit dem Feuer…“ Rochefort wurde immer wütender.
„Mag sein. Aber ich bin nicht die Einzige… Ihr und gewisse andere Wachposten, was die Nichte des Kardinals angeht, der Kardinal selbst mit seiner eigenen Vergangenheit, und ich… Also, wer ebenfalls so viel zu verbergen hat, sollte besser die Klappe halten, bevor er sich mit mir anlegt“, stichelte Milady unbeirrt weiter.
Das mit der Klappe war ihr beim Anblick Rocheforts auch gerade erst eingefallen.
„Also…“
„Und außerdem dachte ich, hier darf gar niemand außer Richelieu sein? Was sucht Ihr denn dann selbst hier?“
„Vermutlich das selbe wie Ihr.. die Wahrheit…“
erwiderte Rochefort nach kurzem Überlegen wieder deutlich ruhiger. „Ich werde das aber vermutlich trotzdem melden“, bemerkte er dann und wandte sich zum Gehen um. „Es geht ja nicht, dass Ihr Euch hier alle Freiheiten herausnehmt.“
„Meldet mich ruhig“, konterte Milady, „man wird ja sehen, wie der Kardinal darüber denkt.“
Rochefort stürmte zu ihrer großen Verwunderung wieder davon und ließ sie allein.
Der verhält sich zwar auch sehr merkwürdig, aber ich werde die gute Gelegenheit nutzen, überlegte Milady. Sie zog die Unterlagen zum Namen „de la Fère“ aus dem Regal und schleppte sie zu einem der Lehnsessel. Dort setzte sie sich hin und schlug das Bündel Dokumente auf. Vielleicht ging es gar nicht nur um Athos, sondern die de la Fères im Allgemeinen. Und sie war auch einmal ein Teil dieser Familie gewesen, vielleicht würde sie doch etwas über ihr eignes Schicksal finden. Anne de Breuil existierte in den Akten nicht. Milady de Winter auch nicht. Aber möglicherweise Anne de la Fère.
Auf einmal fiel ihr noch etwas anderes ein, eine sehr unwahrscheinliche Idee, aber man wusste ja nie. Sie stand auf, ging zurück an das Regal mit den Akten und ging dazu über, die Namen mit R durchzusehen. War die Akte etwa unter „Anne de Richelieu“ angelegt worden? Der Kardinal hatte immerhin schon einmal davon gesprochen… das war, als er das ersteMal richtig freundlich zu ihr gewesen war…
Fehlanzeige.
Auch diese Möglichkeit traf nicht zu, dafür fand Milady zwei weitere Akten, die sie interessierten und die vielleicht auch im weitesten Sinne mit ihr zu tun hatten.
„de Richelieu, Nadine“.
Nicht einmal ihren eigentlichen Namen „Chauvistré“ hat er ihr zugestanden, dieser … Kardinal, dachte Milady bei sich und legte die Akte wieder zurück. Gleich die nächste war
„de Richelieu, Mireille“.
Mireille, die Schwester der Eminenz in rot, die sich nach ihrem Zusammenbruch und der Erkrankung in der Bastille um sie gekümmert hatte. Wie war denn Richelieu dazu gekommen, über sie eine Akte anzulegen?!
Auf einmal fiel ihr Blick auf eine weitere Akte in unmittelbarer Nähe der Akten von Nadine und Mirelle. Warum auch immer, die war wohl eindeutig falsch einsortiert und trug die Aufschrift
„Lacroix, Isabelle (oder möglicherweise Isabelle de Richelieu)“.
Der Zusatz in der Klammer war jedoch wieder durchgestrichen worden und die Akte war auch nicht ganz so dick wie einige der anderen.
Milady vermutete, dass es in der Akte vielleicht um die Person ging, die wohl vor ihr im Westflügel gewohnt und dem Kardinal wohl nahe gestanden hatte – aber auf einmal durchfuhr es sie wie ein Blitzschlag. Der Name sagte ihr nämlich etwas. Athos’ erste Verlobte hieß Isabelle Lacroix! Die Verlobte, über die er nie gesprochen hatte. Vergessen war die Akte de la Fère, die war ihr jetzt wichtiger. Wenn ihre Ehre wiederhergestellt war und sie zu Athos zurückkehren wollte, würde sie Bescheid über den Schatten seiner Vergangenheit wissen… was hatte es mit Isabelle Lacroix auf sich? Sie musste es einfach wissen.
Milady nahm die Akte mit, setzte sich wieder hin und schlug die Akte auf. Gleich als sie die ersten Sätze des Schriftstücks las, bekam sie einen gewaltigen Schrecken. Es handelte sich eindeutig um einen „Abschlussvermerk“ des Kardinals für die Akte, aber das sah sehr merkwürdig aus, als hätte er es in großer Eile oder Aufregung geschrieben… kein Vergleich zu dem wahrscheinlich in aller Ruhe ausgestellten Gnadenbeschluss…
„„Ich habe eine sehr große Schuld auf mich geladen. Isabelle ist nicht mehr am Leben. Ihr Zustand hatte sich in den letzten Tagen und Wochen immer weiter verschlechtert und heute hat sie sich ihrem Leben selbst ein Ende gesetzt. Mein Ein und Alles hat keinen Ausweg mehr gesehen.Ihr Verlobter macht mir Vorwürfe. Und alles nur wegen dem, was ich getan habe…““
Milady schauderte. War das denn möglich?! Der Kardinal sprach von Athos’ ersten Verlobten als „Ein und Alles“?!
Auf einmal fiel ihr schlagartig wieder ein, was ihre Großmutter zu ihr gesagt hatte, als es um Isabelle gegangen war: „
Athos war damals schon mit Isabelle Lacroix befreundet. Aber eines Tages kreuzte eine Person den Weg der beiden…“
Und jetzt war ihr klar, welche Person das war. Natürlich war der Kardinal gemeint gewesen.
Wer auch sonst.
Jetzt musste sie erst Recht wissen, was passiert war. So unheimlich ihr das alles war, sie würde weiterlesen. Bis zum bitteren Ende.