Goldener Käfig

Eure musicalischen Stories oder Fanfictions könnt ihr hier posten.

Moderatoren: Sisi Silberträne, Elphaba

Benutzeravatar
Kitti
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8268
Registriert: 01.04.2006, 14:28:31
Wohnort: Wuppertal

Beitragvon Kitti » 05.05.2007, 19:42:09

Schön, der neue Teil! Ist dir wieder gut gelungen. Besonders die Szene mit der Mutter und die Beschreibung des Todes. :D
Quiero vivir, quiero gritar, quiero sentir el universo sobre mi... Quiero correr en libertad, quiero encontrar mi sitio...

Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 05.05.2007, 20:32:45

Da kann ich mich Kitti nur anschließen, das mit der Mutter und dem Tod gefällt mir auch am besten. :D

Nur weiter so, hoffentlich dauert es bis zum nächsten Teil nicht so lang!

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 06.05.2007, 16:00:51

Ich weiß nicht... Vielleicht hab ich in meiner eigenen Geschichte was überlesen, aber viel mehr als das mit der Mutter und dann mit dem Tod ist doch gar nicht, oder? :wink:

Aber diesmal dauerts nicht so lang bis zum nächsten Teil, hab von einer Freundin schon einen guten Ratschlag bekommen wies weitergehen kann... :D
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 06.05.2007, 16:34:55

Schön, da freu ich mich schon! :D

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 09.05.2007, 20:54:27

So, hier kommt der neue Teil... Meine Freundin wird mir den Kopf abreißen, ich hab ihre Vorschläge immer noch nicht ganz drin :wink:

@Anja: (Falls du das liest) Die kommen aber noch! :)


5. Kapitel

Plötzlich schrak ich zusammen, als es leise an der Tür klopfte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Instinktiv rief ich »Herein!«, ohne daran zu denken, dass er ja immer noch hinter mir stand. Die Tür öffnete sich und herein kam – »Franzl!« Also damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.
»Sisi...« Er brach ab. »Ich wollte nur noch einmal mit dir reden. Es kann sein, dass wir uns morgen vor der Kirche nicht mehr sehen können...«
Ich drehte mich um. Er stand immer noch da und verfolgte unser Gespräch, aber Franz hatte nichts gesagt.
»Alles in Ordnung, Sisi?« Franz schien ernsthaft besorgt. Er stand jetzt neben mir und sah, wie ich, ihn an, aber seine Augen sahen durch ihn hindurch auf die hellen Samtvorhänge an meinem Fenster.
Ich sah ihn verwirrt an.
»Nein, nein... Schon gut... Alles in Ordnung. Ich dachte nur einen Moment...«
Ich beendete den Satz nicht. Franz sah mich fragend an, aber als ich schwieg, fragte er nicht nach. Zum Glück. Ich hatte keine Ahnung, was ich hätte sagen sollen. Später in dieser Nacht, bevor ich einschlief, fielen mir noch eine Menge Ausreden ein, aber das passierte mir oft, dass mir alles immer erst zu spät einfiel.
Ich redete nicht mehr sehr lang mit Franz, denn natürlich war meine erste Frage, was meine Mutter damit gemeint hatte, was sie angesprochen hatte.
Zu meiner Überraschung sah er beinahe peinlich berührt aus. Ich sah ihn verständnislos an.
»Was ist denn? Ich will doch nur wissen...«
Aber er unterbrach mich hastig.
»Hör zu, Sisi... Das lässt sich nicht so leicht erklären. Ich... Wir sollten jetzt beide schlafen gehen, es werden anstrengende Feierlichkeiten morgen... Wir können ja dann weiterreden, in Ordnung?«
»Aber du hast doch gesagt –«
Bevor ich meinen Satz beendet hatte, war er schon verschwunden.

Nachdenklich setzte ich mich aufs Bett. Was hatten denn nur alle? Wenn sie nicht darüber reden wollten, sollte mich doch keiner darauf ansprechen, was es auch immer war... Da fiel mir ein, dass er gesagt hatte, er würde es mir zeigen, wenn ich wollte. Ich drehte mich zum Fenster um – Und sah nur die gähnende Leere des Fensters. Er war verschwunden. Also würde er es mir auch nicht erklären! Enttäuscht ließ ich mich auf mein Bett fallen und schloss die Augen. Sekunden später war ich eingeschlafen.


Lachend lief ich, Hand in Hand mit Franz, über eine Wiese. Um uns herum waren blühende, duftende rote Rosen, nichts als Rosen um uns herum. Wir pflückten einen großen Strauß und mit den Blumen im Arm ging ich dann neben ihm her über einen Strand. Auf einmal endete der Sandboden und ich lief über Stein. Vor uns ragte die Augustinerkirche empor, bedrohlich sah sie aus mit ihrem hohen Kirchturm, der bis weit in den Himmel reichte. Jetzt tauchten Menschen aus der Umgebung auf, alle starrten uns an. Mir wurde ganz unwohl, aber Franz drückte aufmunternd meine Hand. Die Kirchentür öffnete sich und wir schritten auf den Altar zu. Immer noch drückten sich Menschen um uns herum, alle begafften sie mich, als wäre ich ein seltenes Tier im Zoo. Ich sah geradeaus, starr auf Kardinal Erzbischof Rauscher, der meinen Blick unbeteiligt erwiderte. Mein Blick wanderte weiter, über die Menschen. Alle sahen sie für mich gleich aus, gleichförmige, sensationslustige Blicke, sie drängten sich hinter Absperrungen und stritten sich um die besten Plätze, um Franz und mich zu beobachten. Hilfe suchend umklammerte ich Franzls Hand und schloss meinen anderen Arm fest um den Rosenstrauß.
Plötzlich traten die Menschen beiseite und gaben den Blick auf einen einzelnen Mann frei. Als ich mich noch wunderte, ob das zur Zeremonie gehörte, ertönte auf einmal ein Schuss und Franz fiel zu Boden. Ich schrie erschrocken auf und kniete mich neben ihn auf den kalten Steinboden. Die roten Rosen fielen mir aus dem Arm und deckten Franz ganz zu. Ich sah nur noch die roten Rosen, die wir gemeinsam gepflückt hatten, und auf einmal fiel mir auf, dass sie Dornen hatten...


Erschrocken setzte ich mich auf. So ein schrecklicher Alptraum! Zum Glück war ich endlich aufgewacht. Sehr lange konnte ich nicht geschlafen haben: draußen war es immer noch stockfinster. Nur fahles Sternenlicht schien durch das Fenster, bracht sich leicht am Glas und erhellte den Raum gerade genug, dass ich etwas sehen konnte. Ich wollte versuchen, wieder zu schlafen. Mit einem leisen Seufzer drehte ich mich auf die andere Seite – und fand mich auf dem Fußboden wieder! Ich hatte wohl falsch eingeschätzt, wie viel Platz ich noch hatte. Einen Moment schloss ich die Augen. Ich war weich gelandet, aber irgendwie kam ich mir trotzdem dumm vor. Einfach aus dem Bett zu fallen! Das konnte auch nur mir passieren. Ich öffnete die Augen wieder, wollte aufstehen – und sah ihn. Er stand einfach nur da und sah auf mich hinunter, mit diesem nicht zu deutenden Blick...
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 10.05.2007, 17:21:41

Schön, eine neue Fortsetzung!

Der Teil gefällt mir wieder gut, vor allem der Alptraum war eine gute Idee. Hoffentlich geht es bald weiter! :D

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 10.05.2007, 17:26:25

Danke! :D

Ich werd heut noch weiterschreiben, mal schaun, aber ich schätze bis Sonntag oder Montag kommt die Fortsetzung :)
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Kitti
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8268
Registriert: 01.04.2006, 14:28:31
Wohnort: Wuppertal

Beitragvon Kitti » 10.05.2007, 19:11:38

WOW, der Teil ist dir mal wieder gut gelungen! :D Der Traum und die Begegnung mit Franzl gefallen mir richtig gut. Man kann ihre Gefühle gut nachvollziehen. :) Hoffe, dass es bald weitergeht!
Quiero vivir, quiero gritar, quiero sentir el universo sobre mi... Quiero correr en libertad, quiero encontrar mi sitio...

Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 10.05.2007, 20:24:55

Das ist eine tolle Geschichte, gefällt mir total gut :) Ich finde es super gelungen, wie du den Tod einbringst, und auch, dass ihre Mutter sich wenigstens etwas um sie sorgt, wenn es sonst schon keiner tut.

Bitte schreib bald weiter :)
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 10.05.2007, 20:27:23

Jaja, jetzt geht es auch schon weiter... Ich hab mich vorhin hingesetzt und weitergeschrieben und hatte genug Ideen, dass gleich ein ganzes neues Kapitel rausgekommen ist. :)
Viel Spaß! :D


6. Kapitel

Ich schloss die Augen einfach wieder. Sein Blick machte mich irgendwie nervös, besser, ich sah ihn nicht an. Und da ich flach zu seinen Füßen auf dem Rücken lag, war die einfachste Möglichkeit, die Augen zu schließen.
Aber da hatte ich mich getäuscht. Ich sah zwar nichts mehr, aber ich fühlte genau, wie er mich ansah. Und vor meinem geistigen Auge ließ sich der Ausdruck in seinem Gesicht auch nicht vertreiben.
Ich lag lange Zeit einfach nur da und überlegte, was ich jetzt tun könnte. Irgendwann hörte ich, dass er sich leise neben mir niederkniete. Wenig später spürte ich, wie er mich auf seine Arme hob und sanft auf das Bett legte.
»Du erkältest dich, wenn du noch länger auf dem Boden liegen bleibst«, sagte er leise und meine jäh aufgekeimte Hoffnung, er würde glauben, ich schliefe, schwand wieder dahin.
Langsam öffnete ich die Augen wieder und sah sein Gesicht dicht vor meinem. Das überraschte mich, ich konnte seinen Atem nicht spüren, aber das müsste ich doch, bei dieser kurzen Entfernung zwischen uns... Oder atmete er gar nicht? Der Gedanke erschreckte mich, mir wurde zum ersten Mal wirklich bewusst, dass er kein Mensch wie jeder andere war. Aber wer – oder was – war er dann? Der Tod. Irgendwie hatte ich es gewusst, seit ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Aber trotzdem traf mich diese Erkenntnis jetzt, als ich ihm forschend in die unergründlichen Augen sah, wie ein Schlag. Er war es, der mir mein Leben, mein geliebtes Leben, eines Tages nehmen würde.
Vielleicht jetzt schon? Konnte er das? Und wenn ich mich wehrte?
Nein. Dieser Gedanke war wirklich absurd – mich gegen den Tod wehren! Ich musste beinahe lachen, und er auch.
»Es ist interessant, deine Gedankengänge zu verfolgen, Elisabeth«, flüsterte er mit einem kaum sichtbaren, dezenten Lächeln.
»Was?« Ich setzte mich mit einem Ruck senkrecht auf und er wich rasch aus, damit ich nicht gegen ihn stieß.
»Du meinst – Du kannst meine Gedanken lesen? Und was, wenn ich das nicht will?«
»Ich lese deine Gedanken nicht. Aber wenn ich dir in die Augen sehe und du über mich nachdenkst, kann ich erraten, was du denkst.«
Er lächelte.
Dieses Lächeln verwirrte mich; ich liebte und hasste es zugleich. Einerseits so aufreizend geheimnisvoll, es forderte geradezu heraus, dass man erforschte, was dahinter steckte; aber andererseits war da auch noch dieser Ausdruck... Was war das nur, Herrschaftszeiten nochmal? Ich wusste einfach nicht, was dieser Blick zu bedeuten hatte... Ich beschloss, ihn einfach zu fragen. Angriff ist die beste Verteidigung.
»Warum schaust du mich eigentlich immer so an? Was soll das heißen?«
Jetzt lächelte ich, still triumphierend. Seine sanften braunen Augen weiteten sich verwundert und er runzelte leicht die Stirn. Diese Frage meinerseits hatte ihn wirklich überrascht.
»Was meinst du?«
Was sollte das sein, ein Wettbewerb, wer wen besser überraschen konnte? Mit dieser Gegenfrage hatte ich nicht gerechnet.
»Na ja, du schaust mich immer an... Und da ist so ein Ausdruck in deinem Blick, ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll... Was ist das?«
Er lächelte amüsiert.
»Wie soll ich dir das sagen, wenn ich nicht weiß, welchen Ausdruck du meinst...« Er seufzte. »Ich muss für alle Menschen, die ich zu mir nehme, einen neuen Gesichtsausdruck aufsetzen, je nach dem, wie sie über mich denken. Über die Jahrtausende kommt man da leicht durcheinander, verstehst du?«
Ich sah ihn mit offenem Mund an.
»Jahrtausende? Also.. Na ja... Ich finde, so alt siehst du noch nicht aus...«
Ich biss erschrocken die Lippen aufeinander. Das war mir jetzt so rausgerutscht...
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Kitti
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8268
Registriert: 01.04.2006, 14:28:31
Wohnort: Wuppertal

Beitragvon Kitti » 10.05.2007, 22:07:09

Juhu, so schnell eine Fortsetzung und wieder toll! Der Tod ist wirklich klasse beschrieben, nur weiter so! Ich hoffe, dass er noch ganz oft vorkommen wird!!

Ich würde an der einen Stelle vielleicht liebe meine jäh aufkeimende Hoffnung schreiben! :)

Bitte bald weiter!!
Quiero vivir, quiero gritar, quiero sentir el universo sobre mi... Quiero correr en libertad, quiero encontrar mi sitio...

Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 10.05.2007, 22:31:14

ChristineDaae hat geschrieben:Ich sah ihn mit offenem Mund an.
»Jahrtausende? Also.. Na ja... Ich finde, so alt siehst du noch nicht aus...«
Ich biss erschrocken die Lippen aufeinander. Das war mir jetzt so rausgerutscht...

Süüüüüüüüüüüüüüüß!

Der Teil gefällt mir sehr, aber jetzt bin ich mal gespannt, wie du beschreibst, was sie in Wien alles vorfindet :mrgreen: hoffe die Fortsetzung kommt bald!
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 12.05.2007, 13:54:23

Ich kann den anderen nur zustimmen - der Teil ist wieder richtig gut geworden! Vor allem das mit den "Jahrtausenden" am Ende. :D

Weiter so!

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 16.05.2007, 19:59:23

Okay, jetzt mal wieder ein neuer Teil:

7. Kapitel – Augustinerkirche

Am nächsten Morgen wuselte meine Mutter die ganze Zeit hektisch wie ein aufgescheuchtes Huhn um mich herum und zupfte an meinem Hochzeitskleid. Ich wusste, sie meine es gut, aber nach einer Stunde war es wirklich nicht länger zu ertragen.
»Mama, könntest du das bitte lassen? Mit meinem Kleid ist alles in Ordnung, es sitzt wunderbar, du musst nicht daran rumzupfen.«
»Entschuldige«, antwortete Mama, »ich bin einfach nur so nervös. Weißt du, Sisi, damit hat eben niemand gerechnet...«
Niemand hat damit gerechnet? Das hatte ja gestimmt, aber jetzt waren Franzl und ich schon seit August verlobt. Es war April.
»Mama, wir hatten doch alle 8 Monate Zeit, und geistig darauf vorzubereiten. Unerwartet ist es jetzt wirklich nicht mehr...«
»Nein, aber etwas anderes wird dich wohl sehr unerwartet treffen...«
Ich drehte mich überrascht um. Das hatte nicht meine Mutter gesagt. Hinter mir stand er und lächelte geheimnisvoll.
»Was meinst du?«
»Wie bitte?«, fragte Mama überrascht. »Ich hab doch gar nichts gesagt...«
»Nein, Mama, aber...« Ich brach ab. Sie konnte ihn wohl nicht sehen.
»Schon gut.«
Ich sah ihn fragend an. Ich bin mir bis heute sicher, dass er damals genau verstanden hat, was ich ihn fragen wollte. Aber er trat einen Schritt zurück und verschmolz mit den Schatten im Zimmer, ohne zu antworten.

Drei Stunden später befand ich mich auf dem Schiff, das mich über die Donau bis Wien zur Augustinerkirche bringen sollte. Ich hatte ihn nicht wieder gesehen und hoffte, ich würde das auch nicht. Sobald ich ihn sah, hatte ich ein äußerst merkwürdiges Gefühl; ich bekam beinahe Angst vor mir selbst, und das konnte ich bei Hofe bestimmt nicht brauchen. Besser, er ließ mich in Ruhe, bis – Ja, wie lang? Bis ich starb? Wenn ich es so lang ohne ihn aushielt...
Mama riss mich aus meinen Gedanken, als sie wieder begann, an meinem Brautkleid herumzuzupfen. Ich seufzte genervt.
»Mama, kannst du das bitte endlich lassen!?«
Sie zuckte erschrocken zusammen. Meine Stimme hatte wohl schärfer geklungen, als ich es beabsichtigt hatte.
»Entschuldige bitte. Ich bin nur etwas nervös...«
»Schon gut, Sisi. Ich ja auch...«
Und schon begann sie wieder mein Kleid zu richten.
»Mama, könntest du trotzdem bitte endlich...«
Sie verstand und ließ mich endlich in Ruhe.

Schon seit drei Stunden fuhr das Schiff jetzt über die Donau, und ich war unglaublich müde. Ich konnte einfach nicht länger nicken und lächeln und den Menschen an Land zuwinken, die mich begafften. Zum ersten Mal kamen mir Zweifel, ob diese Hochzeit wirklich das Richtige war. Das sollte ich mein ganzes Leben lang aushalten? Ich hielt ja keine drei Stunden durch! Wie sollte das nur werden?

Nach meiner Ankunft vor der Augustinerkirche war ich schon zum umfallen müde, aber ich musste noch die ganze Zeremonie durchstehen! Ich lächelte Franz leicht an, der mir entgegenkam, um er nickte mir freundlich zu. Meine ersten, bohrenden Zweifel an der Ehe waren geblieben und ich wünschte, er würde mich umarmen und meine Zweifel fortküssen. Aber das erlaubte ihm das Zeremoniell nicht.
Naja, vielleicht würden wir am Abend ein bisschen Zeit für uns haben...
Meine Gedanken schweiften während des Gottesdienstes ab, ich dachte über mein vergangenes und zukünftiges Leben nach. Vieles würde sich ändern, das hatte Franz mir gesagt. Aber ich hab ja dich!, hatte ich damals fröhlich und unbekümmert geantwortet. Jetzt erschien mir diese Antwort zu leicht. Ich wusste nicht was sich ändern würde, und wie viel genau eigentlich?

Franz riss mich aus meinen Gedanken, als er neben mir aufstand und mir den Arm reicht. Schnell erhob ich mich auch, legte die Hand auf seinen Arm und ging neben ihm auf den Altar zu. Seltsamerweise wirkte alles so, wie ich es in der letzten Nacht geträumt hatte. Der einzige Unterschied war, dass wir Kardinal Erzbischof ohne jeden Zwischenfall erreichten.
Wie im Traum hörte ich seine monotone Stimme.
»Wenn das Euer Wille ist, so antwortet mit Ja!«, wandte er sich schließlich direkt an mich.
Ich atmete tief durch. Wollte ich das wirklich mein ganzes Leben lang, diese Menschenmenge um mich, die sensationslüsternen Blicke? Und dafür immer Seite an Seite mit Franz?
Klar und laut drang meine Stimme durch die Kirche.
»Ja!«
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 17.05.2007, 01:04:55

Loooool herzig, die nervöse Mama. Ein schöner Teil, aber nun flott weiter, nach der Hochzeit wirds ja erst mal interessant :)
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
Kitti
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8268
Registriert: 01.04.2006, 14:28:31
Wohnort: Wuppertal

Beitragvon Kitti » 17.05.2007, 12:22:40

Die Mama ist ja niedlich, da kann ich Sisi nur zustimmen! Ansonsten ein toller Teil! Bin sehr gespannt, wie du die Szenen nach der Hochzeit beschreiben wirst! :D
Quiero vivir, quiero gritar, quiero sentir el universo sobre mi... Quiero correr en libertad, quiero encontrar mi sitio...

Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 17.05.2007, 12:27:02

Schön, ein neuer Teil! Gefällt mir wirklich gut. Und Sisi hat recht - jetzt wird es eigentlich erst richtig interessant. Schnell weiter! :D

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 17.05.2007, 12:28:56

Vielen Dank an euch alle! :D

Ich schreib so bald wie möglich weiter, ich muss mir nur erst noch überlegen, wie ich das am besten beschreibe... *grübel*
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Kitti
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8268
Registriert: 01.04.2006, 14:28:31
Wohnort: Wuppertal

Beitragvon Kitti » 17.05.2007, 13:31:14

Falls du das Alleinsein nach der Hochzeitsfeier meinst, so kann ich dir aus der Sisi-Biografie sagen, dass Elisabeth sich wirklich geschont hat, wie Sophie es ihr vorwirft, angeblich erst in der dritten Nacht, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. ;)
Quiero vivir, quiero gritar, quiero sentir el universo sobre mi... Quiero correr en libertad, quiero encontrar mi sitio...

Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
tropicana

Beitragvon tropicana » 17.05.2007, 16:59:47

WOw! Ich hab mir jetzt alle Kapitel durchgelesen und bin wirklich begeistert, vorallem die Stellen bei denen der Tod vorkommt finde ich super!
Ich freu mich schon wenn du bald weiterschreibst :)


Zurück zu „Fanfiction / Geschichten / Texte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste

cron