@Sisi: Als ich vor Jahren angefangen hab Geschichten zu schreiben, war ich auch froh über 10 Seiten... aber bei der hier läuft das alles von selbst...
Und schon gehts weiter... doch später als geplant und wieder mit einem einigermaßen netten Fiesling...
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„Was machen wir denn jetzt mit Euch, Mademoiselle?“
fragte der Kardinal inzwischen auf der anderen Seite der Tür und sah wieder ziemlich nachdenklich drein.
Anne, die sich inzwischen wieder auf den Stuhl gesetzt hatte, antwortete nicht. Es war doch vorauszusehen gewesen, dass sie nicht auf seine Unterstützung zu hoffen brauchte. Wie hatte sie sich nur von Nathalie dazu überreden lassen, ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren? Und wäre Athos nicht gewesen, hätte sich vielleicht sogar alles wiederholt…
Obwohl es in dem Raum doch alles andere als kalt war, fröstelte sie.
„Lasst mich bitte gehen, Eure Eminenz“, sagte sie.
Ihre Stimme zitterte voller Angst wegen dem, was vielleicht noch passieren würde. Immerhin waren die Wachen jetzt wieder weg und das letzte Mal waren sie auch alleine gewesen… Sie wollte eigentlich nur noch weg.
Richelieu antworte nicht auf Anhieb, sondern ging ebenfalls zurück an den Schreibtisch und begann, in einer Schublade nach etwas zu suchen.
„Gehen lassen?“ wiederholte er dann. „Aber vorhin habt Ihr noch gesagt, dass Euch wahrscheinlich Eure Familie verstoßen wird, wenn sie von dem möglicherweise nächsten Mitglied der Familie Richelieu erfährt…“
Anne glaubte, dass sie sich verhört hatte. Das nächste Mitglied der Familie Richelieu!?
Ihre Angst wich Erstaunen und sie begann zu stottern.
„Aber… aber wie soll denn… Eure Eminenz… heißt das etwa, dass…“
- „Wir finden bestimmt eine Lösung für das Problem, arme Anne de Breuil.“ fuhr der Kardinal fort und seine Stimme war auf einmal sanft und beruhigend. „Ich trage die Schuld, ich werde Euch natürlich helfen. Das vorhin war nur… eine … Affekthandlung. Ich wusste im ersten Moment nicht, was ich tun soll. Ich war überrascht.“
Und deshalb gibt er so einen abscheulichen Befehl?! Es hätte dabei weiß Gott was passieren können… das muss ihm doch klar gewesen sein…
Anne verstand die Welt nicht mehr, aber irgendwie war sie sich sicher, dass sie ihm das was er jetzt gesagt hatte, glauben konnte. Sie musste es einfach. Er konnte nicht wirklich wollen, dass ihr noch etwas passierte…
„Es tut mir leid. Könnt Ihr mir verzeihen?“
– „Es fällt mir schwer, aber… ja, ich denke das kann ich. Es ist für Euch sicherlich genauso eine schwierige Lage wie für mich…“ Anne verfluchte sich selbst, als sie das gesagt hatte. Woher sollte sie denn wissen, was in Richelieu vorging?!
„Einfach ist es in der Tat nicht.“ stimmte der Kardinal zu. „Aber das besprechen wir gleich genauer. Auch darüber, wie es weitergeht. Wollt Ihr jetzt nicht doch noch einen Tee?“
Er hat nichts Böses vor, sagte sich Anne.
Er will mir helfen.
„Ja, inzwischen schon. Das ist nett von Euch, Eminenz.“
- „Gern geschehen. Alles für die bedauernswerte zu unrecht Verurteilte aus Saint Germain. Also, entschuldige mich einen Moment, ich gehe schnell einen neuen Tee holen. Und bevor ich es vergesse, Anne… lass die Eminenz zukünftig weg, es gibt nämlich keinen Grund mehr, so förmlich zu sein.“
Nicht mehr Eminenz?! wunderte sie sich.
Aber wie dann?!Sie wollte genau die Frage stellen, aber im gleichen Moment hatte Richelieu das Zimmer auch schon verlassen.
Wie heißt er noch gleich mit vollständigem Namen? fragte sie sich. Armand Jean Duplessis de Richelieu… würde er ihr etwa erlauben, ihn mit einem der beiden Vornamen anzusprechen?! Ausgerechnet sie sollte ihn, über den alle als „Seine Eminenz Kardinal Richelieu“ sprachen, nicht mehr so anreden müssen? Und das mit dem Schatten in ihrer Vergangenheit…
Als sich Anne etwas im Zimmer umsah, fiel ihr plötzlich auf, dass der schwarzrote Ring auf einmal auf dem Tisch lag. Weil sie gerade alleine war, hob sie den Ring kurz entschlossen auf und sah ihn sich an. Es war der Ring mit dem Geheimfach. Anne kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Der Kardinal hatte den Ring einfach liegenlassen, nur um ihr einen Tee zu bringen? Das hieß dann wohl, er hatte nicht mehr vor, Schlafmittel hineinzumischen.
Ihre Gedanken schweiften zu etwas anderem ab.
„Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ fragte sie sich selbst, bemüht, ihre Stimme zu verstellen, bevor sie in ganz normalem Tonfall fortfuhr: „Mein Name ist Anne Duplessis de Richelieu.“
Wie seltsam sich das doch anhörte.
Und eigentlich ging das gar nicht… es sei denn, der Kardinal plante, sie sozusagen als Tarnung mit einem seiner Brüder zu verheiraten. Oder er würde als Kardinal zurücktreten… auf jeden Fall hatte er das Kind unter ihrem Herzen als „neues Mitglied der Familie Richelieu“ bezeichnet. Und das war es, was zählte. Er würde ihr tatsächlich helfen. Vielleicht würde er auch seinen fürchterlichen Fehler offiziell zugeben und dann wäre er sowieso kein Kardinal mehr…
Da kam er auch schon zurück.
„So, ich hoffe, du hast nicht zu lange warten müssen, Anne.“
- „Nein, das ging schon, Eure Eminenz… ich meinte…“ Anne wurde rot vor Verlegenheit.
„Ich weiß, wie es gemeint war.“ Richelieu lächelte sie an und reichte ihr eine Tasse. „Also, hier ist der Tee.“ – „Danke…“ Sie brachte es einfach nicht fertig, aber wenigstens hatte sie nicht wieder Eminenz gesagt.
Er setzte sich wieder hinter den Schreibtisch und stellte die Teekanne ab.
Er ist wie ausgewechselt, dachte Anne bei sich.
Vielleicht wird jetzt alles gut werden…