Kaum zu glauben, aber es geht weiter Hier kommt der 60. Teil von Noras Geschichte.
Ich würde mich über einen Kommentar wieder sehr freuen Die nächsten Wochen vergingen, ohne dass ich etwas von Leon hörte.
Der Ferienkurs ging langsam auf das große Finale zu und ich war von morgens bis abends in der Ballettschule. Der Kurs machte mir immer mehr Spaß und ich sollte beim Auftritt sogar ein kleines Solo tanzen.
Ich war es zwar gewöhnt vor Publikum zu singen und zu spielen, aber beim Tanzen war es wieder was Neues. Erneut musste ich zeigen, was ich konnte und was ich gelernt hatte und dabei stand ich kurz ganz im Mittelpunkt. Schon bei den Proben stieg die Nervosität wieder an.
Svenja hatte versprochen zu meinem ersten Ballettauftritt zu kommen. Sie liebte es schließlich selbst zu tanzen, außerdem war dies ihr Fachgebiet. Ihre Zusage führte dazu, dass ich noch ein wenig aufgeregter wurde. Wir hatten sogar extra Kostüme aus der Sammlung der Ballettschule bekommen, richtig schick, musste man schon zugeben.
Am Morgen des Aufführungstages wachte ich früh auf. Es wurde gerade erst richtig hell, als ich hinunter in die Küche stapfte und Wasser für einen Tee aufsetzte.
Es war zwar Sommer und recht warm, aber ich brauchte an diesem Morgen einen schönen heißen Tee zur Beruhigung der Nerven, ein Geheimrezept aus dem Theater, wie wir es spaßhaft nannten.
„Nora, warum bist du schon so früh wach?“, wollte meine Mutter wissen, als sie gähnend die Küche betrat.
„Ich konnte einfach nicht mehr schlafen.“, antwortete ich wahrheitsgetreu und nippte an meinem Tee. Meine Mutter schenkte sich ebenfalls eine Tasse Tee ein und setzte sich zu mir.
„Wer kommt nachher eigentlich alles zum Zuschauen? Ich hab das irgendwie nicht behalten.“, erzählte meine Mutter. „Also Svenja kommt auf jeden Fall. Du kennst sie nicht auf der Bühne, weil sie eigentlich Constanze spielt, aber ihr habt ja nur mich gesehen. Aber du wirst sie mögen.“, meinte ich.
„Nach dem was du von ihr erzählt hast, sicherlich.“, vermutete meine Mutter. „Sonst niemand?“ – „Svenja wusste noch nicht, ob Adrian mitkommen wollte. Adrian ist ihr Freund und spielt jetzt ebenfalls bei Jekyll.“, erklärte ich.
„Und hast du deinen Freund auch eingeladen?“, wollte meine Mutter vorsichtig wissen. Ich schaute zu meiner Tasse, die ich in der Hand drehte.
„Nein. Er hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass er von dem Kurs nicht viel hält und da er nächste Woche Premiere hat, wird er keine Zeit haben.“, gab ich leise zur Antwort.
Mit dieser Argumentation wollte ich wohl mehr mich selbst überzeugen als meine Mutter.
„Aber Nora. Du weißt doch gar nicht, ob…“, setzte sie erneut an. „Mama. Es ist meine Entscheidung gewesen und ich hab ihn nicht eingeladen. Die letzten fünf Wochen waren nicht einfach, aber gerade müssen wir uns beide um unsere eigenen Dinge kümmern.“, hörte ich mich sagen.
Ich war selbst überrascht wie fest meine Stimme dabei klang, da mir die Tränen in den Augen standen. Ein tiefes Schweigen entstand.
„Komm, mach dich fertig, Nora.“, begann meine Mutter nun. „Dann kann ich dir noch die Haare machen.“
Ich nickte und ging ins Bad, um mich zu duschen und zu schminken. Danach setzte ich mich mit meiner Mutter ins Wohnzimmer, wo sie mir meine Haare wie einen Kranz um meinen Kopf herum geflochten hat.
„Wow, das sieht echt schön aus, Mama.“, bedankte ich mich bei ihr, als ich mich im Spiegel betrachtete. „Ich wusste gar nicht, dass du das so gut kannst.“ – „Naja, nur so ein bisschen.“, gab sie bescheiden zurück. Ich umarmte sie zum Dank, packte noch meine restlichen Sachen ein und machte mich auf den Weg zur Ballettschule.
Alle waren fein rausgeputzt und wie wir dann in unseren Kostümen dastanden, war es ein sehr schönes Bild. „Tolle Frisur, Nora.“, bemerkte Anja mit einem Grinsen. „Danke, die hat meine Mutter gemacht.“, erklärte ich ihr ein wenig stolz.
Die Zeit bis zur Aufführung verging schnell, da wir uns warm machen mussten und noch einmal die Choreographie durchgegangen sind. Ich hoffte nicht wie bei „Irgendwo wird immer getanzt“, meine Schritte zu vergessen, wenn ich ganz allein im Scheinwerferlicht stehen würde.
Zugegebenermaßen kannte ich dies schon. Die anderen Mädchen waren sehr viel aufgeregter und tippelten auf den Zehenspitzen herum, übten nochmals einige Figuren und unterhielten sich pausenlos darüber wie nervös sie doch waren. Das brauchte ich zum Glück nicht.
Das mulmige Gefühl im Magen, das kurz bevor der Vorhang sich öffnete, deutlich zu spüren war, gehörte einfach dazu. Ohne ein wenig Lampenfieber konnte ich nicht auf die Bühne und das brauchte ich auch, um alles aus mir rauszuholen.
„Und du sagst mir, dass du nie eine Primaballerina wirst.“, beschwerte sich Svenja strahlend nach der Aufführung. „Dafür bist du aber verdammt gut.“ Sie umarmte mich. Es tat richtig gut sie zu sehen.
„Naja, du hast auch die anderen gesehen, die sind viel jünger und teilweise schon besser als ich.“, gab ich ihr zu bedenken.
„Die haben aber auch kein Solo getanzt. Das war echt cool. Dafür dass du das gar nicht so lange machst wieder, war das technisch einwandfrei. Du könntest vielleicht noch ein wenig mehr Freude dabei ausstrahlen, aber dazu brauchst du wohl noch ein wenig Routine.“, lautete das Urteil des Profis.
„Danke dir. Ich bin echt froh, dass du gekommen bist.“, entgegnete ich.
„Das war das Mindeste, was ich machen konnte. Adrian hätte es auch gern gesehen, aber du weißt ja wie er ist. Er meinte wir müssten mal wieder ein wenig Zeit miteinander verbringen und er würde dann lieber die Wohnung gründlich sauber machen. Da konnte ich natürlich auch nicht nein sagen, oder?“, wollte sie scherzhaft wissen.
„Nein, so ein Angebot kann man sich nicht entgehen lassen.“, grinste ich.
„Nora!“ Es war Anja, die mich rief. „Das war klasse heute Abend. Für das kommende halbe Jahr biete ich eine Musicalballettstunde in der Woche an, in der wir dann echte Musicalchoreographien tanzen, wie Cats oder Phantom der Oper. Hast du Lust das noch zusätzlich zu machen?“
Das war ein unschlagbares Angebot. „Wow, das ist cool. Gerne. Wann liegt der Kurs denn?“, wollte ich noch wissen.
„Der Kurs ist für freitags am späteren Nachmittag geplant, aber erstmal nur alle zwei Wochen. Die genaue Uhrzeit kann ich dir momentan noch nicht sagen.“, antwortete Anja.
„Freitag.“, murmelte ich vor mich hin. Das würde bedeuten, dass ich Leon nicht wirklich gut besuchen konnte. Svenja wusste scheinbar genau, was in mir vorging.
„Mensch, Nora. So ne Chance kannst du dir nicht entgehen lassen. Das ist ein super Angebot, ich wär froh gewesen so was machen zu können. Cats tanzen, ach wie schön das ist. Ich werd schon richtig neidisch.“, nahm sie mir die Entscheidung ab.
„Okay, ich bin dabei.“, versicherte ich Anja.
„Super, das freut mich. Ich gebe dir wegen des genauen Termins noch mal Bescheid. Bis bald, genieß die restlichen Ferien noch.“, verabschiedete sich meine junge Ballettlehrerin von mir.
~*Niemand nimmt mir meine Träume und schließt meine Sehnsucht ein, wo es Liebe gab und Freiheit wird mein Herz für immer sein*~