So, weiter gehts.
Und immer schön die Mordwaffen bereithalten, in dem Teil vielleicht nicht, aber im nächsten...
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- - Gegenwart - -
„Ihr schuldet mir eine Antwort, Milady de Winter. Weshalb habt Ihr das entschieden?“
fragte Richelieu ein zweites Mal.
„Stellt Euch nicht unwissend!“ rief Milady verärgert. Ihr war es vollkommen egal, dass überall die Wachposten standen. Dieses Mal würde sie sich nicht einschüchtern lassen.
„Wenigstens ein Mal nicht! Gebt einmal zu, was Ihr getan habt! Warum ist Eure Nichte wohl so lang nicht mehr hier gewesen?! Sie hatte nach dem letzten Vorfall Angst vor Euch! Vor Euch und dem Anführer der Wachtruppe. Wie habt Ihr das nur tun können?! Das ist verabscheuenswürdig, Eminenz, einfach nur verabscheuungswürdig!“
Genau wie das, was vor zehn Jahren passiert ist, dachte sie noch, sagte es aber nicht.
Im gleichen Augenblick trat der Mann mit der Augenklappe vor und packte Miladys Arm so wie zuvor der Wachposten.
„Was untersteht Ihr euch, so mit Seiner Eminenz zu reden?“
donnerte er.
Und dann, zu Richelieu: „Soll ich sie für diese Unverschämtheiten abführen lassen?“
„Nein, ist schon in Ordnung“ erwiderte der Kardinal zur Verwunderung aller. „Lasst sie auf der Stelle los, Rochefort. Ich werde mich mit Milady de Winter einmal unter vier Augen unterhalten.“
„Zu Befehl, Eminenz“, sagte der Angesprochene.
Milady lächelte triumphierend. Diese Auseinandersetzung hatte sie wohl gewonnen.
Rochefort?! fiel ihr dann auf.
Dann ist das wohl der Anführer der Kardinalswache, von dem mir Nadine erzählt hat. Wirklich ein unangenehmer Zeitgenosse.
„Was ist mit mir?“
fragte Nadine ängstlich.
„Du gehst mit Rochefort mit und wirst warten, bis ich zurückkomme.“
- „Aber…“
„Keine Widerrede.“
Nadine fügte sich ihrem Schicksal und folgte dem Hauptmann mit gesenktem Kopf in eine Richtung den Gang hinunter, während Milady Richelieu hinterher ging. Im Weggehen hatte Milady noch gedacht, dass Nadine aussah als ginge sie zu ihrer eigenen Hinrichtung, und sie hoffte, dass dem Mädchen nicht wieder irgendetwas zustoßen würde….
Der Kardinal blieb schließlich vor einer Tür stehen, vor der wieder zwei Wachposten standen, die Milady verwundert ansahen.
„Das hat schon seine Richtigkeit. Und sorgt dafür, dass wir nicht gestört werden.“
- „Zu Befehl, Eminenz.“
sagten die beiden Wachen fast gleichzeitig.
Richelieu machte einen Schritt zur Seite. „Also, dann nach Euch, Milady de Winter.“
07 Schatten der Vergangenheit
Angeklagt und verurteilt
Anne fuhr zusammen und merkte, dass sie zitterte.
Die Erinnerung war fürchterlich real gewesen, dass sie für einen Moment geglaubt hatte, es wäre gar keine Zeit vergangen und es war immer noch 24 Stunden früher und sie in den Fängen des Kardinals.
Im gleichen Moment fiel ihr etwas anderes ein. Irgendetwas stimmte nicht und hatte ihr ebenfalls einen gewaltigen Schrecken eingejagt. Der Grund, warum sie so schnell wieder in die Wirklichkeit zurückgekehrt war. Sie steckte den Ring wieder in die Schürzentasche, obwohl sie ihn eigentlich am allerliebsten zerstört hätte, wenn sie gewusst hätte wie, schlich zur Tür, schloß auf, öffnete die Tür einen Spalt und lauschte. Von unten waren Geräusche zu hören. Lautstarkes Poltern, leise, ängstliche Stimmen und schließlich brüllte eine Stimme auf dem Flur
„Wo ist sie? Wo hält sie sich versteckt?!“
- „Sie hält sich nicht versteckt, Exzellenz. Sie ist in ihrem Zimmer.“
Die Stimme ihrer Mutter. Hatte sie jetzt Exzellenz oder Eminenz gesagt? Anne war sich nicht sicher. War etwa der Kardinal aufgetaucht?! Nein, es war nicht seine Stimme gewesen.
„Wahrscheinlich schläft Anne allerdings schon. Gewährt mir bitte die Erlaubnis, selbst hinaufzugehen und nachzusehen.“
Wer auch immer das war, der da unten so einen Krach veranstaltete, er war ganz offensichtlich auf der Suche nach ihr. Anne schauderte. Die Wirklichkeit war genauso schrecklich wie die Erinnerung. Aber sie wollte ihre Furcht nicht zeigen. Langsam ging sie den Flur hinunter und die Treppe hinunter.
„Was gibt es?“
- „Anne, …“ Die Stimme ihrer Mutter war schwach und voller Furcht.
„Anne de Breuil?“
wandte sich der Unbekannte an sie. Er trug eine schwarzrote Uniform.
„Ja, das bin ich. Was wünscht Ihr?“
- „Ich bin Hauptmann Dumarchais von der Leibgarde seiner Eminenz des Kardinals Richelieu. Es liegt eine Anklage gegen Euch vor. Ich wurde im Namen Seiner Majestät des Königs und Seiner Eminenz des Kardinals beauftragt, Euch zu verhaften.“
„Anklage?!“
wiederholte Anne perplex. Garde des Kardinals?! Eine Verhaftung?! Sie sollte verhaftet werden?! Was hatte sie sich denn zuschulden kommen lassen?
Sie verstand die Welt nicht mehr.
Der Hauptmann zog ein Schriftstück hervor, das er Anne entgegenhielt. Als sie es jedoch lesen wollte, steckte er es schnell wieder ein.
„Ihr braucht nichts zu sagen, denn alles was Ihr sagt, kann gegen Euch verwendet werden. Ihr habt das Recht, die Aussage zu verweigern, denn es wird alles vor Prozessbeginn in einem Beweisverfahren untersucht werden, ob die Vorwürfe zutreffen.“
„Was wird denn meiner Tochter vorgeworfen?!“
erkundigte sich Annes Vater, der jetzt auch dazukam.
„Ich habe keine Berechtigung, dies vor Beginn der Untersuchung jemand anderen als der Angeklagten zu sagen.“ Der Hauptmann grinste. „Also folgt mir bitte, Mademoiselle. Die Verhaftungsanordnung ist sofort zu vollziehen. Und macht mir keine Schwierigkeiten.“
„Wo bringt Ihr sie hin, Hauptmann?“
fragte Madame de Breuil aufgeregt.
- „In die Bastille“, erwiderte Dumarchais vollkommen gelassen. „Nehmt sie mit.“ Zwei der Soldaten, die in seiner Begleitung waren, traten vor und sahen Anne auffordernd an „Mademoiselle?“
Keine Furcht zeigen, ermahnte sich Anne zum wiederholten Mal.
Und da ich sowieso nicht mehr reden wollte, werde ich auch nichts sagen. Es muss sich um einen Irrtum handeln. Die haben bestimmt die falsche Anne erwischt.
„Wir besorgen dir einen guten Anwalt, Anne. Mach dir keine Sorgen, Chérie! Das ist bestimmt ein ganz schrecklicher Irrtum!“ rief ihre Mutter ihr hinterher, als sie von den Soldaten abgeführt wurde.
Wortlos folgte Anne dem Hauptmann und den Soldaten in die Kutsche, die auf der Einfahrt wartete. Nachdem sie zwischen den beiden Soldaten saß gab der Hauptmann das Zeichen loszufahren. Langsam verschwand ihr Elternhaus aus der Sichtweite.
Anne überlegte, ob sie den Hauptmann fragen sollte, ob sie jetzt Einsicht in das Dokument bekommen konnte, nachdem ihre Eltern angeblich ja nichts von den Vorwürfen, die erhoben worden war, wissen durften. Dann fiel ihr wieder der Ring in ihrer Tasche ein. Und auf einmal machte alles Sinn.
Richelieu hatte etwas zu ihr gesagt, bevor sie mit Julien weggefahren war. Er war zu Recht verärgert über ihre Äußerung gewesen, es wäre noch nicht sicher, ob sie sich im Himmel oder in der Hölle wiedersehen würden. Als sie gehen wollte, hatte er ihren Arm gepackt und sie angeschrieen.
„Das wirst du noch bereuen!“
War das jetzt seine Rache? Sie einsperren zu lassen? Die Frage war nur – warum?!
Eine Beleidigung alleine rechtfertigte noch keine Anklage, … das glaubte sie zumindest.