Zu spät

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Zu spät

Beitragvon Sisi Silberträne » 11.10.2007, 00:11:34

Ein Wicked Ficlet, das ich gerade in einem Zug runter geschrieben habe. Es ist alternatives Ende, eigentlich nur eine Szene. Momentan arbeite ich noch an einem anderen Wicked Ficlet, das hoffentlich nicht gar so kurz wie dieses wird. Inhaltliche Fehler möge man mir bitte verzeihen, weil ich mich noch nicht so ganz gut mit Oz auskenne ;)

Genre: Drama

Warnung: Darkfic, Chara-Death!

Disclaimer: SE, Gregory Maguire...

~~~~~~~~~~


Zu spät

von Sisi


Elphaba wandte sich zum Fenster ihres Versteckes, als immer näher kommende wütende Schreie und Parolen an ihre Ohren drangen. Genau davor hatte sie Glinda zu warnen versucht. Das Volk von Oz forderte den Kopf der Hexe des Westens. Es wollte sie tot sehen. Welch ein Theater! Mit Sicherheit riefen jene am lautesten, deren Worte am wenigsten Gehalt hatten. Das war immer so.

„So endet es also“, murmelte sie. Ihre dunklen Augen, die immer so sanft gewesen waren, trafen jene strahlend blauen des Mädchens Dorothy. All der Zorn, den sie zuvor gefühlt hatte, war auf einmal nicht mehr in ihr. Sie war seltsam ruhig. Ein Paar Schuhe spielte im Angesicht dieser aufgebrachten Meute kaum eine Rolle. Selbst wenn es sich um die Zauberschuhe ihrer Schwester handelte. Durch ihre Schuld war bereits genug Schaden angerichtet, auch wenn sie niemals jemandem etwas Böses gewollt hatte. Nicht einmal denen, die ihr so oft im Leben weh getan hatten, weil sie anders war.

„Geh schon, bevor sie hier einfallen wie ein Hornissenschwarm.“ Sie schob das Mädchen hinaus ins Freie. Als sie es nicht mehr sehen konnte, schritt sie der tobenden Menge entgegen. Es gab nichts mehr, wofür es sich noch zu kämpfen lohnte. Sie hatte allen nur Unglück gebracht. Nessa. Fiyero. Glinda sollte nicht auch noch etwas Schreckliches widerfahren, deshalb hatte sie ihre einzige Freundin weggeschickt, auch wenn sie sie jetzt mehr denn je an ihrer Seite brauchte.

„Da ist die Hexe!“ rief eine hohe sich beinahe überschlagende Frauenstimme.
Die Meute war wie kochendes Wasser, das in einem Topf brodelte. „Auf sie! Tötet sie! Die Hexe muss sterben!“ gellten die Schreie weithin.
Elphaba erkannte an der Spitze eine metallisch schimmernde Gestalt wie eine Ritterrüstung. Langsam ging sie auf Boq zu. Ihre stoische Ruhe ließ die Umstehenden irritiert innehalten in ihren Hassparolen.

„Ich wollte dir nichts Böses…“, sagte sie zu ihm, als sie fast vor ihm stand. „Deinen Zorn kann ich verstehen. Aber ihr anderen, was habe ich euch denn getan? Ihr redet nur nach, was ihr hört. Oh bitte, das ist armselig. Wann lernt ihr endlich euch eine eigene Meinung zu bilden? Lernt mit eur…“
Sie stockte. Ihre Augen verdrehten sich seltsam, ein ersticktes Keuchen entkam ihr. Boq war auf sie zugetreten, und die Spitze eines Dolches, den er in der blechernen Hand hielt, bohrte sich tief in ihre Eingeweide. Warmes hellrotes Blut tränkte die Erde, als sie zusammen sackte.

„Neeeein!!“ Aus der Frauenstimme sprach blankes Entsetzen. Eine zierliche Gestalt mit blonden Locken bahnte sich mühsam ihren Weg durch die Menge, um neben der tödlich verwundeten Hexe auf die Knie zu sinken. „Elphie…“
Glinda starrte Boq vorwurfsvoll an. Ihre Worte galten jedoch nicht nur ihm. „Seid ihr nun zufrieden? Ihr habt ein Leben auf dem Gewissen! Egal was ihr Elphaba vorwerft, eine Mörderin ist sie nicht.“

Vorsichtig strich sie über die Wange ihrer Freundin. Sie fühlte sich eiskalt an. Das schwarze Kleid verbarg das fließende Blut fast ganz, doch auf Elphabas grüner Hand, die sie auf den rasend schmerzenden Leib gepresst hatte, erkannte man das Ausmaß von Boqs Dolchstich.
„Glinda… du b-bist hier...“ Mit der anderen Hand berührte sie jene ihrer Freundin, die warm und voller Leben war.
Die jüngere Frau nickte leicht. Die gaffende Ansammlung rund um den Blechmann beachtete sie längst nicht mehr. „Glaubst du, ich würde dich jetzt allein lassen?“
Ein kaum merkliches Lächeln erschien auf Elphabas Lippen. „Du w-warst die einzige F-Freundin, die ich je hatte…“
„Ich hatte viele, aber keine war mir so wertvoll wie du.“ Auch die Blondgelockte lächelte. „Du hast mir gezeigt, dass Freundschaft viel mehr ist, als nur Beliebtsein.“

Erst als ein unruhiges Raunen durch die Menge ging, erinnerte sich Glinda daran, dass sie von vielen Augenpaaren angegafft wurde. Jemand erkämpfte sich seinen Weg an den neugierigen Leuten vorbei.
„Lasst mich durch!“ schnaufte eine aufgebrachte Männerstimme. „Das ist mein Kind!“ Im nächsten Moment war es Frex gelungen zu den beiden Frauen vorzudringen. Der Verlust seiner jüngeren Tochter hatte ihn gebrochen. Und jetzt kniete er sich an die Seite seines im Sterben liegenden älteren Kindes. „Oh Oz… ich wollte doch nicht, dass es so endet.“

Die grünhäutige Hexe erkannte die Stimme und hob mit ihrer verbleibenden Kraft ein wenig den Kopf. „Vater… d-das b-ist… bist j-a… du.“ Das Sprechen fiel ihr immer schwerer. Ihr war eiskalt, sie zitterte heftig.
Frex zog sie vorsichtig in seine Arme. Das hatte er niemals getan, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war, und sich am allermeisten nur ein wenig Liebe und Anerkennung gewünscht hatte.
„Das kommt reichlich spät, ich weiß es ja. Du hättest mich gebraucht, als du ein Kind warst, aber ich habe dich im Stich gelassen… aus falschem Stolz. Kannst du mir das jemals verzeihen?“
Sie brachte kein Nicken mehr zustande. Selbst das Offenhalten der Augenlider kostete sie viel Mühe. „D-das… ha-habe ich… i-ich sch-schon…“ Hilfesuchend klammerte sie sich an seinen warmen Körper. „M-mir i-ist… k-ka-kalt… alles w-wird… du-d-dunkel. I-ich habe… A-angst…“

Frex tat etwas, das er noch niemals für sie getan hatte, für Nessa jedoch sehr oft. Er sang leise ein Kinderlied. Seine raue, aber doch sanfte Stimme beruhigte Elphaba tatsächlich ein wenig. Dass er für sie sang, machte sie unglaublich glücklich. Mit diesem Gefühl in ihrem Herzen starb sie in seinen Armen.

Weil er sie nicht hier zurück lassen wollte, sondern sie an der Seite ihrer Schwester der dunklen Erde übergeben, hob er sie hoch. Wie ein Rachegott stand er da, mit seinem toten Kind auf den Armen. Elphabas Glieder hingen leblos herab, ihr langes schwarzes Haar wehte im Wind. Er hatte längst keine Tränen mehr, doch Glindas Wangen waren nass. Sie schämte sich nicht dafür.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 15.10.2007, 18:55:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Elphaba » 11.10.2007, 00:34:59

Oh je... :cry:

Ein tatsächlich alternatives Ende! :( Ich hab an der Stelle mit dem Kinderlied eben beinahe heulen müssen. Die Geschichte ist wirklich gut geschrieben Sisi!
Schade dass es zu so einer schönen Aussöhnung zwischen Frex und seiner "Adoptivtochter" nicht wirklich gekommen ist. Er ist ja leider vor ihr gestorben. :(

Aber dien Ende finde ich fast noch schöner, Sisi! Außer natürlich, dass Elphie sterben musste... :(

Aber wie schon gesagt: Sehr gut geschrieben! Ich bin schon gespannt, auf dein anderes Wicked Ficlet! :)
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Beitragvon ChristineDaae » 11.10.2007, 17:14:19

Ich finde die Geschichte auch super geschrieben! :D
Ich kenne das wirkliche Ende von Wicked nicht, aberr ich nehme an, das ist dasselbe wie im Buch "The Wizard of Oz", oder?

Eine tolle Geschichte. Und so traurig... :cry:
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Beitragvon Kitti » 11.10.2007, 20:34:22

Mir ging es genau wie unserer Elphaba... Zum Heulen schön, könnte man sagen... Sehr traurig, aber dein Stil ist, wie immer, klasse! Man kann sich die ganze Szenerie wunderbar vorstellen und mir gefällt sehr, wie du Glinda und Elphabas Vater reagieren lässt. Bin gespannt auf deine weiteren Werke rund um Wicked und natürlich auch auf alle anderen Stories!! *knuffel*
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Beitragvon Elphaba » 11.10.2007, 23:50:57

ChristineDaae hat geschrieben:Ich kenne das wirkliche Ende von Wicked nicht, aberr ich nehme an, das ist dasselbe wie im Buch "The Wizard of Oz", oder?


Nicht ganz. Es geht noch ein kleines Stückchen weiter... :wink:
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Beitragvon jellimmy » 12.10.2007, 14:33:01

ich finde deine geschichte einfach wunderschön! ich hatte fast tränen in den augen! :oops: :wink:

wie geht die geschichte eigentlich wirklich aus? ich weiß es leider nur so ungefähr...

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Beitragvon ChristineDaae » 14.10.2007, 16:44:32

Elphaba hat geschrieben:
ChristineDaae hat geschrieben:Ich kenne das wirkliche Ende von Wicked nicht, aberr ich nehme an, das ist dasselbe wie im Buch "The Wizard of Oz", oder?


Nicht ganz. Es geht noch ein kleines Stückchen weiter... :wink:


Wie gehts denn dann noch weiter?? *neigierig bin* :D
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Beitragvon Coco » 14.10.2007, 23:55:01

*sfz* Babsi, du bist grausam :? , aber das weiß ich ja schon seit Jahren ^^

Die Story gefällt mir super gut. Ich könnte heulen :cry:

Axten tu ich dich dann im Februar, wenn ich ne Woche Zeit hab *hrhr*

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Beitragvon Elphaba » 15.10.2007, 00:39:57

ChristineDaae hat geschrieben:Wie gehts denn dann noch weiter?? *neigierig bin* :D


Ich möchte ja hier nix von der Spannung wegnehmen. :wink:

Soll ich`s dir per PN verraten?
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Beitragvon Sisi Silberträne » 15.11.2007, 22:26:32

Ich hab die Geschichte noch einmal neu geschrieben, nachdem ich mittlerweile einiges mehr über Wicked weiß, und ich gestern in der richtigen Stimmung dafür war. Mir gefällt sie jetzt besser, hoffe euch auch :)


Zu spät

(neue Version)


Elphaba wirbelte herum, wandte sich zum Fenster ihres Verstecks, als immer näher kommende wütende Schreie und Parolen an ihre Ohren drangen. Das Volk von Oz forderte den Kopf der bösen Hexe des Westens. Es wollte sie tot sehen. Welch ein Theater! Mit Sicherheit riefen jene am lautesten, deren Worte am wenigsten Gehalt hatten. Das war immer so.

„So endet es also“, murmelte sie. Ihre dunklen Augen, die immer so sanft gewesen waren, suchten jene Stelle, an der zuvor noch Glinda gestanden war. All der Zorn, der bis eben ihr Herz vergiftet hatte, war auf einmal nicht mehr in ihr. Sie war seltsam ruhig. Außer Kontrolle wäre sie, hatte ihre Freundin ihr vorgeworfen. Ja, das mochte schon stimmen. So viel sie ertragen hatte, irgendwann war es genug. Nie hatte sie jemandem etwas Böses gewollt, nicht einmal all denen, die ihr so oft im Leben weh getan hatten, weil sie anders war. Und doch war durch ihre Schuld großer Schaden verursacht worden.

Im Freien schlug ihr kühler Wind entgegen, ein Sturm zog herauf. Das Brausen trug die wütenden Rufe mit sich. Mit erhobenem Kopf schritt sie der tobenden Menge entgegen. Es gab nichts mehr, wofür es sich noch zu kämpfen lohnte. Allen hatte sie nur Unglück gebracht. Nessarose. Fiyero. Glinda sollte nicht auch noch etwas geschehen, deshalb hatte sie ihre einzige Freundin weggeschickt, auch wenn sie sie jetzt mehr denn je an ihrer Seite brauchte. Ihr sollte nicht auch noch etwas Schreckliches widerfahren, das würde sie sich niemals verzeihen können.

„Da ist die Hexe!“ rief eine hohe sich beinahe überschlagende Frauenstimme. Die Meute war wie kochendes Wasser, das in einem Topf brodelte. „Auf sie! Tötet sie! Die Hexe muss sterben!“ gellten die Schreie weithin.
Elphaba erkannte an der Spitze eine Gestalt, die metallisch schimmerte, als trüge sie eine Ritterrüstung. Langsam ging sie auf Boq zu. Ihre beinahe stoische Ruhe ließ die Umstehenden irritiert innehalte in ihren Hassparolen.

„Ich wollte dir nichts Böses…“, sagte sie zu ihm, als sie fast voreinander standen. „Wäre es mir möglich gewesen, den Fluch meiner Schwester aufzuhalten, hätte ich es getan. Deinen Zorn kann ich verstehen.“ Sie wandte sich von ihm ab und der Menge zu. „Aber ihr anderen? Was habt ihr mir vorzuwerfen? Ihr kennt mich doch gar nicht, keiner von euch… Ihr redet nur nach, was euch jemand vorsagt. Wie armselig! Wann lernt ihr endlich euch eine eigene Meinung zu bilden? Lernt mit eur…“
Sie stockte im Wort. Ihre Augen verdrehten sich seltsam, ein ersticktes Keuchen entkam ihr. Erstaunt blickte sie auf das blanke Metall eines Dolches herab, dessen Griff Boq in der Hand hielt. Die Spitze hatte sich tief in ihre Eingeweide gebohrt. Jäh begann sich die Welt um sie herum zu drehen, ihre Beine konnten das Gewicht ihres dünnen Körpers nicht mehr tragen. Warmes hellrotes Blut tränkte die Erde, als sie zusammen sackte.

Die Meute brach in Jubel aus, der entsetzte Schrei einer einzelnen Stimme verlor sich darin. Eine zierliche Gestalt mit blonden Locken bahnte sich mit einer Kraft, die man in ihr nicht vermutet hätte, einen Weg durch die tobende Masse, um kurz darauf neben der verletzten jungen Frau auf die Knie zu sinken.
„Elphie…“ Vorsichtig strich Glinda über die Wange ihrer Freundin. Sie fühlte sich eiskalt an. Das schwarze Kleid verbarg das fließende Blut fast ganz, doch auf Elphabas grüner Hand, die sie auf den rasend schmerzenden Leib gepresst hatte, ließ sich das Ausmaß von Boqs Dolchstich erkennen.
„Glinda… du b-bist hier...“ Mit der anderen Hand berührte sie jene ihrer Freundin, die warm und voller Leben war.
Die jüngere Frau nickte leicht. Die gaffende Ansammlung rund um den Blechmann beachtete sie längst nicht mehr. „Glaubst du, ich würde dich jetzt allein lassen?“
Ein kaum merkliches Lächeln erschien auf Elphabas Lippen. Sie war unendlich dankbar dafür, dass Glindas Gesicht das Letzte sein würde, was sie sah.

Dann fiel ihr Blick auf den Mann, der mit ihrer Freundin gekommen war, ohne dass diese ihn bemerkt hatte. Er war groß, stattlich und strahlte Würde aus. So erinnerte sie sich an ihren Vater. Doch er lebte nicht mehr, wie konnte er hier sein?
Während Glinda sich in Richtung der Menge erhob, ließ er sich auf die Knie sinken, und griff beinahe scheu nach Elphabas Hand. Er sprach kein Wort, aber das war auch nicht nötig. In seinen Augen lag so viel Gefühl, eine Mischung aus Sorge und Reue.

„Seid ihr jetzt zufrieden?“ fragte Glinda laut, an alle gerichtet, während sie Boq vorwurfsvoll ansah. „Sie stirbt… und ihr habt sie umgebracht, jeder von euch. Er mag es getan haben, aber ihr wolltet es. Ihr seid nicht besser. Elphaba ist nie ein böser Mensch gewesen, aber es hat sich kaum einer die Zeit genommen, das zu erkennen. Ich bin froh, dass ich es getan habe… Na los, jubelt weiter, freut euch darüber, dass ihr über sie hergefallen seid, wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe.“
Sie wandte sich ab, beachtete das Raunen nicht, das durch die Menge ging. Ihre Aufmerksamkeit galt bereits wieder dem schmerzverzerrten Gesicht Elphabas. Sanft strich sie über die leichenblasse Wange ihrer Freundin, woraufhin diese ihre bleischweren Lider hob. Frex hielt immer noch ganz vorsichtig ihre grüne Hand. Es hatte ihm stets widerstrebt, diese sonderbare Haut zu berühren. Nie hatte er sein Kind umarmt, oder es geküsst, wie Väter das tun sollten.

Hilfesuchend schloss sich Elphabas Hand fester um die ihres Vaters, die sich warm und lebendig anfühlte. Ihr war eiskalt, sie zitterte heftig. Und sie hatte Angst vor dem, was nun auf sie zukam.
„B-bitte lass… l-las mich nicht… all… allein“, stammelte sie mühsam. Das Sprechen fiel ihr immer schwerer. „Alles w-wi… wird d-dunkel… Vater! Bl…bleib da…“
Auf einmal konnte sie seine sanfte Stimme hören. Doch er gab ihr keine Antwort, sondern begann leise ein Kinderlied zu singen. Als sie noch klein gewesen war, hatte er das oft für Nessarose getan, niemals für sie. Weil sie sich mit ihrer Schwester im selben Raum geschlafen hatte, war es ihr zumindest möglich gewesen, seinen Liedern und Geschichten lauschen. Jetzt aber sang er für sie, nur für sie.

Elphaba wurde ganz ruhig, die Furcht in ihrem Inneren löste sich auf. Ihr Vater würde sie begleiten, wohin auch immer sie jetzt ging. Langsam schlossen sich ihre dunklen Augen. Ihre Züge entspannten sich. Sie fühlte sich leicht und befreit.
Dass ihre Freundin sie haltlos schluchzend in ihre Arme zog, bemerkte sie schon nicht mehr. Flecken zähen Blutes zeigten sich schnell auf dem schönen lichtblau schimmernden Kleid. Glindas heiße Tränen tropften auf Elphabas im Dunkel des heraufziehenden Sturmes smaragdgrün scheinende Haut, vermischten sich mit dem Rot von Blut. Es begann zu regnen.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 06.12.2007, 21:41:51, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitragvon Elphaba » 16.11.2007, 00:16:47

:cry: :cry: :cry:

Ich hab eben wirklich wieder beinahe angefangen zu heulen! Sehr rührend und ergreifend geschrieben!
Auch wenn mir die erste Version schon gut gefallen hat, die Zweite finde ich jetzt noch etwas besser! :)

Ich kann gar nicht genau sagen wieso, aber besonders den allerletzten Satz finde ich als Abschluss unheimlich schön!

Also wirklich ein ganz dickes Lob für die ganze Geschichte! :)
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Beitragvon Kitti » 16.11.2007, 12:59:17

Du machst deinem Titel "Drama-Queen" wieder einmal alle Ehre! Mir hat schon die erste Version unheimlich gut gefallen, aber diese ist dir ebenfalls sehr gut gelungen! Wunderschön, aber auch sehr traurig! :(
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Beitragvon ChristineDaae » 18.11.2007, 16:54:50

Auf einmal konnte sie seine sanfte Stimme hören. Doch er gab ihr keine Antwort, sondern begann leise ein Kinderlied zu singen. Als sie noch klein gewesen war, hatte er das oft für Nessarose getan, niemals für sie. Weil sie sich mit ihrer Schwester im selben Raum geschlafen hatte, war es ihr zumindest möglich gewesen, seinen Liedern und Geschichten lauschen. Jetzt aber sang er für sie, nur für sie.


Ab da hab ich fast angefangen zu weinen :cry: :cry:
Sooo schön geschrieben! Und so traurig... Mir gefällt die zweite Fassung auch noch besser, obwohl schon die erste super war :)
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