So, schon der neue Teil... Viel Spaß
3. Kapitel
Ich lief ihm nach, konnte ihn aber nicht mehr einholen. Was legte dieser Mann nur für ein Tempo vor, als er zu seinem Auto lief? Als würde er vor jemandem davonlaufen.
Als ich keuchend, außer Atem und mit Seitenstechen am Parkplatz ankam, fuhr er gerade an mir vorbei. Ich war nicht sicher, ob er mich bemerkt hatte, setzte mich aber kurzerhand hinters Steuer meines eigenen Wagens und folgte ihm. Er fuhr genauso schnell wie er vorher auch gelaufen war, nämlich in unglaublichem Tempo. Ich war ziemlich sicher, dass er mich nicht einmal bemerkt hatte, und abgesehen davon hätte er ja auch keinen Grund, vor mir wegzulaufen. Nein, er fuhr vor jemand anderem weg. Aber vor wem? Ich hatte Mühe, mit ihm mitzuhalten, und war froh, als direkt vor uns eine Ampel von Grün auf Gelb umsprang. Doch anstatt wie ich zu bremsen, trat er noch einmal aufs Gas und entwischte mir. Ich machte schon Anstalten, über die rote Ampel zu fahren, um ihn nicht zu verlieren, als ich an der Kreuzung ein Polizeiauto sah. Nun, ich sollte nicht riskieren, dass man mir den Führerschein abnahm. Also hielt ich an und stieß einen äußerst unschicklichen Fluch aus.
Als die Ampel endlich auf Grün schaltete, war Joe Gillis natürlich verschwunden. Ich fuhr weiter die Straße entlang, aber spätestens nach der ersten Kreuzung wurde mir klar, dass ich ihn verloren hatte. Enttäuscht wendete ich bei der nächsten Möglichkeit und fuhr zurück in Richtung Paramount Studios, wo ich hergekommen war.
Plötzlich stoppte ich so plötzlich, dass der Fahrer hinter mir eine Vollbremsung machen musste und entrüstet hupte.
Joe Gillis´ Auto stand auf einem Parkplatz vor einem Pub. Ich bog auf den Parkplatz ein und stellte mein Auto ganz frech neben seinem ab. Ohne auf die Beschimpfungen des über meine Fahrweise entrüsteten Fahrers hinter mir zu achten, stieg ich aus und ging in den Pub.
Ich fand Joe Gillis schnell wieder. Er stand an der Theke. Ich ignorierte die anzüglichen Pfiffe zweier Betrunkener und ging direkt auf ihn zu.
Er sah mich überrascht an.
»Wollen Sie Ihr Messer zurückhaben? Es ist immer noch da, genau zwischen meinen Schulterblättern.«
Meine Entschuldigungen schienen nicht viel geholfen zu haben. Ich wollte das aber nicht noch einmal aufgreifen, und so überging ich seine Bemerkung einfach.
»Ich habe eine ihrer Stories gelesen, das war in irgendeiner Zeitschrift... Scribner´s, glaube ich. Der Titel war irgendwas mit Windows...«
»Blind Windows, meinen Sie?«, half er nach.
»Ja, genau. Das hat mir wirklich gefallen.«
»Ich fühle mich ganz warm vor Glück.«
»Warum bin ich nur der Meinung, dass sie mich verarschen?«, gab ich kalt zurück.
Er zuckte die Achseln.
»Sorry. Ich hatte schon immer einen Sinn für Sarkasmus.«
Ich nahm diese Entschuldigung mit einem knappen Nicken an.
»Wie gesagt, Blind Windows... Ich könnte es Sheldrake zuspielen.«
Joe schüttelte den Kopf.
»Vielleicht hat meine neue Story keine Zukunft, aber ich habe immer noch meinen Stolz.«
»Kommen Sie schon!« Ich gab nicht auf. »Steigen Sie endlich von ihrem hohen Ross herunter. Autoren mit Stolz leben nicht lang hier in L.A. Still sein und Verschlagenheit sind hier die einzigen Spielkarten.«
Er zog die Augenbrauen und schien überrascht, dass ich die Spielregeln von Los Angeles schon so genau durchschaut hatte. Trotzdem hielt er noch dagegen.
»Sheldrake nimmt diese Story sicher nicht an. Er will Geschichten mit gutem Wetter und Happy End. Er will, kurz gesagt, Müll in kitschiger Beleuchtung. Und warum tun Sie das? Denken Sie an die Mühe, die sie brauche, um ihn dazu zu bringen, sich die Story überhaupt anzusehen.«
Ich seufzte.
»Das ist bei jedem Film ein Theater. Können wir das nicht wann anders ausdiskutieren? Ich muss zurück zur Arbeit.«
»Wozu? Es würde nichts bringen.«
Oh Gott, dieser Typ war wirklich ein harter Brocken.
»Ich geh jetzt«, sagte er doch glatt.
»Was ist Ihr Problem?«, schimpfte ich.
Ich folgte seinem unauffällig deutenden Finger zur Tür.
»Sehen Sie diese Typen?«
Im Eingang waren mehrere Männer im Anzug aufgetaucht. Sie sahen sehr professionell aus.
»Ja, was ist mit denen?«
»Sie könnten mir eine große Freude machen, wenn Sie die kurz amüsieren, bis ich weg bin.«
Ich witterte meine Chance.
»Nur, wenn Sie am Donnerstag Abend in Schwab´s Drugstore sind.«
Er schien aufzugeben.
»Na gut. Sehen Sie, diese Typen wollen mein Auto. Wenn ich das in dieser Stadt verliere, könnten sie mir genauso gut die Beine abschneiden.«
Ich verstand.
»Nehmen wir den Hinterausgang«, sagte ich leise.
Doch da stand der erste der Männer schon vor uns.
»Kommen Sie schon, Gillis, geben Sie uns die Schlüssel.«
Ich mischte mich ein.
»Entschuldigung... Könnten sie mir sagen, wie spät es ist?«
Der Mann warf einen ungeduldigen Blick auf die Uhr.
»Kurz vor drei«, murmelte er.
»Wie bitte?« Ich hob meine Stimme. »Ich verstehe Sie nicht...«
Joe warf mir einen dankbaren Blick zu und verschwand durch die Hintertür.