@Sisi: Natürlich! Richtig vermutet! (Wer auch sonst...)
@Christine und Milady: Danke, ihr zwei - und schon gehts weiter.
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„Eure Eminenz!“ rief Milady entsetzt aus. „Was sucht Ihr denn jetzt hier?!“
Der Kardinal stürmte in die Gefängniszelle auf Milady zu, packte sie am Arm und zerrte sie auf die Füße.
„Meiner Meinung nach eine wirklich überflüssige Frage… ich war auf der Suche nach Euch!“ erwiderte Richelieu ungehalten. „Ihr habt mir gefehlt. Ihr wart so plötzlich verschwunden und ich habe mir ernste Sorgen gemacht, nachdem Ihr schon einmal fast versucht habt, Euch das Leben zu nehmen“, fuhr er mit ruhigerer Stimme fort, bevor er sie anschrie:
„Milady de Winter, Ihr versteht es immer noch vortrefflich, meine Anweisungen zu ignorieren…und überdies habt Ihr auch noch vorgehabt, diesem Attentäter zu helfen. Wie war das heute nachmittag noch, als Ihr in Tränen aufgelöst wart und behauptet habt, Ihr steht auf meiner Seite?!“
– „Natürlich, Eminenz… ich meine... ach verflucht nochmal..…“
Milady sah verlegen zu Boden. Was bemühte sie sich denn, eine Erklärung zu finden? Ausreden waren vollkommen zwecklos. Er hatte ganz bestimmt alles mitbekommen.
„Kein Grund zu fluchen“, versetzte der Kardinal. „Dazu ist später genug Zeit! Eigentlich sollte ich den Antrag auf den Gnadenbeschluss vernichten, Euch dem König vorführen als das was Ihr seid… und dann wird er unter meinem Einfluss einen Verbannungsbeschluss auf alle Ewigkeit ausstellen… das wäre die gerechte Strafe für Euch, dass Ihr versucht habt, mich in solch einer Weise zu hintergehen…“
Milady wurde blaß. Würde er das wirklich tun? Das durfte nicht wahr sein… So hatte sie sich das mit dem neuen Leben sicherlich nicht vorgestelllt.
„Ich sollte und ich könnte das, aber ich mache es nicht. Es gibt da noch eine Möglichkeit…“
- „Was denn?“
Milady traute sich kaum zu fragen, da ihr der Kardinal auf einmal wieder Angst machte. Irgend etwas war merkwürdig… er war natürlich verärgert… aber da war noch etwas…
„Eine unnötige Frage“, erwiderte Richelieu und sah sie vielsagend an. „Ihr redet mal wieder zuviel…“
„Ihr meint…“
Milady beschlich ein Verdacht. Aber
das wäre doch nicht wirklich eine Bestrafung…
„Ich weiß nicht, was Ihr jetzt vermutet. Aber ich werde es Rochefort überlassen zu entscheiden, welche Strafe angemessen ist...“ erwiderte der Kardinal zu ihrer großen Verwunderung.
Im gleichen Moment trat Rochefort zusammen mit einigen der Wachen auch schon ins Verlies, als hätte er nur darauf gewartet, dass man ihn rief – und unter den Wachen war zu Miladys Entsetzen auch Julien.
Durch die Akten in der Bibliothek wusste sie jetzt auch, wie es ihren ehemaligen Verlobten zu den Leibgardisten Richelieus verschlagen hatte:
Die Frau, die Julien de Chagny nach der Trennung von ihr geheiratet hatte, hatte sich im Nachhinein als Betrügerin herausgestellt, die nur hinter dem Vermögen seiner Familie her war. Er war jedoch blind vor Liebe gewesen und das ganze war erst nach fünf Jahren ans Licht gekommen. Sein Vater hatte ihn sofort enterbt und verstoßen und in seiner Ratlosigkeit hatte Julien keinen anderen Weg gesehen als sich an denjenigen zu wenden, der ihm schon einmal – unbewusst – geholfen hatte… dass er Anne nicht hatte heiraten müssen. Nur aufgrund seines Namens hatte es Julien geschafft, zu Richelieu vorgelassen zu werden – aber es hatte sich ausgezahlt, denn der Kardinal brauchte nicht lange nach einer Lösung seines Problems zu suchen.
„Alles was ich für Euch tun kann“, hatte er Julien mitgeteilt, „ist, Euch in die Truppe meiner Leibgardisten aufzunehmen.“
Und nach kurzem Überlegen hatte er sich damit einverstanden erklärt. Alles war besser, als auf der Straße zu landen…
„Ärger, Eure Eminenz?“ erkundigte sich Rochefort.
„Nein, nicht direkt…“ wehrte Richelieu ab. „Milady de Winter hat nur versucht, Athos zu befreien… Ich bin mir unschlüssig, welche Strafe ich aussprechen soll. Entscheidet Ihr das.“
„Ihr, Euch unschlüssig?“
Rochefort verstand die Welt schon wieder nicht mehr, und in diesem Moment auch alle anderen, die sich im Verlies befanden.
„Ich versteh das alles zwar nicht… aber meinetwegen. Wie Ihr meint, Eure Eminenz.“
Rochefort machte einen Schritt auf Milady zu.
Alles nur das nicht… überlasst mich nicht Rochefort! dachte sie bei sich. Sie hatte noch mehr Angst vor dem Hauptmann als vor dem Kardinal.
Ihr könnt mich bestrafen wie Ihr wollt, … ich werde das Land sogar wieder verlassen und tatsächlich nicht mehr zurückkommen, Ihr könnt den Beschluss vernichten… mich lebenslang einsperren… alles… nur überlasst mich nicht ihm!!
„Aber geht nicht zu schlecht mit ihr um“, fuhr Richelieu fort und wandte sich zum Gehen um.
- „Wartet!“ Milady ging ebenfalls einen Schritt nach vorne. „Ihr könnt mich doch nicht Rochefort überlassen, Eure Eminenz! Ich habe nicht ihn hintergangen, sondern Euch… Ihr müsst über die Strafe entscheiden…“
„Ihr steht auf meiner Robe, Milady de Winter“, bemerkte der Kardinal.
Die Wachen grinsten. Rochefort lachte sogar, hatte sich jedoch schnell wieder gefasst.
„Werdet Ihr wohl vernünftig sein“, bemerkte er, packte ihren Arm und zerrte sie zurück, dass Richelieu weitergehen konnte. Von ihm brauchte sie jetzt keine Hilfe mehr zu erwarten…
„Merkwürdig, dass er Euch nicht bestrafen wollte“, sprach Rochefort weiter, „aber mir soll es Recht sein. Er sah zu den anderen Wachen. „Eigentlich könnten wir das doch vollenden, was wir in jener Nacht kurz nach dem allerersten Auftauchen dieser Person da nicht geschafft haben… dabei war das alles so gut durchdacht… und es wäre mal eine Abwechslung zu diesen ganzen Duellen gewesen…“
„Wir sind selten einer Meinung, aber das ist eine gute Idee, Hauptmann“, bemerkte Julien.
Die anderen sagten gar nichts dazu.
„Was soll das denn heißen?!“ fragte Milady verständnislos. „Wovon redet Ihr?“
Rochefort antwortete nicht, sondern sah sie nur mit seinem hinterhältigen Grinsen an.
Schlagartig glaubte Milady zu wissen was er meinte. Er hätte jeden Versuch, sie anzugreifen, meinen können, aber zu dieser Andeutung „die Nacht kurz nach dem allerersten Auftauchen“ von ihr fiel ihr nur ein ganz bestimmtes Ereignis ein. „Die Entführung?“
„Möglicherweise…“
- „Was habt Ihr denn damit zu tun?! Ihr seid doch mit dem Kardinal hergekommen…“
Milady verstand die Welt nicht mehr.
„Ja leider“, stimmte Rochefort zu. „Der musste ausgerechnet entscheiden mitzufahren. Die Entführer waren eigentlich Mitglieder der Kardinalswachen. Ich hatte ihnen befohlen, Euch zu überfallen und zu entführen… na ja… und noch so einiges. Aber nachdem Seine Eminenz dummerweise auf die Idee gekommen ist die Sachen seiner Nichte abzuholen sind wir gerade im falschen Moment aufgetaucht.“
„Im richtigen Moment“, widersprach Milady entschieden. So war das also gewesen. Die schwarzgekleideten waren Kardinalswachen gewesen, die von Rochefort dazu abkommandiert wurden, sie zu entführen und möglicherweise sogar aus dem Weg zu räumen. Und weshalb sie über ihre Vergangenheit Bescheid gewusst hatten…. diese Frage hatte sich auch beantwortet. Julien hatte Rochefort alles erzählt. Seine Version der Ereignisse natürlich.
„Von Eurer Seite aus natürlich. Und der Kardinal stand unfreiwillig als edler Retter da… aber jetzt wird er Euch sicherlich nicht helfen können.“
Er möglicherweise nicht… aber mein Stern der Hoffnung wird mir helfen… dachte Milady.
Ihr war nämlich aufgefallen, dass trotz dem ganzen Durcheinander immer noch die Zellentür offenstand.
„Athos… hilf mir!“ rief sie. „Du bist meine einzige Hoffnung!“
Sie sah ihn mit einem flehenden Gesichtsausdruck an, aber er blieb regunglos sitzen. Er hatte das ganze mitangesehen und wusste immer noch nicht, was er von dem ganzen halten sollte…
„Ach, den hätten wir doch fast vergessen“, fiel Rochefort aus allen Wolken. „Ergreift ihn!“ befahl er den Wachen. „Und ich und de Chagny kümmern uns inzwischen etwas um Milady de Winter… oder wie war das noch gleich… den Engel aus Kristall…“
Woher weiß er…?!
„Lasst doch Athos in Frieden, er hat doch gar nichts getan“, bat sie. „Oh doch, er hat das Attentat auf Seine Eminenz begangen. Das wird er früher oder später schon noch zugeben… Und jetzt seid endlich still, Milady.“ Rochefort versetzte ihr einen so heftigen Schlag, dass sie zu Boden stürzte.
Die Wachen folgten Rocheforts Befehl und stürmten in die Gefängniszelle, während Julien Milady auf die Füße zerrte und gemeinsam mit Rochefort aus dem Verlies führte.
„Eigentlich dürft Ihr Euch geehrt fühlen“, bemerkte der Hauptmann als nächstes und grinste erneut. „Ihr werdet nämlich heute einen weiteren Bereich des Kardinalspalastes sehen, den nur wenige zu Gesicht bekommen…“