Und noch einmal Milady :)

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ChristineDaae
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Beitragvon ChristineDaae » 02.12.2007, 19:54:10

Kann mich dem nur anschließen :D
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
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Marie Antoinette
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Beitragvon Marie Antoinette » 03.12.2007, 19:19:52

Danke, ihr zwei!

@Sisi: Ja, das ist "Nobodys side". Da gibts eine deutsche Version, die hab ich bei den GMX Musikdownloads gefunden... aber selbst wenn nicht, wär es doch leicht gewesen es zu übersetzen... :wink:

Hab irgendwie gedacht, das passt doch irgendwie - ist nach den ganzen "Wo ist der Sommer" und den anderen Liedern was anderes...

So, und schon der nächste Teil.

Der ist für Christine Daaé, als Geburstagsgeschenk... auch, weil sie so gespannt war auf die Vergangenheit. :wink:

----------------------------------------------------------------------------


Obwohl seit dem Attentat gerade mal etwas mehr als 24 Stunden vergangen waren, war man im Palais de Cardinal wieder zum Normalzustand zurückgekehrt und nicht mehr Wachen eingesetzt als vorher, da der vermeintliche Attentäter ja gefangen genommen war und im Verlies sein Dasein fristete.
Und so kam es auch, dass Milady de Winter am späten Abend des selben Tages eigentlich ziemlich unbemerkt mit einem Kerzenleuchter durch die langen Flure schlich. Sie sah sich immer wieder mal vorsichtig um, ob ihr jemand folgte, aber dies schien nicht der Fall zu sein.
In diesem Moment war sie nicht deswegen unterwegs, weil sie wieder einmal nicht einschlafen konnte, nein, sie verfolgte einen bestimmten Plan.
Am Arbeitszimmer des Kardinals angekommen blieb sie stehen, stellte den Leuchter auf dem Boden ab (warum war der auch so schwer? fragte sie sich) und trat dann ein. Vielleicht würde sie hier finden, was sie suchte.
Nach einer Weile war ihr aber klar, dass sie an der falschen Stelle suchte und ihren Plan ändern musste. Sie verließ das Zimmer wieder und setzte ihren Weg durch die Gänge fort, bis zu einem Gang im Erdgeschoss, der in einen neuerlichen Treppenabgang zum Verlies führte.
Als dieser erneut endete, versperrte ihr ein Wachposten den Weg.
„Halt, wohin?“ rief er und zog seine Waffe, dann ließ er sie verwundert sinken, als er Milady erkannte. „Ihr seid das, Milady de Winter? Was sucht Ihr denn zu dieser späten Stunde hier?“
Milady, die im ersten Moment einen gewaltigen Schrecken bekommen hatte und nach einer passenden Ausrede gesucht hatte, war erleichtert. Das war schon wieder eine rder ihr freundlich gesonnenen Wachposten…
„Ich wollte zu einem der Gefangenen“, erwiderte sie wahrheitsgemäß. „Ist schon seltsam, dass wir uns zwar ständig über den Weg laufen und Ihr im Gegensatz zu Rochefort immer freundlich zu mir seid, aber ich immer noch nicht Euren Namen weiß…“ fiel ihr dann etwas ein
Der Wachposten sah sie lange an.
Eine Frage fiel ihm ein, er traute sich aber nicht, sie zu stellen.
„Ihr habt so Recht, Milady de Winter… es ist Zeit, das zu ändern. Ich bin Sébastien Marineaux. Sehr erfreut.“ Er verbeugte sich vor ihr. „Und ich bin Anne de Rochefort“, erwiderte Milady und grinste.
„Zum Glück seid Ihr das nicht wirklich“, erwiderte Sébastien und lachte. Er wurde aber jedoch gleich wiede ernst. „Mit dem Namen ist man gestraft fürs Leben…“
Ich bin auch ohne den Namen fürs Leben gestraft, dachte Milady bei sich und musste sofort wieder an die Vergangenheit und ihr Brandmal denken… an das was noch geschehen war am Tag der Offenbarung des Verbannungsurteils..



- - 10 Jahre vorher - -



„Wo bin ich?“
Verwundert sah ich mich um und wusste im ersten Moment nicht, was passiert war. Ich war keineswegs mehr zuhause in Lille – sondern fand mich in einer Kutsche wieder, auf dem Weg zu einem unbekannten Ziel. Rechts und links neben mir saßen zwei rotschwarz Uniformierte, gegenüber von mir Madeleine und… der Kardinal.
„Wie bin ich hierhergekommen?“ fragte ich ängstlich.
Was hatten sie nur mit mir vor? Und die allerwichtigste Frage – wo war Athos? Er konnte es doch nicht wirklich zugelassen haben, dass sie mich wegbrachten… bestimmt hatte er sich jetzt wieder beruhigt. Irgendwann musste er seine Wut doch überwunden haben.. das alles was er gesagt hatte, hatte er sicher nicht ernst gemeint…
Madeleine ergriff das Wort. Sie sah mich vernichtend an.
„Du dummes Ding bist angesichts des Verbannungsbeschlusses zusammengebrochen… dieser Zusammenbruch hat aber gut in unsere Pläne gepasst… wir haben dich gleich mitgenommen und dir noch ein Schlafmittel gegeben, dass du nicht so schnell wieder aufwachst…“
Unsere Pläne?!
Ich konnte es nicht fassen. Wie kam sie dazu, so etwas zu sagen… was hatte ich ihr getan… warum hatte sie sich so verändert? Im gleichen Moment traf ihr Blick den des Kardinals und schon war diese Frage beantwortet. Natürlich war es seine Schuld. Wenn in meinem Leben etwas schlecht verlief, war es immer seine Schuld…
Ich kämpfte gegen die Tränen, versuchte sie so gut es ging zurückzuhalten. Sicherlich wollte mich Madeleine jetzt weinen sehen, aber den Triumph wollte ich ihr nicht gönnen.
„Wo sind wir denn jetzt? Wo fahren wir hin?“ erkundigte ich mich.
Dieses Mal war es der Kardinal, der antwortete.
„Wir haben noch einen langen Weg vor uns… Madame de la Fère“, sagte er. Selten hatte ich meinen Namen in einem so verächtlichen Tonfall gehört.„Unser eigentliches Ziel ist Calais, denn dort werdet Ihr auf ein Schiff gebracht, das Euch nach England bringen wird. In Euer neues Leben. Aber erst schauen wir doch mal in Eurer Heimat vorbei… da gibt es jemanden, den Ihr treffen müsst.“
Was sagte er da? Wir würden in meine Heimat fahren? Ich versuchte so gut es ging, an der Kardinalswache die rechts neben mir saß, vorbei und aus dem Fenster zu sehen. Tatsächlich hatte Richelieu die Wahrheit gesagt. Wir waren auf der Verbindungsstraße zwischen Paris nd Saint Germain. Eine altvertraute Umgebung… wie lange war das her, dass ich zuletzt dagewesen bin? Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, obwohl es doch nur ein paar Monate waren. Vor meiner Hochzeit war das gewesen.
Im gleichen Moment wurde mir erst das erste, was der Kardinal gesagt hatte, richtig bewusst. Ich fuhr erschreckt zusammen und vergewisserte mich:
„Ich soll… nach England gebracht werden?“
- „Ja meint Ihr denn, ich bringe Euch nach Hause zurück?“ konterte Richelieu mit gespieltem Entsetzen. „Das kann ja wohl nicht Euer Ernst sein. Ihr seid eine Verbannte und in diesem Land unerwünscht.“
Madeleine lächelte bei diesen Worten schon wieder triumphierend.
„Genau, sagt es ihr ruhig, Eure Eminenz“, bemerkte sie.
Ich schluckte, erwiderte aber nichts. Es wäre ohnehin vollkommen sinnlos gewesen.
Lieber dachte ich weiter über die Geschenisse nach. Warum sollte ich denn dann noch in meinen Heimatort zurückkehren, wenn ich selbst meine Familie nicht mehr sehen sollte … nichteinmal ein allerletztes Mal vor meiner Verbannung? Wen sollte ich denn sonst treffen?
Wovon sprach der Kardinal schon wieder?
Ich dachte weiter nach und sah nach draußen, bis wir an einer Straßenecke anhielten. Verwundert registrierte ich, wo wir uns befanden – nicht vor meinem Elternhaus, sondern… das war das Haus, in dem Nathalie gewohnt hatte.
„Wir sind am Ziel“, bemerkte der Kardinal.
Einer der Wachen stieg als erster aus, gefolgt von dem zweiten, dann folgte der Kardinal und als nächstes Madeleine. Ich war die letzte.
„Also, von hier aus gehe ich das letzte Stück zu Fuß“, bemerkte Madeleine. „Dann haben wir uns jetzt wohl zum letzten Mal gesehen, Anne… zu schade… wir haben uns doch immer so gut verstanden…“
„Ach sei doch still“, erwiderte ich mit einem fassungslosen Kopfschütteln über die Scheinheiligkeit meiner Schwester. Ich stellte mir aber nicht mehr die Frage, warum. Die Antwort war immer die gleiche. „Du weißt doch dass das nicht stimmt. Aber wenigstens kenne ich jetzt den Grund, warum du nicht zu meiner Hochzeit gekommen bist und wo du hinverschwunden bist, als du die Einladung bekommen hast…“
„Nach Paris“, erwiderte Madeleine und sah mich unschuldig an..
„Ja, soweit wusste ich es bereits. Aber ich wusste nicht, dass du zu ihm gegangen bist, um ihm alles zu erzählen…“
„War doch selbstverständlich, dass ich das getan habe“, behauptete Madeleine und sah zum Kardinal. „Stimmt doch, oder, Eure Eminenz?“ – „Natürlich“ stimmte Richelieu ihr zu. „Also, dann trennen sich hier vorläufig unsere Wege… aber sobald ich die Verbannte weggebracht habe, werden wir uns wiedersehen. Passt gut auf Euch auf, Madeleine.“
„Ihr ebenfalls… die Zeiten sind unsicher“, erwiderte Madeleine während einer respektvollen Verbeugung, dann ging sie ihres Weges.
„Und wir“, fuhr der Kardinal jetzt an mich gewandt fort,, „werden der Madame Nathalie jetzt einen Besuch abstatten… ich bin der Sache mit deiner Vergiftung nachgegangen und habe sie festnehmen lassen…“
„Ihr habt…“ Ich konnte es nicht glauben. Hatte er also doch etwas unternommen… ausgerechnet… eigentlich war ich mir inzwischen doch ziemlich sicher gewesen, dass es mit dem Tee zu tun hatte, den ich an jenem Wintertag in der Kathedrale getrunken hatte.„Aber sie hat überlebt, oder?“
- „Ja. Ich dachte, wir lassen sie trotz ihres Vergehens vorläufig am Leben. Ich dachte, wenn Ihr die Wahrheit von mir hört, würdet Ihr mir nicht unbedingt glauben, bedenkt man das was in der Vergangenheit geschehen ist… aber so kann sie es dir selbst sagen, Anne…“
„Für Euch bin ich Madame de la Fère“, erwiderte ich. Jetzt konnte ich meine Wut auf ihn nicht mehr zurückhalten. Das war ein Wort zuviel.
„Die dumme kleine Anne de Breuil die auf Euch und Eure gespaltene Persönlichkeit hereingefallen ist, existiert nicht mehr. Oder wer weiß… vielleicht doch… aber das bin ich nicht, sondern meine Schwester Madeleine… sie hat mich ja ersetzt, Eure Eminenz.“
„Ersetzt?“ wiederholte Richelieu. „Sie kann Euch nicht ersetzen, das kann keine …“
- „Aber ich habe mich auch verändert. Ihr könnt Euch Eure Worte sparen“, erwiderte ich so kalt, wie ich konnte.
Was sollte das denn jetzt schon wieder?
Die beiden Wachen sahen verwundert zwischen dem Kardinal und mir hin und her, dann wechselten sie einen vielsagenden Blick miteinander. Sie dachten wohl, die Situation vollkommen richtig aufgefasst zu haben.
„Wie Ihr meint“, erwiderte der Kardinal. Fast hörte es sich so an, als wäre er beleidigt.
Wir gingen die paar Schritte auf das Haus von Nathalie zu, dann stürmten die beiden Wachen vor. Der eine hämmerte regelrecht an die Tür.
„Madame?!“
Keine Antwort.
„Ich weiß, dass Ihr hier seid…“ rief der erste Wachposten. Es war der, der während der Fahrt links neben mir gesessen war. Und sein Kollege schloss sich an: „Seine Eminenz der Kardinal von Paris würde sich gerne mit Euch unterhalten, macht sofort auf, sonst brechen wir die Tür mit Gewalt auf.“
Als auch nach einer Weile keine Antwort kam, machten die Wachen ihre Ankündigung wahr und stürmten das Haus. Es herrschte eine Totenstille.
„Da stimmt was nicht…“ bemerkte der erste Wachposten.
- „Was soll denn da nicht stimmen?“ rief ich besorgt aus. „Nathalie?! Bist du da?!“
Ich stürmte den Flur entlang ins Wohnzimmer, aber das was ich da sah, ließ mich schnurstracks wieder zurücklaufen.
Wie schrecklich. Nie mehr würde ich dieses Bild vergessen. Nathalie in einem Sessel sitzend, zusammengesunken, mit blutverschmierten Handgelenken und auch sonst … überall war Blut…
Wieder etwas, was sich in meine Alpträume schleichen und mich nie wieder loslassen würde… Im Flurspiegel sah ich, dass ich blaß geworden war.
Der Kardinal sah mich besorgt an
„Alles in Ordnung… Madame de la Fére?“ fragte er.
- „Gar nichts ist in Ordnung… sie hat sich …“ Ich musste würgen. „Entschuldigt, Eure Eminenz, ich muss sofort an die frische Luft“, brachte ich gerade noch hervor, dann blieb mir nichts anderes übrig als den Kardinal und die verduzten Wachen einfach stehenzulassen. Ich rannte an ihnen vorbei nach draußen.
Kaum stand ich an der frischen Luft, ging es mir allerdings wieder besser. Ich blieb nachdenklich auf den Treppenstufen vor der Eingangstür stehen und fing wieder an, nachzudenken. Nach Hause konnte und durfte ich nicht mehr zurückkehren… dabei war meine Familie gar nicht so weit entfernt…
Papa… Maman… meine Brüder… wir waren bei meiner Hochzeit alle so glücklich gewesen…
„Anne?“ bemerkte auf einmal die Stimme des Kardinals.
Ich sah mich nicht zu ihm um, murmelte statt dessen nur vor mich hin…
„Was habe ich eigentlich vorhin gesagt? Anne de Breuil existiert nicht mehr…“
- „Es tut mir wirklich Leid“, sagte Richelieu. „Ich weiß, dass … Ihr sie sehr gerne gehabt habt… Wahrscheinlich hat sie Euch deshalb auch den Brief hier hinterlassen…“
„Was hat sie!?“
Jetzt sah ich mich doch zum Kardinal um,der mir tatsächlich etwas entgegenhielt. Ich nahm den Brief verwundert und begann zu lesen. Natürlich hatte ich mich mit Nathalie gut verstanden – aber was für einen Grund hatte sie, mir zu schreiben?

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Beitragvon Sisi Silberträne » 03.12.2007, 19:28:10

Was steht in dem Brief????
Wieder mal eine sehr fiese Stelle zum Aufhören -.-

Aber toll geschrieben, wie immer! =)
*Madeleine mit dem Holzprügel jag* :evil:

Weiter, ganz schnell!!
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Beitragvon armandine » 03.12.2007, 22:30:17

Der Kardinal ist aber auch ein Fiesling - und ist das wirklich selbstmord und der Brief wirklich von Nathalie?

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Beitragvon ChristineDaae » 04.12.2007, 15:15:33

Ui, ein Teil für mich :D Vielen Dank!! *knuffel* *knuffel*
Aber an so einer fiesen Stelle aufzuhören... *schümpf* :wink:
Bitte schreib ganz schnell weiter! :D
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Beitragvon Marie Antoinette » 04.12.2007, 18:25:03

@Sisi: Madeleine hat ja ihre gerechte Strafe schon bekommen... aber in der Vergangenheit hat sie wirklich den Holzprügel verdient.. :)

Gemeine Stelle zum Aufhören? Ist doch selbstverständlich, oder? :wink: Aber heute gehts schon weiter, zur "Feier" meiner neuesten Seitenzahl... es wird noch viele Teile geben...

@armandine: Beides mal ja, leider. :cry:

@Christine: War doch auch selbstverständlich, dass du auch nen neuen Teil bekommst... *knuffel* :)

Und zu Weihnachten gibts dann auch wieder einen "außerplanmäßigen" Teil für alle... :)

Danke euch allen! Also schnell mit dem Brief weiter....


---------------------------------------------------------------------------------

„„Liebe Anne…

oder besser: Madame de la Fère… nein, das passt irgendwie nicht zu dir…

Verzeih’ mir für meinen Entschluss, diese Welt zu verlassen bevor ich dir erzählen konnte, was damals geschehen ist. Ich hatte allerdings gehört, dass heute die Schwarzroten und der Kardinal mir einen Besuch abstatten wollten und nach allem was ich seit deinem Zusammenbruch erleben musste dachte ich – ein weiteres Mal würde ich das bestimmt nicht durchstehen… sie haben zwar zugelassen, dass ich die Verhöre überstehe und nicht mit der Todesstrafe oder einer anderen schweren Strafe belangt werde, aber in Ruhe gelassen haben sie mich auch danach nicht…

Aber ich habe mir dies ja auch selbst alles zuzuschreiben, was mir angetan wurde. Ich hoffe, es trifft dich nicht so schwer, wenn du das hier liest, aber … ich bin tatsächlich schuldig daran, dass du das Kind verloren hast. Und ich habe das absichtlich getan.

Du hast mir immer so leid getan, von unserer ersten Begegnung an, ich hatte dich nicht verurteilt und du hast mir immer alles erzählen können, auch, was dir Seine Eminenz angetan hat, das was dir widerfahren ist und von der ungerechtfertigten Brandmarkung… aber als du mir an jenem Tag erzählt hast, dass du befürchtest hast, zu allem Überfluss auch noch ein Kind des Teufels in Menschengestalt zu erwarten, habe ich rot gesehen…
rot wie die Robe des Kardinals… rot wie Blut…

Ich habe auch eine Vergangenheit. Ich weiß sehr gut, dass man bestimmten Männern nicht über den Weg trauen soll. Und der Kardinal ist auch so einer. Deshalb habe ich vermutet, dass er dir bestimmt irgend etwas erzählen würde dass er dir hilft und auf deiner Seite ist… aber letztendlich hätte er nie Wort gehalten. Er hätte dir nur leere Versprechungen gemacht.

Und in dieser Annahme sah ich mich bestätigt, als du an dem Tag des Schneesturms an seiner Seite wieder aus der Kathedrale herausgekommen bist und so ein glückliches Gesicht gemacht hast.

Ich wollte dir eine weitere Enttäuschung ersparen… deshalb habe ich dir das vergiftete Wasser zu trinken gegeben… niemals hätte der Kardinal sein Wort gehalten… niemals… auch nicht, wenn es ein neues Mitglied der Familie Richelieu gegeben hätte….

Anne, ich wollte dir eigentlich nur ein noch schlimmeres Schicksal ersparen…“


Sie war es doch?! Sie hat mein Kind auf dem Gewissen?!
Das war der erste Gedanke, den ich hatte, als ich an dieser Stelle angekommen war. Der Brief war noch deutlich länger, aber ich wollte gar nicht mehr weiterlesen. Das war doch sicherlich nur ein Versuch, ihre schreckliche Tat weiter zu rechtfertigen. Erst war ich wütend, dann kehrte meine Verzweiflung zurück… Vielleicht wäre alles doch gut geworden, hätte ich das Kind nicht verloren… der Kardinal hatte mir wirklich helfen wollen…
Für einen Augemblick dachte ich noch, dass der Brief vielleicht unter Druck der Leibgarde des Kardinals entstanden war, verwarf diesen Gedanken aber schnell wieder. Ich war mir sicher, dass Nathalie es getan hatte – denn sie hatte sich selbst umgebracht und war ganz eindeutig nicht durch die Schwarzroten gestorben…
Ich weinte und weinte, mir war es vollkommen gleich, was der Kardinal und die Uniformierten denken mochten. Schließlich sah ich wie durch einen Tränenschleier zu Richelieu auf.
„Ich habe Euch Unrecht getan“, bemerkte ich. „Damals an dem Wintertag habt Ihr alles ernst gemeint und der Tee ist nicht vergiftet gewesen… aber nach allem was in der Vergangenheit passiert ist… war ich mir einfach unsicher, es hätte Nathalie sein können aber auch Ihr… Jetzt habe ich aber wenigstens Gewissheit, Eure Eminenz.…“
„Schrecklich, das herauszufinden… weint Euch nur aus, … Madame de la Fère…“
Es hörte sich auch dieses Mal so an, als würde es dem Kardinal schwer fallen, mich mit diesem Namen anzusprechen.
„Ist schon gut“, bemühte ich mich zu sagen und zerriß den Brief. Vielleicht würde ich dann schneller vergessen was darinstand… nein, das würde ich nicht. Wenigstens musste ich es aber nicht mehr schwarz auf weiß sehen…
„Wirklich? Dann können wir ja unserer Reise fortsetzen.“ Richelieu hatte sich ebenfalls wieder gefasst. Auf ein Zeichen von ihm traten die Wachen auf mich zu und zwangen mich dazu, wieder aufzustehen. „Werft einen letzten Blick auf Euren Heimatort, denn so schnell werdet Ihr nicht mehr dorthin zurückkehren…“

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Beitragvon Sisi Silberträne » 04.12.2007, 18:55:52

Ich kann Nathalie verstehen... und so hinterhältig wie der Kardinal ist, war es so wohl wirklich am besten. Hoffentlich kann Anne ihr irgendwann vergeben.

Schnell weiter!!
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Beitragvon armandine » 04.12.2007, 22:43:23

Na, ich weiß nicht - uneheliche Kinder waren ja zu der Zeit im Adel an der Tagesordnung, und Anne hätte das Kind sicher lieber behalten. So etwas ist einfach unmöglich, ohne der Mutter etwas zu sagen.
Aber es erklärt auch etwas, warum Anne immer wieder ganz nett ist zum Kardinal, denn er war es ja wirklich nicht, der ihr Kind getötet hat.
Zuletzt geändert von armandine am 08.12.2007, 16:39:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitragvon Marie Antoinette » 08.12.2007, 15:42:40

Und weiter gehts... :D

------------------------------------------------------------------


- - Gegenwart- -




Die Erinnerung verblasste.
„Ist alles in Ordnung, Milady?“ wollte Sébastien besorgt von ihr wissen. „Ja… ich hab gerade darüber nachgedacht, dass ich auch ohne den Namen Rochefort fürs Leben gestraft bin… aber das ist eine lange Geschichte, die ich noch jemand anderem erzählen muss. Würdet Ihr mir einen Gefallen tun?“
„Das kommt ganz darauf an“, bemerkte die junge Kardinalswache verwundert.
- „Würdet Ihr mich zu dem gefangenen Musketier führen?“ fragte Milady. „Ich möchte mich einmal mit ihm unterhalten… irgendwie glaube ich nicht, dass er das Attentat begangen hat.“
„Das könnte Schwierigkeiten geben, wenn Seine Eminenz davon erfährt…“
wandte Sébastien ein.
„Er wird’s nicht erfahren“, erwiderte Milady selbstsicher, „und selbst wenn, ich weiß schon, was ich tun muss, damit er mir das verzeiht… Also? Ich dachte, Ihr seid auf meiner Seite…“
Sébastien überlegte eine Weile. Dann nickte er. Er bedeutete Milady ihm zu folgen und die beiden gingen die Treppe zum Verlies hinunter.
„Er ist der einzige Gefangene“, erklärte er dann und händigte ihr einen Schlüssel aus. „Die Zelle ganz am Ende.“
- „Danke“, sagte Milady zufrieden. „Ich wusste, dass ich mich auf Euch verlassen kann…“
Ihr Herz schlug wieder etwas schneller. Sie würde gleich Athos befreien – und ihm dadurch beweisen können, dass sie keineswegs auf der Seite Richelieus stand. Das musste ihn einfach überzeugen.
Während Sébastien wieder die Treppe hinaufging, lief Milady durch den Gang bis zu Athos’ Zelle, dann steckte sie den Schlüssel ins Schloss der Zellentür.
„Ich sag es zum wiederholten Mal, ihr könnt mit mir machen was ihr wollt, ich werde nicht gestehen!“ hörte sie Athos sagen. Offensichtlich dachte er, sie wäre eine der Kardinalswachen, die ihn aus der Zelle holten um ihn zu foltern oder etwas ähnliches Schreckliches…
Milady schloss die Zellentür ganz auf und öffnete diese.
Beim Anblick ihres Sterns der Hoffnung, ihres Ein und Alles, bekam sie einen gewaltigen Schreck. Was war ihm wohl alles schon angetan worden, seit er in den Palais de Cardinal gebracht worden war?
„Aber… beruhige dich… ich bin es … was ist mit dir geschehen?! Du bist überall verletzt!“
- „Anne!?“
Athos glaubte seinen Augen nicht zu trauen.
„Keine Sorge, sie können dir nichts mehr tun. Und ich weiß, dass du das Attentat nicht begangen hast… das hat sich der Kardinal nur ausgedacht… aber jetzt kannst du fliehen.“ Milady trat einen Schritt zur Seite, dass das Licht der Fackeln vom Gang in die dunkle Zelle fiel. „Heute nacht will ich mal dein Stern der Hoffnung sein, das was du früher für mich gewesen bist… mein Ein und Alles…“
„Warum tust du das?“ fragte Athos.
Er blieb ganz ruhig sitzen, als ob er nicht im Traum daran dachte, zu fliehen. Milady dachte erst, dass man ihn vielleicht angekettet hatte, aber das war nicht der Fall. Man hatte es wohl nach den Quälereien für ausreichend befunden ihn nur einzusperren.
„Um dir ein für alle Mal zu beweisen, dass du dich geirrt hast.“ erklärte Milady. „Ich stehe wirklich nicht auf Richelieus Seite. Ich verstelle mich nur… damit er endlich den Gnadenbeschluss wegen der Verurteilung vor zehn Jahren genehmigen lässt… die ist nämlich zu Unrecht erfolgt, und das weiß er genau.“
„Aber er denkt, du bist auf seiner Seite? Und du hilfst ihm mit seinen Plänen?“
Athos’ Stimme klang immer noch gleich mißtrauisch wie am Nachmittag.
„Was kann ich schon ausrichten“, seufzte Milady, betrat die Zelle und setzte sich neben ihn auf die ungemütliche Holzbank auf der er saß, „ich bin doch offiziell immer noch verbannt… außerdem…“
„Bist du eine Frau“, fiel ihr Athos ins Wort. Er sah sie mißtrauisch an – wie sie hier vor ihm stand, lediglich in einem Nachthemd und Morgenmantel gekleidet und mit offenen Haaren, ließ ihn wieder annehmen, dass er richtig vermutete. „Und wenn du ihm schon sonst nicht weiterhelfen kannst, dann gibt es doch wenigstens etwas…“
„Denk doch nicht immer daran“, unterbrach Milady und lehnte sich an seine Schulter. Eigentlich hatte er ja Recht, aber sie musste versuchen, seine Gedanken zu zerstreuen. Dass er Recht hatte, war ja erst einen Tag her… und nicht, wie er bestimmt vermutete, schon eine ganze Weile…
Sie fing an, das zweite Lied zu singen, das sie an ihre glücklichen Zeiten erinnerte, eine weitere Strophe von Hilf mir durch die Nacht.

Jenseits der Nacht, jenseits der Angst, holt kein Schatten uns mehr ein, jetzt sind wir bereit für ein ganz neues Leben…

Athos sah sie nachdenklich an, dann legte er einen Arm um sie und sang mit ihr gemeinsam:

Wir sehn’ nach vorne und fangen noch einmal an… ich weiß, was Liebe kann…“

„Ein neues Leben…“ überlegte Milady. Ihr fiel auf einmal etwas ein. „Weißt du was, Athos? Wir könnten gemeinsam hier weggehen und irgendwo hin, wo uns niemand findet… Und nach zehn Jahren kehren wir zurück… wer weiß was bis dahin ist… vielleicht brauchen wir gar nicht so lange zu warten, vielleicht wird inzwischen irgend ein allgemeines Gesetz erlassen das Verbannte betrifft… oder Richelieu wird endlich vernünftig und genehmigt den Beschluss trotzdem… hier in Frankreich können wir jedenfalls nicht bleiben… wir müssen weg… aber zusammen schaffen wir das…mein Ein und Alles, mein Stern der Hoffnung…“
Sie befreite sich etwas aus der Umarmung und sah Athos abwartend an.
„Du willst doch nicht etwa hier eingesperrt bleiben? Dann bist du verloren… Die Wachen würden dich so lange foltern bis du gestehst… Nun komm schon mit. Wir verschwinden von hier. Die Verlieswache ist auf meiner Seite, der hält uns nicht auf und…“
Sie hielt erschreckt inne.
Ohne dass sie es zuvor bemerkt hatten, war jemand nähergekommen und stand jetzt in der offenen Zellentür.

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Beitragvon ChristineDaae » 08.12.2007, 16:05:37

Ich kannte diesen Teil zwar schon, finde ihn aber immer noch toll!! Bitte schreib bald weiter :D
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Beitragvon Sisi Silberträne » 08.12.2007, 16:28:12

Wer ist da gekommen?? Doch nicht etwa der Kardinal -.-

Schreib schnell weiter, das war mal wieder ein schöner Teil! Passend, das Lied :D
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Beitragvon MiladydeWinter » 08.12.2007, 17:16:02

So jetzt bin ich auch endlich mal wieder dazu gekommen weiter zu lesen.

Find alle Teile sind wieder ganz toll geschrieben.
Bitte schnell weiter will auch wissen wer da gekommen ist.

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Beitragvon Marie Antoinette » 11.12.2007, 18:25:51

@Sisi: Natürlich! Richtig vermutet! (Wer auch sonst...) :wink:

@Christine und Milady: Danke, ihr zwei - und schon gehts weiter.


-----------------------------------------------------------------------------

„Eure Eminenz!“ rief Milady entsetzt aus. „Was sucht Ihr denn jetzt hier?!“
Der Kardinal stürmte in die Gefängniszelle auf Milady zu, packte sie am Arm und zerrte sie auf die Füße.
„Meiner Meinung nach eine wirklich überflüssige Frage… ich war auf der Suche nach Euch!“ erwiderte Richelieu ungehalten. „Ihr habt mir gefehlt. Ihr wart so plötzlich verschwunden und ich habe mir ernste Sorgen gemacht, nachdem Ihr schon einmal fast versucht habt, Euch das Leben zu nehmen“, fuhr er mit ruhigerer Stimme fort, bevor er sie anschrie:
„Milady de Winter, Ihr versteht es immer noch vortrefflich, meine Anweisungen zu ignorieren…und überdies habt Ihr auch noch vorgehabt, diesem Attentäter zu helfen. Wie war das heute nachmittag noch, als Ihr in Tränen aufgelöst wart und behauptet habt, Ihr steht auf meiner Seite?!“
– „Natürlich, Eminenz… ich meine... ach verflucht nochmal..…“
Milady sah verlegen zu Boden. Was bemühte sie sich denn, eine Erklärung zu finden? Ausreden waren vollkommen zwecklos. Er hatte ganz bestimmt alles mitbekommen.
„Kein Grund zu fluchen“, versetzte der Kardinal. „Dazu ist später genug Zeit! Eigentlich sollte ich den Antrag auf den Gnadenbeschluss vernichten, Euch dem König vorführen als das was Ihr seid… und dann wird er unter meinem Einfluss einen Verbannungsbeschluss auf alle Ewigkeit ausstellen… das wäre die gerechte Strafe für Euch, dass Ihr versucht habt, mich in solch einer Weise zu hintergehen…“
Milady wurde blaß. Würde er das wirklich tun? Das durfte nicht wahr sein… So hatte sie sich das mit dem neuen Leben sicherlich nicht vorgestelllt.
„Ich sollte und ich könnte das, aber ich mache es nicht. Es gibt da noch eine Möglichkeit…“
- „Was denn?“
Milady traute sich kaum zu fragen, da ihr der Kardinal auf einmal wieder Angst machte. Irgend etwas war merkwürdig… er war natürlich verärgert… aber da war noch etwas…
„Eine unnötige Frage“, erwiderte Richelieu und sah sie vielsagend an. „Ihr redet mal wieder zuviel…“
„Ihr meint…“
Milady beschlich ein Verdacht. Aber das wäre doch nicht wirklich eine Bestrafung…
„Ich weiß nicht, was Ihr jetzt vermutet. Aber ich werde es Rochefort überlassen zu entscheiden, welche Strafe angemessen ist...“ erwiderte der Kardinal zu ihrer großen Verwunderung.
Im gleichen Moment trat Rochefort zusammen mit einigen der Wachen auch schon ins Verlies, als hätte er nur darauf gewartet, dass man ihn rief – und unter den Wachen war zu Miladys Entsetzen auch Julien.
Durch die Akten in der Bibliothek wusste sie jetzt auch, wie es ihren ehemaligen Verlobten zu den Leibgardisten Richelieus verschlagen hatte:
Die Frau, die Julien de Chagny nach der Trennung von ihr geheiratet hatte, hatte sich im Nachhinein als Betrügerin herausgestellt, die nur hinter dem Vermögen seiner Familie her war. Er war jedoch blind vor Liebe gewesen und das ganze war erst nach fünf Jahren ans Licht gekommen. Sein Vater hatte ihn sofort enterbt und verstoßen und in seiner Ratlosigkeit hatte Julien keinen anderen Weg gesehen als sich an denjenigen zu wenden, der ihm schon einmal – unbewusst – geholfen hatte… dass er Anne nicht hatte heiraten müssen. Nur aufgrund seines Namens hatte es Julien geschafft, zu Richelieu vorgelassen zu werden – aber es hatte sich ausgezahlt, denn der Kardinal brauchte nicht lange nach einer Lösung seines Problems zu suchen.
„Alles was ich für Euch tun kann“, hatte er Julien mitgeteilt, „ist, Euch in die Truppe meiner Leibgardisten aufzunehmen.“
Und nach kurzem Überlegen hatte er sich damit einverstanden erklärt. Alles war besser, als auf der Straße zu landen…
„Ärger, Eure Eminenz?“ erkundigte sich Rochefort.
„Nein, nicht direkt…“ wehrte Richelieu ab. „Milady de Winter hat nur versucht, Athos zu befreien… Ich bin mir unschlüssig, welche Strafe ich aussprechen soll. Entscheidet Ihr das.“
„Ihr, Euch unschlüssig?“
Rochefort verstand die Welt schon wieder nicht mehr, und in diesem Moment auch alle anderen, die sich im Verlies befanden.
„Ich versteh das alles zwar nicht… aber meinetwegen. Wie Ihr meint, Eure Eminenz.“
Rochefort machte einen Schritt auf Milady zu.
Alles nur das nicht… überlasst mich nicht Rochefort! dachte sie bei sich. Sie hatte noch mehr Angst vor dem Hauptmann als vor dem Kardinal. Ihr könnt mich bestrafen wie Ihr wollt, … ich werde das Land sogar wieder verlassen und tatsächlich nicht mehr zurückkommen, Ihr könnt den Beschluss vernichten… mich lebenslang einsperren… alles… nur überlasst mich nicht ihm!!
„Aber geht nicht zu schlecht mit ihr um“, fuhr Richelieu fort und wandte sich zum Gehen um.
- „Wartet!“ Milady ging ebenfalls einen Schritt nach vorne. „Ihr könnt mich doch nicht Rochefort überlassen, Eure Eminenz! Ich habe nicht ihn hintergangen, sondern Euch… Ihr müsst über die Strafe entscheiden…“
„Ihr steht auf meiner Robe, Milady de Winter“, bemerkte der Kardinal.
Die Wachen grinsten. Rochefort lachte sogar, hatte sich jedoch schnell wieder gefasst.
„Werdet Ihr wohl vernünftig sein“, bemerkte er, packte ihren Arm und zerrte sie zurück, dass Richelieu weitergehen konnte. Von ihm brauchte sie jetzt keine Hilfe mehr zu erwarten…
„Merkwürdig, dass er Euch nicht bestrafen wollte“, sprach Rochefort weiter, „aber mir soll es Recht sein. Er sah zu den anderen Wachen. „Eigentlich könnten wir das doch vollenden, was wir in jener Nacht kurz nach dem allerersten Auftauchen dieser Person da nicht geschafft haben… dabei war das alles so gut durchdacht… und es wäre mal eine Abwechslung zu diesen ganzen Duellen gewesen…“
„Wir sind selten einer Meinung, aber das ist eine gute Idee, Hauptmann“, bemerkte Julien.
Die anderen sagten gar nichts dazu.
„Was soll das denn heißen?!“ fragte Milady verständnislos. „Wovon redet Ihr?“
Rochefort antwortete nicht, sondern sah sie nur mit seinem hinterhältigen Grinsen an.
Schlagartig glaubte Milady zu wissen was er meinte. Er hätte jeden Versuch, sie anzugreifen, meinen können, aber zu dieser Andeutung „die Nacht kurz nach dem allerersten Auftauchen“ von ihr fiel ihr nur ein ganz bestimmtes Ereignis ein. „Die Entführung?“
„Möglicherweise…“
- „Was habt Ihr denn damit zu tun?! Ihr seid doch mit dem Kardinal hergekommen…“
Milady verstand die Welt nicht mehr.
„Ja leider“, stimmte Rochefort zu. „Der musste ausgerechnet entscheiden mitzufahren. Die Entführer waren eigentlich Mitglieder der Kardinalswachen. Ich hatte ihnen befohlen, Euch zu überfallen und zu entführen… na ja… und noch so einiges. Aber nachdem Seine Eminenz dummerweise auf die Idee gekommen ist die Sachen seiner Nichte abzuholen sind wir gerade im falschen Moment aufgetaucht.“
„Im richtigen Moment“, widersprach Milady entschieden. So war das also gewesen. Die schwarzgekleideten waren Kardinalswachen gewesen, die von Rochefort dazu abkommandiert wurden, sie zu entführen und möglicherweise sogar aus dem Weg zu räumen. Und weshalb sie über ihre Vergangenheit Bescheid gewusst hatten…. diese Frage hatte sich auch beantwortet. Julien hatte Rochefort alles erzählt. Seine Version der Ereignisse natürlich.
„Von Eurer Seite aus natürlich. Und der Kardinal stand unfreiwillig als edler Retter da… aber jetzt wird er Euch sicherlich nicht helfen können.“
Er möglicherweise nicht… aber mein Stern der Hoffnung wird mir helfen… dachte Milady.
Ihr war nämlich aufgefallen, dass trotz dem ganzen Durcheinander immer noch die Zellentür offenstand.
„Athos… hilf mir!“ rief sie. „Du bist meine einzige Hoffnung!“
Sie sah ihn mit einem flehenden Gesichtsausdruck an, aber er blieb regunglos sitzen. Er hatte das ganze mitangesehen und wusste immer noch nicht, was er von dem ganzen halten sollte…
„Ach, den hätten wir doch fast vergessen“, fiel Rochefort aus allen Wolken. „Ergreift ihn!“ befahl er den Wachen. „Und ich und de Chagny kümmern uns inzwischen etwas um Milady de Winter… oder wie war das noch gleich… den Engel aus Kristall…“
Woher weiß er…?!
„Lasst doch Athos in Frieden, er hat doch gar nichts getan“, bat sie. „Oh doch, er hat das Attentat auf Seine Eminenz begangen. Das wird er früher oder später schon noch zugeben… Und jetzt seid endlich still, Milady.“ Rochefort versetzte ihr einen so heftigen Schlag, dass sie zu Boden stürzte.
Die Wachen folgten Rocheforts Befehl und stürmten in die Gefängniszelle, während Julien Milady auf die Füße zerrte und gemeinsam mit Rochefort aus dem Verlies führte.
„Eigentlich dürft Ihr Euch geehrt fühlen“, bemerkte der Hauptmann als nächstes und grinste erneut. „Ihr werdet nämlich heute einen weiteren Bereich des Kardinalspalastes sehen, den nur wenige zu Gesicht bekommen…“

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Beitragvon ChristineDaae » 11.12.2007, 18:29:24

Die arme Milady... :cry:
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
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Beitragvon MiladydeWinter » 11.12.2007, 19:15:50

Oh nein dir arme Milady.
Der Kardinal und Rochefort werden immer fießer. hoffentlich wird Athos ihr helfen..
Bitte bald weiter.

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Beitragvon Sisi Silberträne » 11.12.2007, 19:44:07

*Zyankali in Rocheforts morgentlichen Kaffee streu* :twisted:

Schreib bloß schnell weiter!!!!

Würde mich btw. über ein Review zu meiner neuen Wicked FF freuen Bild
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Beitragvon Marie Antoinette » 14.12.2007, 21:56:03

Danke, ihr drei! :)

@Milady: Fies? Ist doch in dem Fall irgendwie verständlich... so ganz ohne Bestrafung hat er sie doch nicht davonkommen lassen können... :wink:

Und Athos hat leider auch gerade Schwierigkeiten...

@Sisi: Bei so einem überzeugenden Smiley hab ich das doch sofort gemacht...

@Christine: Vielleicht wird ja alles wieder gut... im Moment hast du Recht... die Arme... :cry:

(nur mal so nebenbei -ist die letzte Nachricht eigentlich angekommen? Und danke nochmal...)

So, Fortsetzung, aber ich denke das werden dieses Wochenende schon wieder zwei neue Teile. Weil in dem hier jetzt eigentlich nichts besonderes passiert... Mal sehen.


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16: Der 09. September



Langsam öffnete Milady die Augen und erkannte verwundert, dass sie sich in ihrem Zimmer befand. Wie war sie denn dorthin gekommen? Sie erinnerte sich im ersten Moment gar nicht mehr an das was geschehen war.
Als sie zur Seite blickte, traute sie ihren Augen nicht. Neben ihrem Bett stand der Kardinal und hielt ihre Hand.
„„Ihr seid endlich wieder aufgewacht, Milady!“, stellte er erleichtert fest. „Ich hatte mir Sorgen gemacht… eine Weile habe ich sogar befürchtet, Euch zu verlieren…“
„Warum denn? Was ist denn nur passiert?“ wollte Milady wissen.
Sie versuchte sich wieder daran zu erinnern, aber es gelang ihr nicht. Das einzige das ihr einfiel war, dass sie in der Nacht nach dem Attentat ins Verlies gegangen war, um Athos zu befreien. Der Versuch war jedoch gescheitert… erst war der Kardinal dagestanden, dann Rochefort und die Wachen… Rochefort…!? Irgend etwas war da geschehen…
„Ihr erinnert Euch nicht?“, fragte Richelieu verwundert.
Milady schüttelte nur den Kopf. Nein, ihr fiel nichts mehr ein.
Sie versuchte, sich aufzusetzen, aber es wurde ihr schwindelig und sie ließ sich wieder in die Kissen zurücksinken. Warum nur wusste sie nicht mehr, was passiert war? Das war alles sehr seltsam… wirklich sehr, sehr merkwürdig…
„Ihr seid schwer krank gewesen.. habt ein paar Tage zwischen Leben und Tod geschwebt.... Um es kurz zu machen – Rochefort und die anderen Wachen haben Euch in jener Nacht nach draußen geschleppt und wollten Euch in der Seine ertränken, die ja auch hinter dem Kardinalspalast verläuft…“
„WAS?!“
Milady erschrak.
„Ja. Rochefort ist zu weit gegangen und ich habe ihn und Julien de Chagny dafür einsperren lassen. Fragt mich nicht, was Ihr ihm getan habt… aber er hatte tatsächlich vor, Euch umzubringen. Wenn ich das gewusst hätte… dann hätte ich ihm sicher nicht die Bestrafung für Euren Verrat überlassen…“
„Das habe ich sowieso nicht verstanden, was das sollte“, erwiderte Milady schnippisch.
- „Jedenfalls“, fuhr Richelieu unbeirrt fort, „bin ich noch rechtzeitig zur Stelle gewesen. Sie hatten Euch schon ein paar Mal untergetaucht, aber diesen Plan wohl aufgegeben, als ich dazu gekommen bin. Sie hatten Euch dann einfach in den Fluss geworfen, das konnte ich zwar nicht verhindern, da war Rochefort schneller… aber ich habe Euch herausgezogen.“
Ihr?!“
Milady konnte es nicht fassen. Er hatte ihr schon wieder das Leben gerettet… dieses Mal fragte sie sich allerdings nicht, warum. Sie kannte die Antwort, die zwar immer noch unglaublich schien, aber doch der Wahrheit entsprach.
„Allerdings ist da noch etwas passiert.“ fuhr der Kardinal weiter fort, „Ihr seid krank geworden… Eine Lungenentzündung… Es sah nicht gut für Euch aus…“
„Wann war das denn?“ unterbrach Milady.
Ihr fiel plötzlich etwas ein. Da war tatsächlich etwas gewesen in dieser Nacht… erst war sie noch im Kardinalspalast gewesen… der „Bereich den sonst nur wenige zu Gesicht bekommen“ war Rocheforts Zimmer gewesen… aber auf einmal waren sie draußen … der Wind… der Fluss…Nein, daran wollte sie sich doch gar nicht erinnern. Das musste sie schnell wieder vergessen… Sie fühlte sich wieder gut und es war nichts passiert… Gar nichts.
„Vor einer Woche“, antwortete Richelieu. „Um so erleichterter bin ich, dass Ihr überlebt habt.“
„Eine ganze Woche… und wer hat die ganze Zeit nach mir geschaut?“ fiel Milady eine weitere Frage ein. Sie erinnerte sich nämlich gerade, dass sie seit ihrem Einzug in den Palais de Cardinal nie irgendwelche Dienstboten oder Zofen gesehen hatte… immer nur die Kardinalswachen, und außer ihr war Nadine die einzige Frau gewesen, der sie begegnet war.
„Ich war das“, antwortete der Kardinal. „So hätte ich schon niemanden die Schuld geben müssen, wenn Ihr nicht überlebt hättet… Denn in drei Tagen ist der neunte September, und das wäre für mich ein ziemlich trauriger Geburtstag geworden… Lilie meines Herzens.“
Schon wieder diese Anrede…
Sie musste schnell irgend ein Gesprächsthema finden, um abzulenken.
„Ich denke doch, das war nicht der einzige Grund, dass Ihr selbst nach mir sehen musstet, ... Eure Eminenz.“ erwiderte sie dann förmlich. Auf Dank verzichtete sie. „Es ging doch nicht nur darum, ob ich überlebe und wer die Schuld hat wenn nicht… Immerhin seid Ihr der erste Minister des Landes, Ihr habt doch eigentlich wichtigeres zu tun… liegt das vielleicht auch daran, dass es sonst gar niemanden anderen gibt, der sich um mich kümmern konnte?“
„Vielleicht. Es ist nicht leicht, jemanden zu finden.“
Milady musste nicht lange überlegen.
„Nicht unbedingt. Ich wüsste da vielleicht jemanden…“

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Beitragvon Sisi Silberträne » 14.12.2007, 22:45:22

*Rochefort mit dem Holzprügel verfolg* Ich bin grad nicht sicher, ob ich wissen will, was in seinem Zimmer passiert ist...

Und aus dem Kardinal werd ich auch nicht schlau... irgendwas plant der doch.

Schnell weiter!!!
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Beitragvon Marie Antoinette » 16.12.2007, 19:54:50

Danke, Sisi! :)

Und doch noch ein Teil...

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Am darauffolgenden Tag , den 7. September, ging Milady wieder mit in den Louvre, obwohl das Richelieu eigentlich gar nicht Recht war.
„Ihr solltet Euch wirklich noch ausruhen“, bemerkte er, aber sie winkte entschieden ab. „Ich war Euch doch eine Woche eine Last, da muss ich schnell wieder etwas tun, das Euch weiterhilft, … Eminenz. Und vielleicht finde ich ja im Palast etwas heraus.“
Sie vermutete nämlich, dass der Hof in etwas ausgelassener Stimmung war und manche Personen vielleicht etwas gesprächiger. Immerhin stand ein großes Fest bevor – der 40. Geburstag des Kardinals. Und dieser Tag sollte gebührend gefeiert werden, das hatte sie inzwischen erfahren. Sie selbst würde nämlich auch an den Feierlichkeiten teilnehmen… da würde sie zwar jeder als „Madame Rochefort“ anreden, aber da Richelieu den Hauptmann der Wachen für den Anschlag auf ihr Leben wieder ins Verlies gesperrt hatte, war das gar nicht so schlimm. Da konnte er sich schon nicht über sie lustig machen.
„Was ist eigentlich aus Sebastién Marinaux geworden, Eure Eminenz?“ fragte Milady, als sie nach einem Streifzug durch den Palast ins Arbeitszimmer des Kardinals zurückkehrte. Sie hatte tatsächlich ein paar interessante Andeutungen mitbekommen und musste auch noch über eine andere Sache mit ihm reden.
„Wieso fällt Euch das gerade jetzt ein, Milady?“ stellte Richelieu eine mißtrauische Gegenfrage.
„Nur so…“ winkte Milady ab, „er ist doch immer unter den Wachen gewesen, die mit hierher gefahren sind… Ich hoffe doch, Ihr habt ihn nicht bestraft dafür dass er mich zu Athos hat gehen lassen. Ich hab ihn ja dazu gebracht. Er hätte mich wegschicken können…“
„Ich habe ihn auch nicht bestraft“, erwiderte der Kardinal. „Er hatte nach dieser ganzen Sache plötzlich Urlaub eingereicht. War zwar extrem kurzfristig, aber mir war das vollkommen gleichgültig. Aber jetzt sagt mir doch endlich, was Ihr herausgefunden habt…“
„Nicht so schnell“, erwiderte Milady mit einem Lächeln. „Warum eigentlich immer diese Eile?! Ich wollte noch etwas anderes wissen.“

--------------------------------------


Gleichzeitig lief Constance Bonacieux durch die Gänge des Louvre. Sie hatte heute zwar wieder einmal ihren freien Tag, aber nichts hielt sie zuhause bei ihrem Onkel, dem so oft selbst betrunkenen Weinhändler, der den Hof belieferte und durch den sie überhaupt erst an die Anstellung als Kammerzofe Ihrer Majestät der Königin gekommen war. So gut es ging, versuchte sie ihm aus dem Weg zu gehen… denn wenn er betrunken war, schien er zeitweise zu vergessen, dass sie eigentlich mit ihm verwandt war. Er versuchte sich dann ihr zu näheren – aber dann schien ihm das ganze wieder einzufallen und er entschuldigte sich tausendmal bei ihr für sein unmögliches Verhalten...
Also kein Grund für Constance, ihre seltenen freien Tage zuhause zu verbringen. Das einzige, was sie heute getan hatte, war, etwas länger zu schlafen als sonst, dann ihr schönstes Kleid anzuziehen und in den Palast zu gehen.
Natürlich war sie prompt Königin Anna begegnet, die inzwischen von ihrer Reise wieder zurück war.
Ihre Majestät hatte einen sehr verwunderten Gesichtsausdruck gehabt, als sie ihr begegnet war. Sie hatte nicht glauben können, Constance ausgerechnet heute ausgerechnet im Louvre zu sehen.
„Wie kommt das denn, mein Kind? Du in deinem schönsten Kleid hier, an deinem freien Tag? Du solltest doch jeden freien Tag genießen…“
„Das kann ich nicht, Majestät“, hatte Constance erwidert und entschieden den Kopf geschüttelt, „jedenfalls nicht zu Hause. Mag gar nicht dran denken… Das wisst Ihr doch auch.“
„Ja, dein Leben ist nicht gerade einfach… armes Kind… deine Eltern so weit fort und du musst bei deinem schrecklichen Verwandten leben…“ erwiderte die Königin.
Constance sah für einen Moment traurig aus, dann dachte sie aber schnell an etwas anderes und ihre Miene hellte sich wieder auf.
„Stimmt… aber… hier geht’s mir besser. Da kann ich die Liebe meines Lebens suchen.“
- „Die Liebe deines Lebens?“
wiederholte Königin Anna verwundert. „Die meinst du im Palast zu finden?“
„Ja, vielleicht“, erwiderte Constance und errötete leicht. „Um ehrlich zu sein… ich suche nicht nach ihr, sondern ich will in ihrer Nähe sein… Vielleicht beachtet sie mich auch irgendwann einmal.“
„Ach, Constance…“
Mehr sagte die Königin erstmal nicht, was Constance im ersten Moment einen gewaltigen Schrecken einjagte. Wusste Anna denn etwa, wen sie meinte? Hatte sie zuviel gesagt? Aber es wusste doch niemand von ihrer Schwärmerei…
„Majestät?“
Constance sah die Königin fragend an.
„Ich will dir einen guten Rat geben… Eine wahre Liebe findet man nicht unbedingt immer in einem Palast. Im Gegenteil… halte die Augen immer offen, du kannst ihr überall begegnen…“
„Das werde ich“, erwiderte Constance entschlossen, obwohl sie in Wirklichkeit natürlich weiter darauf hoffte, dass es so kommen würde, wie sie es sich erträumte. Irgendwie, irgendwann…
Die Königin ging ihres Weges, ohne noch weiter etwas zu sagen und Constance konnte nichteinmal mehr vor ihr knicksen, wie es das Protokoll erforderte. Sie schaute Anna noch etwas hinterher, dann setzte sie ihren eigenen Weg fort.
An einer Stelle, an der der Gang abzweigte, blieb sie stehen, dachte kurz nach und ging dann doch nach links, zielstrebig in Richtung des Arbeitszimmers des Kardinals. Dieses Mal würde sie ihren ganzen Mut zusammennehmen und einfach hineinmarschieren… nur dass sie die rote Eminenz endlich einmal wiedersah… jedenfalls konnte sie dann immer noch behaupten, sie hätte sich in der Tür geirrt oder sich verlaufen… das Louvre war ja das reinste Labyrinth… und ihr Orientierungssinn nicht immer der allerbeste... am Anfang hatte sie sich tatsächlich immer wieder mal verlaufen...
„Wo soll es denn hingehen?“ versperrte auf einmal einer der Leibgardisten ihr den Weg.
„Ich…“
Constance suchte nach einer guten Erklärung.
„Na sagt schon, Mademoiselle!“ drängte der schwarzrot Uniformierte.
Im gleichen Moment ging die Tür des Arbeitszimmers auf und Constances Herzschlag beschleunigte sich. Da war der Kardinal… nur ein paar Schritte von ihr entfernt… Die zweiWachen die direkt vor der Tür gestanden waren, wichen sofort zur Seite und salutierten.
Neben Richelieu ging eine Person, die Constance auch schon einmal im Louvre gesehen hatte… Milady de Winter.
Wie ich sie beneide, dass sie schon wieder da ist und sich mit Seiner Eminenz so gut versteht… dachte Constance bei sich.
„Also, dann ist das beschlossen und verkündet?“ wollte Milady gerade wissen.
- „Ich versuche, Ihre Majestät zu überzeugen. Begeistert wird sie nicht gerade sein…“ erwiderte der Kardinal.
„Ja, das ist anzunehmen, Eminenz“, stimmte Milady zu. „Aber…“ Sie hielt verwundert inne. Da war ja Constance Bonacieux, was hatte die denn hier zu suchen? Wenn man vom Teufel sprach…
Richelieu folgte Miladys Blick und entdeckte Constance ebenfalls.
„Ein erfreulicher Zufall, Euch hier zu treffen“, bemerkte er dann und sah sie freundlich an, „… Constance Bonacieux.“ Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort: „Vielleicht werden wir uns zukünftig öfter einmal treffen… Wer weiß?“
Mit diesen Worten ging er mit Milady davon, ohne eine Antwort abzuwarten.
Constance sah ihm hinterher bis er außer Sichtweite war. Eigentlich hätte sie sich über sich selbst ärgern können, dass sie sich nicht einmal verbeugt hatte, wie es das Zeremoniell erforderte und ein „Guten Tag, Eure Eminenz“ war ihr in ihrer momentanen Verblüffung auch nicht über die Lippen gekommen… aber im Moment war sie viel zu froh, um sich zu ärgern. Er hatte sie gesehen und angesprochen… und was sie noch am meisten verwunderte – er wusste ihren Namen…
Seine Eminenz weiß, wer ich bin… dachte Constance. Das ist der schönste Tag seit langem..

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Beitragvon Sisi Silberträne » 16.12.2007, 20:10:45

Der soll bloß Constance in Ruh lassen, ich mag sie zwar nicht, aber er soll sie in Ruh lassen -.-

Weiter weiter weiter!!
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