Die Farbe Grün

Eure musicalischen Stories oder Fanfictions könnt ihr hier posten.

Moderatoren: Sisi Silberträne, Elphaba

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Die Farbe Grün

Beitragvon Sisi Silberträne » 14.12.2007, 01:08:05

Inhalt: Ja, wieder Wicked *gg* aber diesmal anders. Die Geschichte wird auch länger, mal sehen wie lang.

Genre: ? diverse

Disclaimer: SE, Gregory Maguire

Dedication: für alle, die es lesen und kommentieren!

~~~~~~~~~


Die Farbe Grün

von Sisi


Prolog


Dunkelheit hing über dem Städtchen, in dem sich zu dieser Nachtzeit nichts mehr regte, abgesehen von einem Fuchs auf Nahrungssuche. Wind pfiff um das Zelt des Jahrmarkts, der auf einer Wiese unweit der ersten Wohnhäuser lagerte. Ein Käuzchen schrie, und irgendwo läutete eine entfernte Kirchenglocke.

Mit einem leisen Knarren öffnete sich die mitgenommene Tür eines der Wohnwagen, die den Leuten des Wanderzirkus gehörten. Eine hoch gewachsene schmale Gestalt, ganz verdeckt von einem schwarzen Umhang mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze, kletterte vorsichtig ins Freie. Lautlos mit kraftvollen Bewegungen gleich einer Raubkatze schlich sie über die Wiese.

Ihr Ziel lag beinahe am anderen Ende des Städtchens. Sie näherte sich einem kleinen Haus, das in einem gepflegten Garten lag. Die Sterne spiegelten sich in einem winzigen Teich, auf dem Seerosen schwammen, und in einer Ecke ließ sich ein Gemüsebeet erahnen. Alles wirkte ruhig und friedlich.

Wie von Zauberhand schwang das Gartentor vor ihr auf, sie huschte den schmalen Weg zur Haustür entlang. Sie holte etwas hervor, das sie bisher im weiten Umhang verborgen gehalten hatte, und legte es vorsichtig auf die Schwelle. Das Bündel zappelte. Als die Wolken den Mond für einen Augenblick freigaben, fiel sein Licht auf ein kleines rundes Babygesichtchen.

Der Ärmel des Umhangs rutschte zurück, als sie einen Brief daneben legte, und offenbarte eine smaragdgrüne feingliedrige Hand. Mit einem letzten sich nur mühsam lösenden Blick auf das fast wieder schlafende Kind, das nicht ahnte was geschah, schlich sie davon, bis die Dunkelheit sie verschluckte.


Okay, ich weiß, das war sehr kurz. Aber es wird weiter gehen... wenn ihr wollt!
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 14.12.2007, 11:09:03, insgesamt 1-mal geändert.
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
Elphaba
Admin
Admin
Beiträge: 12824
Registriert: 12.06.2006, 07:22:00
Wohnort: Barsbüttel (quasi Hamburg *g*)

Beitragvon Elphaba » 14.12.2007, 03:12:58

Oh, ich darf wieder die Erste sein! :D

Ja, kurz, aber sehr vielversprechend! Also ich möchte gerne wissen, wie es weitergeht und ob sich die vielen Vermutungen und Spekulationen, die sich unweigerlich in meinem Kopf gebildet haben, bewahrheietn! :D

Also ich bin dafür, dass du weiterschreibst! :wink:
Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
jellimmy

Beitragvon jellimmy » 14.12.2007, 10:12:37

die geschichte ist wundervoll geschrieben. gefällt mir ganz doll, bitte weiterschreiben! :D

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 14.12.2007, 14:50:46

Uch finde auch, der Prolog klingt schon sehr gut... :) Würde gern mehr lesen! :D
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 14.12.2007, 18:12:59

Das fängt ja interessant an... bin auch schon gespannt wie es weitergeht... :)

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 15.12.2007, 01:24:25

So, hier kommt gleich mal das erste Kapitel. Irgendwie bin ich nicht zufrieden damit...


Kapitel 1


Fünfzehn Jahre waren seit jenem Morgen vergangen, an dem die McKennas einen Schatz auf ihrer Türschwelle gefunden hatten. Aus dem Baby mit den sagenhaft dunklen Augen war ein großer schmaler Junge geworden. Charlotte McKenna hatte sich immer Kinder gewünscht, doch sie konnte keine bekommen. Darum war sie umso dankbarer für die Wendung des Schicksals, die ihr und ihren Mann Adam einen Sohn beschert hatte. Die Eheleute dachten deshalb nie weiter darüber nach, woher er gekommen war.

Alex McKenna lief an den Wohnhäusern vorbei in Richtung Hauptplatz, in der Hand hielt er seine Schulbücher. Es war einer der ersten milden Tage nach dem Winter, überall zeigte sich frisches Grün. Der fünfzehnjährige Junge mochte die Natur und die Tiere, er konnte stundenlang durch Wälder und Wiesen stromern. Mit seinen dunkelblonden Haaren und den fast schwarzen Augen war er hübsch, und man sollte meinen ebenso bliebt, doch dem war nicht so. Die anderen Kinder mieden Alex, denn er war anders. Er ließ manchmal, wenn er aufgeregt war, Dinge geschehen. Einmal zum Beispiel, als drei größere kräftigere Burschen auf ihn losgingen, waren sie plötzlich durch die halbe Klasse und gegeneinander geflogen. Seitdem wagte es kaum einer mehr, Alex zu nahe zu kommen, wenn es sich vermeiden ließ.

Natürlich war nachmittags niemand zu Hause. Alex’ Eltern arbeiteten, sein Vater war Barbier, er besaß einen Laden in der Stadt, und seine Mutter betrieb ein kleines Café am Hauptplatz im Freien. Genau dorthin wollte er jetzt, um zu Mittag zu essen und seine Hausaufgaben zu erledigen. Er war ein sehr fleißiger Schüler, der beste in seiner Klasse, und las obendrein gerne, wenn er nicht durch die Natur wanderte.

„Hallo Ma“, rief er gut gelaunt, als er seine Mutter hinter den Kochtöpfen erkannte. Wie immer um diese Zeit hatte sie viel zu tun, die meisten Tische waren besetzt.
Seine Mutter, eine kleine kräftige Frau mit roten Locken lächelte ihm zu. „Ah, da bist du ja. Magst du Hackbraten?“
Er nickte, als er auf dem kleinen Tisch gleich neben der Kochecke Platz nahm, und schon tischte ihm seine Mutter eine ordentliche Portion auf.
„Lass es dir schmecken. Wie war es in der Schule?“ Sie wuschelte ihm durch das dunkelblonde Haar.
„Ma bitte“, brummte Alex daraufhin. „Es war interessant. Nächste Woche soll übrigens jeder ein Foto von sich als Kind mitbringen, wir werden damit eine Collage machen. Gibst du mir heute Abend eins von mir?“
Charlotte McKenna nickte leicht. „Ja sicher. Irgendwo müsste im Schrank in der Stube eins sein, ich such es dir.“

Während er sich über sein Mittagessen hermachte, beobachtete sie ihren Ziehsohn nachdenklich. Lange hatten Adam und sie es vor sich her geschoben, doch nun war es an der Zeit ihm die Wahrheit zu sagen. Er war auf dem Weg ein Mann zu werden und alt genug dafür. Bestimmt hatte er sich längst darüber gewundert, wie unähnlich er seinen Eltern äußerlich war.
So kam es, dass Charlotte McKenna an diesem Abend eine langwierige Unterhaltung mit ihrem Mann Adam führte, und Alex danach nicht nur das Foto reichte, um das er gebeten hatte, sondern mit sehr ernster Miene auch einen zusammen gefalteten Brief.

Ratlos blickte der Junge seine Eltern an, als er das Papier auseinander faltete. Er öffnete den Mund, um eine Frage zu stellen, doch seine Mutter machte eine abwehrende Handbewegung.
„Bitte lies den Brief erst. Danach kannst du alles fragen was du möchtest“, sagte sie unsicher dessen, wie er auf den Inhalt der Nachricht reagieren würde.
Während Alex las, wurde sein Gesichtsausdruck immer ungläubiger. Ihm war, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen. Fünfzehn Jahre lang hatte er ein Leben gelebt, in das er gar nicht hinein geboren worden war.

Mit diesem Brief bitte ich Sie für meinen Jungen zu sorgen und ihn zu lieben als den Sohn, den Sie ersehnen. Er soll sicher und geborgen groß werden. Geben Sie ihm einen Namen, meine Bitte ist nur, dass sein zweiter Name Fiyero nach seinem Vater lauten möge. Ich danke Ihnen von Herzen.

Nachdem Alex die Worte zum dritten Mal gelesen hatte, glitten seine Finger über die teils verwischten Zeilen. Die Handschrift war geschwungen und größtenteils gleichmäßig, nur manchmal schien die Hand der Verfasserin gezittert zu haben. Jetzt erkannte er auch den Ursprung der Flecken, die die Tinte manches Mal zum Verlaufen gebracht hatten. Tränen. Sie hatte geweint beim Schreiben… diese unbekannte Frau, die seine Mutter sein sollte.
Nein, sie war nicht seine Mutter, denn die saß ihm gegenüber. Die liebevolle Frau, die für ihn da gewesen war, so lange er sich zurück erinnern konnte. Von wem auch immer dieser Brief stammte, sie hatte ihn nicht haben wollen als Sohn!
„Ich… ich wusste gar nicht, dass ich einen zweiten Namen habe“, sagte er nach einer langen Weile des gedrückten Schweigens. „Alex Fiyero McKenna… was ist denn das überhaupt für ein eigenartiger Name?“
Sein Vater zuckte die Schultern. „Jedenfalls keiner, den wir jemals zuvor gehört haben. Ich hoffe du kannst uns auch jetzt noch als deine Eltern betrachten? Deine Mutter und ich, wir lieben dich von ganzem Herzen.“

Alex sah erst seinen Vater mit gemischten Gefühlen an. „Aber Pa, ihr werdet immer meine Eltern sein, du und Ma. Sie wollte mich offensichtlich nicht haben.“
Seine Mutter legte ihm behutsam die Hand auf den Arm. „Alex, sei bitte nicht voreilig. Bestimmt war sie verzweifelt und die Entscheidung dich aufzugeben, wird ihr nicht leicht gefallen sein.“

Er nickte nur, bestimmt hatte seine Mutter recht. Schnell wünschte er seinen Eltern eine gute Nacht und ging nach oben in sein Zimmer. Im Moment wollte er allein mit seinen Gedanken sein. Den Brief hatte er mitgenommen, und starrte nun erneut auf die Schrift darauf.
Je länger er darüber brütete, desto mehr begann die Neugier in ihm zu brennen. Wer war diese Frau, die vor fünfzehn Jahren unter Tränen die Worte geschrieben hatte? Weshalb war sie so verzweifelt gewesen, dass sie keine andere Möglichkeit gesehen hatte, als ihn, ihr Kind zu verlassen?
Im Grunde musste er ihr dankbar sein. Es ging ihm gut, er hatte eine wundervolle Familie bekommen. Aber noch etwas beschäftigte ihn. Lag es an ihr, seiner richtigen Mutter, dass er manchmal Dinge geschehen ließ?

Diese Fragen ließen Alex nicht mehr los. Zwei Wochen nachdem er den Brief erstmals gelesen hatte, traf er eine Entscheidung. Er würde keine Ruhe mehr finden, bis er nicht wusste, wer die Frau war, die ihn zur Welt gebracht hatte, und welche Umstände dazu geführt hatten, dass er nicht bei ihr aufgewachsen war. Er wollte sie suchen um ihr all die Fragen zu stellen, die ihm auf der Seele brannten. Aber wo sollte er anfangen? Der einzige Hinweis, den er besaß, war Fiyero, der Name seines leiblichen Vaters.

Weil in dem Städtchen fast jeder jeden kannte, war es ausgeschlossen, dass seine Mutter aus der Umgebung stammte. So begann er auf gut Glück die Leute nach der Zeit vor fünfzehn Jahren zu fragen. Den Greißler, den Schmied, den Wirt, nur nicht seine Eltern. Noch sollten sie nicht erfahren, dass er nach seinen Wurzeln suchte. Schließlich fragte er auch Reverend Cooper, einen aufmerksamen Mann, der die Bewohner der Stadt vermutlich besser kannte als die meisten anderen.
„Vor fünfzehn Jahren, sagst du?“ Der Reverend musterte den Burschen nachdenklich. „Ich erinnere mich an keine Frau, die damals ihr Kind verloren hätte… aber warte mal. Da war ein Wanderzirkus in der Stadt, für kurze Zeit im Sommer. Wenn ich recht überlege könnte das vor fünfzehn Jahren gewesen sein.“
Alex horchte auf. „Waren Sie dort? Erinnern Sie sich an irgendjemanden von den Leuten? Bitte sagen Sie mir alles was Ihnen einfällt.“
„Ich habe mir die Vorführung angesehen, aber ich erinnere mich kaum, es ist schon so lange her. Nur an eine Frau, ich hatte noch nie zuvor einen Menschen mit einer solchen Hautfarbe gesehen. Sie war grün.“

Die Aussage verwirrte den Jungen. Er stellte danach noch die ein oder andere Frage, doch Neues erfuhr er nicht mehr. Nur dass die Zirkusleute damals wohl den Weg in den Norden zu größeren Städten genommen hatten, wo sich mehr Geld verdienen ließ. Trotzdem dankte er dem Reverend überschwänglich, bevor er nach Hause ging. Dieser Jahrmarkt war eine erste richtige Spur. Die jähe Überzeugung, dass seine Mutter damals mit dem Zirkus umher gezogen war, ließ ihn nicht mehr los. Er wusste allerdings nicht, wie ihn finden sollte, wenn er nach so langer Zeit überhaupt noch existierten. Vielleicht war seine Mutter aber auch gar nicht mehr dabei. Vielleicht war sie inzwischen gestorben und er verrannte sich in eine Sackgasse. Dennoch wollte er zumindest den Versuch unternommen haben, sie aufzuspüren.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 16.12.2007, 14:36:16, insgesamt 4-mal geändert.
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
Elphaba
Admin
Admin
Beiträge: 12824
Registriert: 12.06.2006, 07:22:00
Wohnort: Barsbüttel (quasi Hamburg *g*)

Beitragvon Elphaba » 15.12.2007, 04:25:27

Das erste Kapitel! Sehr schön! :D

Also geschrieben ist es wieder fantastisch! :)
Ich habe mir nur beim Lesen manchmal die Frage gestellt, wo genau die Geschichte eigentlich spielt. Für Oz finde ich die Namen "Charlotte", "Alex" und "Adam" etwas zu "normal". :wink:

Aber das ist ja nur ein nebensächlicher Faktor.
Was mich etwas mehr gestört, bzw. verwundert hat ist, wie der Reverend sich so spontan an den Wanderzirkus erinnern konnte (der ja, wie du schreibst nur ganz kurz da war) und daran, dass er vor genau 15 Jahren dort gewesen ist. Das schien mir doch etwas unwahrscheinlich.

Aber ich will hier nicht "rummosern", weil mir selbst wohl auch nichts besseres einfallen würde, wie der Junge auf eine Spur seiner Mutter kommen konnte... :wink:

Ach ja, und eine Frage hab ich noch (rein aus Neugier :oops: ): Was ist ein "Greißler"? :oops:
Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 15.12.2007, 09:21:27

Ich finde das erste Kapitel total super! :D Ja, etwas unwahrscheinlich ist es schon, dass er sich genau an den Wanderzirkus vor 15 Jahren erinnert...
Vielleicht erinnert er sich deswegen daran, weil der Wanderzirkus regelmäßig da war und vor 15 Jahren zum letzten Mal gekommen ist oder so...
Nur ein kleiner Vorschlag am Rande. :wink:
Und bitte schnell weiter! :D
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 15.12.2007, 11:51:16

Es spielt nicht Oz, aber darauf werde ich in der Geschichte noch genau zurück kommen. Im Moment befinden wir uns im Amerika Anfang des vorigen Jahrhunderts. Hab extra recherchiert, wann "Der Zauberer von Oz" entstanden ist ;)

Und der Reverend... na ja, grünhäutige Menschen bekommt man schätze ich nicht alle Tage zu Gesicht, und wenn wir von der Annahme ausgehen, dass sonst nie ein Zirkus in dieses Städtchen kommt, war das wohl schon etwas Außergewöhnliches, hm.

Ein Greißler ist das Gleiche wie ein Tante Emma Laden. Bei uns heißen solche Läden Greißler.
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
Elphaba
Admin
Admin
Beiträge: 12824
Registriert: 12.06.2006, 07:22:00
Wohnort: Barsbüttel (quasi Hamburg *g*)

Beitragvon Elphaba » 16.12.2007, 01:26:33

Ah danke Sisi! Hab ich doch wieder was dazugelernt und meinen Österreichisch-Wortschatz erweitert! :D

(Das werde ich zu Weihnachten gleich mal an meiner Schwester ausprobieren! :lol: ).

Die Idee die Geschichte in "unserer Welt" spielen zu lassen finde ich sehr interessant! Bin mal gespannt, wie es weitergeht! :)
Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 16.12.2007, 17:35:12

Hihi, vielleicht hätte ich statt Hackbraten faschierter Braten schreiben sollen, damit ihr noch einen österreichischen Ausdruck lernt *g*


Kapitel 2


Schon drei Tage nach der Unterhaltung mit dem Reverend packte Alex ein paar Dinge zusammen. Er wollte beim ersten Dämmerlicht des nächsten Morgens aufbrechen. Zu Fuß würde er etwa drei Stunden vielleicht auch vier bis in die nächste größere Ortschaft brauchen, von wo aus er den Zug nach Norden nehmen konnte. Vielleicht schaffte er es auch, dort etwas Neues zu erfahren, wenn der Zirkus durchgekommen war, dann bevor er seinen, Alex’ Heimatort erreichte.
Der Junge packte seine gesamten Ersparnisse ein und stahl ein paar Vorräte aus der Speisekammer. Zuletzt schrieb er eine Nachricht an seine Eltern, die er auf den Küchentisch legte, als er sich aus dem Haus stahl.

Liebe Ma, lieber Pa,
ich begebe mich auf die Suche nach meiner leiblichen Mutter. Ich muss es tun, es gibt so viele Fragen, die ich ihr stellen möchte, wenn ich sie gefunden habe. Danach komme ich wieder, das verspreche ich. Ich werde auf mich aufpassen. Denkt an mich, ich denke auch an euch.
Eurer Sohn Alex


Jetzt gereichte es ihm zum Vorteil, dass er sich in den Wäldern gut zurecht fand. Auch in der sich nur langsam zurück ziehenden Dunkelheit verlor er den Weg nicht aus den Augen. Bald erreichte er die Straße, der er die ganze Zeit nur zu folgen brauchte. Einmal war er sie mit seinem Vater auf dem Wagen entlang gefahren. Er wünschte sich, jetzt auf dem braven Spot reiten zu können, doch es war besser gewesen, das Pferd zu Hause zu lassen. Was sollte schließlich aus ihm werden, wenn er dann den Zug nahm? Zudem brauchten sein Vater es dann und wann.

Alex machte nur eine kleine Pause, um etwas Brot und getrocknetes Fleisch zu frühstücken, und setzte seinen Marsch danach in gleichmäßig schnellem Tempo fort. Im Lauf des Vormittags erreichte er die ersten Häuser der Stadt. Hier war alles größer und lauter als in seiner Heimat. Er hielt sich ein wenig damit auf sich umzusehen, während er die Bahnstation suchte, um ein Ticket für den nächsten Zug zu kaufen.
Neugierig sah er die Schaufenster der verschiedenen Läden an. Es gab auch einen Barbier, und er dachte an seinen Vater. Mittlerweile mussten seine Eltern den Brief längst gefunden haben. Sicher waren sie enttäuscht, das konnte er ihnen nicht verübeln. Er setzte diese Überlegungen nicht fort, weil etwas in einer der Auslagen seine Aufmerksamkeit entdeckte. Es war ein Greißler, doch die alltäglichen Angebote waren es nicht, die sein Interesse geweckt hatte, sondern einige Fotographien in einem Winkel des Schaufensters. Eine davon zeigte mehrere Leute, die eindeutig vor einem Zirkuszelt standen, hauptsächlich Männer, aber auch zwei Frauen. Die untere Hälfte des Bildes war durch eine weitere Fotographie verdeckt.

Neugierig geworden betrat er den Laden. Der Greißler, ein runzliger grauhaariger Mann mit freundlichem Gesicht blickte auf.
„Guten Tag“, sagte Alex.
Der Alte lächelte leicht. „Guten Tag, mein Junge. Kann ich dir helfen?“
Er nickte. „Sie haben da ein altes Foto in der Auslage… das mit den Zirkusleuten. Wissen Sie von wann das ist?“
„Keine Ahnung, mein Bruder hat es damals gemacht. Er war Fotograph. Vielleicht hat er ein Datum darauf geschrieben. Wenn du möchtest, sehe ich mal nach.“ Der Greißer erhob sich etwas steif und ging zum Schaufenster. „Das von den Zirkusleuten hast du gesagt?“
„Ja genau…“ Alex verfolgte gespannt jede der gemütlichen Bewegungen des alten Mannes, bis er das Foto heraus geholt hatte.
„So mal sehen…“ murmelte er. „Ah ja, hier steht tatsächlich etwas. Das war vor fast genau fünfzehn Jahren. Im Sommer.“
Aufgeregt nahm der Junge das schwarz weiße Bild entgegen. Jetzt konnte er es endlich ganz sehen. Er wischte eine dünne Staubschicht ab. Er war überzeugt davon auf der richtigen Fährte zu sein.

Seine Aufmerksamkeit erregten sofort die beiden Frauen, die abgebildet waren. Die eine war schon älter, sie war klein, rundlich und hatte ein faltiges Gesicht, das von lichtem Haar umrahmt wurde. Die andere Frau konnte zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht mehr als Mitte zwanzig gezählt haben. Sie war ziemlich groß, sehr dünn, und ihre Haut wirkte dunkel wie die einer Farbigen. Ihren Zügen fehlte aber jedwede Ähnlichkeit mit den Leuten, deren Haut dunkel wie Schokolade war.
Im nächsten Moment begannen Alex’ Hände vor Aufregung zu zittern, er umfasste die Fotographie fester. Eine Hand der jungen Frau ruhte auf ihrem Bauch. Sie war hochschwanger. Trotzdem wirkte sie nicht glücklich, ihre ganze Haltung offenbarte Traurigkeit, die sie hinter einem falschen Lächeln verbarg.

„Möchtest du das Bild haben?“
Abrupt sah Alex auf. Er hatte vollkommen auf den Greißler vergessen. „Ja, ich kaufe es. Wie viel soll es kosten?“
Der alte Mann lächelte erneut. „Ist schon gut, behalte es, wenn es dir so wichtig ist, bevor es sonst in meiner Auslage verstaubt. Seit mein Bruder vor ein paar Jahren gestorben ist, habe ich glaube ich noch kein einziges Foto verkauft.“
„Oh danke, das ist lieb von Ihnen, ich danke Ihnen…“ Alex blickte verblüfft noch einmal auf das Bild, ehe er es in seine Tasche steckte. Bevor er den Laden verließ, kaufte er ein paar bunte Bonbons, die verführerisch in einem großen Glas lagen, um dem Greißler zumindest irgendwie für seine Hilfe danken zu können.

Etwas später hatte er ein Zugticket erstanden und wartete am Bahnhof bis es soweit war. Die ganze Zeit über starrte er nachdenklich die alte Fotographie an. Er war überzeugt darauf seine leibliche Mutter zu sehen, und all die Fragen, die er ihr stellen wollte, begannen noch viel stärker in ihm zu brennen. Wer war diese Frau? Wie war ihr Name? Aus irgendeinem Grund konnte er sich nicht vorstellen, dass sie Mary oder Emma hieß. Auf ihn wirkte sie ungewöhnlich, sie musste einfach einen fremdartig schönen Namen haben. Genau wie sein Vater.

Gegen Mittag dann fuhr Alex ins Ungewisse. Er saß am Fenster und sah zu wie die Landschaft schier endlos an ihm vorbei zog. Er hatte keine Ahnung wie er in der völligen Fremde diesen Wanderzirkus finden sollte. Vielleicht gab es ihn schon nicht mehr, fünfzehn Jahre waren eine lange Zeit. Doch bisher hatte er Glück gehabt, vielleicht würde es ja anhalten und schließlich dafür sorgen, dass er vor der Frau auf der Fotographie stand.
Er sah immerzu aus dem Fenster, zum Schlafen war er viel zu aufgeregt. So entdeckte er nach einer Fahrt, die seiner Meinung nach eine Woche gedauert haben musste, bevor der Zug zu seiner vorletzten Station rollte ein herunter gekommenes Zelt, das vor der Stadt auf einer Wiese aufgebaut war. Es war vollkommen unwahrscheinlich, um nicht zu sagen illusorisch, dass es sich um genau den Zirkus handelte, den er suchte, aber dennoch stieg er aus. Er wollte sicher gehen.

Die Ortschaft, in der er sich nun befand, war nicht viel größer als seine Heimatstadt. Es gab viele Ähnlichkeiten, doch das drückende Gefühl der Fremde verließ ihn nicht, als er langsam an den Häusern vorbei schritt, seine Habseligkeiten an sich gepresst. Bald darauf stand er in einiger Entfernung vor dem Zirkus. In der Hand hielt er wieder das Foto. Er hatte sich nicht getäuscht, die Zelte sahen genau gleich aus, bis auf ihren Zustand. Die Zeit hatte dem Stoff zugesetzt, er war schmutzig und an vielen Stellen geflickt. Neugierig trat er näher. Der Lärm deutete darauf hin, dass gerade die Vorstellung lief. Alex kletterte auf einen nahen Baum, um sich einen Überblick zu verschaffen. Dort wartete er.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 16.12.2007, 19:26:00, insgesamt 2-mal geändert.
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 16.12.2007, 17:56:52

Erste! :D Ich finde den neuen Teil wieder echt super. Ich hoffe, er findet Elphie... :D Bitte mach schnell weiter! :)
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 16.12.2007, 19:49:37

Also mir gefallen beide Teile richtig gut, auch der erste... warum bist du denn selbst nicht so mit dem ersten zufrieden?

Hoffentlich findet er Elphie wirklich... dürfte doch eigentlich nicht so schwer sein, eine Grüne zu finden. :)

Schnell weiter!

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 16.12.2007, 22:01:20

Ich bin grad so in Fahrt, deshalb gibts gleich noch ein Kapitel. Ich reiche auch gleich Holzprügel zur freien Entnahme dazu *gg*


Kapitel 3


Tatsächlich strömten nach einiger Zeit Leute aus dem Zeit. Die Vorstellung war demnach zu Ende. Es dauert eine Weile bis sich der Platz soweit geleert hatte, dass die zurück bleibenden Menschen nur noch die Schausteller sein konnten. Vor Müdigkeit wurden Alex’ Lider immer schwerer, doch er zwang sich, den Blick weiter auf den Jahrmarkt zu richten.
Eine eindeutig weibliche Gestalt kam mit einem mageren struppigen Rappen hinter dem Zelt hervor. Alarmiert sah Alex auf. Spielten ihm seine Augen einen Streich? Diese Frau, ihre Haut war grün. Da kamen ihm die Worte Reverend Coopers in den Sinn, er hatte von einer grünen Frau gesprochen. Dann musste dies durch tausend Zufälle also tatsächlich der Zirkus sein, nach dem er suchte, und bei dieser Frau handelte es um jene auf dem Foto. Das erklärte die eigenartige dunkle Hautfarbe. Er beobachtete die Gestalt bis sie mit dem Pferd in einem viel kleineren Zelt verschwunden war.

Als sich nichts mehr regte und es zu dämmern begann, verließ der Junge vorsichtig seinen Aussichtsposten, um näher an den Jahrmarkt heran zu schleichen. Mit wild pochendem Herz suchte er Deckung hinter einem der Wagen, in denen die Schausteller lebten. Ein großer schlanker Mann ging vorbei, er erhaschte einen Blick auf dessen Beine, die in Lederstiefeln steckten, und die sich auf jenes Zelt zu bewegten, in das vorhin die seltsame Frau den Rappen gebracht hatte.
Alex blieb beinahe reglos in seinem Versteck hocken bis er die Beine des Mannes wieder auf den Platz heraus treten, und in einem der Wagen verschwinden sah. Seine Füße waren eingeschlafen, sie kribbelten, als er sich erhob. Leise huschte er hinüber zu dem Zelt, er wagte es erst anzuhalten, als er drinnen war.

Hier waren die Tiere untergebracht. Der Rappe machte sich mit ein paar anderen herunter gekommenen Pferden über eine karge Heumahlzeit her, und in einer Ecke befand sich ein Käfig mit einem Tanzbären. Auf einem Strohballen kaum zwei Meter weit weg saß die Frau mit der eigenartigen Hautfarbe. Sie hatte seine Anwesenheit noch nicht wahrgenommen. Ihr Anblick machte Alex beklommen.
Ein schwarzes oft geflicktes Kleid bedeckte ihren mageren Körper. Sie schien nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen. Das lange dunkle Haar war glanzlos. Jäh hob sie den Kopf, sie hatte bemerkt, dass sie nicht allein war. Sie mochte um die vierzig sein. Ihr Gesicht wäre schön gewesen, wäre sie nicht in einer solch jämmerlichen Verfassung. Unter ihrem linken Auge glänzte ein frischer Bluterguss. Der Ausdruck ihrer dunklen Augen war leer, doch ein Schimmer des Erkennens regte sich in ihnen, als sie Alex erstaunt ansah.

„Ähm hallo… bitte nicht erschrecken“, sagte der Junge verlegen.
„Wer bist du?“ Ihre Stimme war so matt wie ihr ganzes Erscheinungsbild.
Der Fünfzehnjährige machte ein paar Schritte auf sie zu. „Mein Name ist Alex, und hm… ich bin auf der Suche… ich suche meine Mutter. Sie hat mich verlassen, als ich noch ein Baby war, und ich bin ihrer Spur bis hierher gefolgt…“
Er holte das Foto aus seiner Tasche und zeigte es ihr. Jetzt, da er vor ihr stand, war er sicher, dass sie diese junge schwangere Frau auf dem Bild war. Damals war sie sehr hübsch gewesen.
„Du hast schon recht… das war ich einmal. Aber es ist lange her…“ Sie sah ihn mit einem undefinierbaren Ausdruck an. „Was weißt du über deine Mutter?“
Alex löste den Blick von dem Foto, um wieder sein Gegenüber zum mustern. „Nichts… nur dass der Name meines Vaters Fiyero ist. Was ist das für…“
„Fiyero…“, wiederholte sie, ihr Geist versank für einen Moment in weite Ferne. „Diesen Namen habe ich schon sehr lange nicht mehr gehört. Du siehst ihm so ähnlich, dass es mir beinahe Angst macht.“
Mit großen Augen starrte Alex die magere Frau an. „Dann stimmt es also… Sie… Sie sind meine Mutter, oder?“

Nach beinahe einer Ewigkeit nickte sie. „Alex haben sie dich also genannt… die Familie, bei der ich dich ließ…“
Der Junge wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte sich seine Mutter irgendwie anders vorgestellt. Zumindest aber hatte er nun eine vage Ahnung, warum sie ihn damals vor die Haustür seiner Zieleltern gelegt hatte.
„Es ist dir gut ergangen, ja?“ Sie streckte ihre Hand aus, um ihm vorsichtig über die Wange zu streichen. Erst jetzt durch die Berührung schien seine Anwesenheit für sie real zu werden. Greifbar.
Alex nickte. „Meine Zieheltern haben mich immer geliebt. Es hätte mich nicht besser treffen können. Aber warum haben Sie… warum hast du mich nicht behalten? Wolltest du mich nicht haben?“
Eine Träne rann bei diesen Worten ihre Wange hinab. „Doch natürlich. Mehr als alles andere. Aber ich wollte für dich ein besseres Leben als das hier…“
Er nahm ihre magere Hand in die seinen. „Komm mit mir nach Hause. In unserer Stadt ist es so schön…“
„Ich kann nicht. Er würde mich niemals gehen lassen…“ Traurig schaute sie ihren Sohn an. Plötzlich spannte sich jeder Muskel ihres Körpers. „Versteck dich, Liir… schnell!“
Alex hatte keine Zeit sich über den Namen zu wundern, mit dem sie ihn ansprach. Er hörte nun ebenfalls das Scharren von Stiefeln über den Boden. Wie der Blitz ging er im hinteren Teil des Zelts beim Käfig des Bären in Deckung. Das Tier reagierte nicht auf ihn, es starrte weiterhin mit ebenso leeren Augen wie seine Mutter vor sich hin.

Der große schlanke Mann von vorhin war im Eingang aufgetaucht. Er hatte schulterlanges dunkelblondes Haar, und ein Bart zierte seine kantigen harten Züge. Seine Augen waren klein und stechend.
„Wo bleibst du denn, Elphaba?“ fuhr er die Frau an, die erschrocken zusammen zuckte. „Mit wem hast du gesprochen?“
„Mit niemandem… nur mit den Pferden“, murmelte sie.
Er sprang vor, packte sie grob und zerrte sie an den Haaren. „Lüg mich nicht an, du Miststück! Da war noch jemand… wer war das?“
„Niemand… ich schwöre es, Hank!“ keuchte sie, als er sie zu Boden stieß, und sie wieder in die Höhe zog, um ihr ins Gesicht zu schlagen.
„Das wird dich lehren… wenn ich dich damals nicht aufgelesen hätte, wärst du doch verreckt, mitsamt deinem Bastard!“ Er schlug sie wieder und wieder, weder ihr Körper noch ihr Geist hatten die Kraft sich zu wehren.

In seinem Versteck krampfte sich Alex’ Herz zusammen. Er wollte ihr helfen, doch was konnte er schon gegen diesen Mann ausrichten, er war nur ein fünfzehnjähriger Junge. Bisher hatte er niemals den Wunsch verspürt jemandem Schaden zuzufügen, auch nicht den Burschen der Schule, die ihn geärgert hatten. Aber jetzt sehnte er sich danach diesen Hank zu verletzten. Sein Blick fiel auf eine Heugabel, die ein Stück weit entfernt von ihm auf dem Boden lag. Er würde bemerkt werden, ehe er danach greifen konnte. Als seine Mutter unter weiteren Schlägen schließlich zu Boden ging und nur noch versuchte ihr Gesicht mit den Armen zu schützen, flog die Heugabel plötzlich die Höhe und rammte den Mann.
Alex sprang erschrocken auf. In Zeitlupe sah er wie Hank, sich an die Seite fassend krümmte und zu Boden ging. Blut strömte über seine Hand. Ohne weiter nachzudenken raste der Junge hinüber zu der leblos daliegenden Frau.
„Steh auf, schnell. Wir müssen weg hier!“ japste er. „Komm schon… bitte.“
Elphaba rappelte sich mühsam auf, sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Ihr Blick fiel auf Hank, der nun mit schmerzverzerrtem Gesicht zu ihr aufsah.
„Ich bring dich um, du Dreckstück“, stöhnte er.

Völlig kopflos schob Alex seine Mutter zum Eingang des Zelts. Er musste sie stützen, weil sie sonst umgekippt wäre. Draußen war zum Glück alles ruhig. Das beängstigende Gefühl, dass die anderen Schausteller es durchaus gewohnt waren, dass dieser Hank Elphaba, wie er sie genannt hatte, halbtot prügelte, kam in ihm auf. Er zog sie so schnell er konnte weiter. Mittlerweile war es dunkel, ein Umstand der ihnen zum Vorteil gereichte. Sie blieben am Stadtrand und Alex fand schließlich einen kleinen Stall, in dem ein paar Pferde standen, denen es ungleich besser ging als den Zirkustieren. Als er seine Mutter losließ, sank sie sofort ins Heu. Er hockte sich neben sie, strich ihr über die Wange. Für die Nacht waren sie hier erst einmal sicher, aber wenn der Morgen graute, mussten sie weiter. Alex zweifelte nicht daran, dass der Mann vom Wanderzirkus seine Drohung in die Tat umsetzen würde.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 08.01.2008, 18:36:34, insgesamt 2-mal geändert.
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
Elphaba
Admin
Admin
Beiträge: 12824
Registriert: 12.06.2006, 07:22:00
Wohnort: Barsbüttel (quasi Hamburg *g*)

Beitragvon Elphaba » 17.12.2007, 01:54:12

Wow und Doppelwow! :o

Gleich zwei neue Teile und dann auch noch so lange! Du musst ja echt im Schreibrausch gewesen sein Sisi! :)

Wieder sehr schön geschrieben! Und im zweiten Teil wurde es dann ja auch noch so unverschämt spannend! :o
Also ich muss auf jeden Fall ganz dringend wissen, wie es weitergeht! :D
Administratorin und Moderatorin

Deutsche Musical-Community
www.musical-forum.net

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 17.12.2007, 06:47:39

Der neue Teil ist wirklich total spannend, gut gemacht! :)

Und nen Holzprügel nehm ich mir doch gleich mal... dieser Hank hat doch eine Abreibung verdient... :twisted:

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 17.12.2007, 17:33:39

Ich finde das neue Kapitel wirklich spitze!! :D Dieser Hank hat aber wirklich eine Abreibung verdient... *Holzprügel greif* :twisted:
Schön, dass er seine Mutter gefunden hat! :) Bitte schnell weiter... :)
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Sisi Silberträne
Admin
Admin
Beiträge: 12644
Registriert: 01.04.2006, 23:03:41
Wohnort: Wien
Kontaktdaten:

Beitragvon Sisi Silberträne » 18.12.2007, 10:40:49

Uuuuund weiter gehts! Vorerst könnt ihr den Hank haben *gg*


Kapitel 4


Obwohl Alex’ Glieder bleischwer vor Müdigkeit waren, schlief er diese Nacht kaum. Zu viele Gedanken geisterten in seinem Kopf herum. Es war alles Schlag auf Schlag gegangen, zu viel war auf einmal passiert, um es begreifen zu können. Da lag er nun in einem Stall irgendwo an einem fremden Ort, neben seiner schwer atmenden Mutter, die im Grunde eine Wildfremde für ihn war. Doch er fühlte, dass zwischen ihnen eine Verbindung bestand.
Erst in den frühen Morgenstunden schlief er ein, und schreckte hoch, als es bereits hell war. Vorsichtig weckte er die magere Frau, deren bloße knochige Arme eine Anzahl blauer Flecken und Blutergüsse aufwiesen. Er wollte sich nicht vorstellen, was sie wahrscheinlich fünfzehn Jahre lang erlitten hatte, während es ihm gut ergangen war.
„Geht es einigermaßen?“ fragte er sie besorgt. „Wir müssen zusehen, dass wir hier so schnell wie möglich wegkommen.“

Elphaba nickte müde und rappelte sich auf. Es ging ihr einigermaßen gut, besser als es ihr Anblick vermuten ließ. Sie sah den Jungen an, als konnte sie es kaum fassen, ihn vor sich zu sehen.
„Liir, mein Sohn… du bist es wirklich.“ Sie nahm sein Gesicht vorsichtig in ihre Hände. „Du hast mich gefunden nach all der Zeit…“ Mit einem überströmenden Glücksgefühl drückte sie ihn an sich.
„Mutter…“, murmelte Alex. Es war ein so merkwürdiges Gefühl von ihr umarmt zu werden. Sie war in der Tat seine Mutter, er spürte es im Herzen. Aber Charlotte McKenna war es auch, und würde es bleiben. Sie hatte ihn großgezogen.
Er befreite sich und schob Elphaba zum Stalltor. „Wir müssen jetzt gehen. Mein Geld wird noch für Fahrkarten reichen, die uns ein Stück weit von hier weg bringen, wenn auch nicht ganz zurück. Etwas essen können wir im Zug.“
„Ich habe leider kein Geld bei mir… Hank hat es immer gefunden, wenn ich versucht habe ein bisschen etwas zu sparen…“ Sie musste nicht weiter sprechen. Alex konnte sich schon denken, was der Mann dann gemacht hatte. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie oft verprügelt worden war.

Draußen war still. Erleichtert trat Alex ganz ins Freie hinaus, um sich umzusehen. Keine Menschenseele war zu sehen, diese Gelegenheit packten sie beim Schopf und machten sich auf den Weg in die Siedlung. Wenn sie erst einmal bei der Bahnstation waren, wo immer Leute herum gingen, würden sie sicher sein, selbst wenn dieser Hank sie fand. Vor aller Augen konnte er sich schlecht auf Elphaba stürzen.
Die meisten Läden öffneten erst, als sie durch die stillen Straßen gingen. Nur vereinzelt waren andere Menschen unterwegs, die Alex und seine Mutter argwöhnisch musterten. Nun ja, es war kein Wunder, bedachte man Elphabas außergewöhnliche Hautfarbe. Der Junge kümmerte sich nicht darum, er wollte nur möglichst schnell die Bahnstation erreichen. Er beachtete auch das näher kommende Hufgetrappel nicht.

„So, Elphaba, du willst mir davon laufen?“
Die kalte Stimme ließ beide herum wirbeln. Hank kam auf dem Rappen heran geritten. Das Pferd war dünn und struppig, doch mit Schaudern fiel Alex auf, dass es in deutlich besserem Zustand war, als seine Mutter neben ihm, die den Mann mit angstgeweiteten Augen ansah. Ein metallisches Klicken lenkte die Aufmerksamkeit beider auf das Gewehr, das er in der Hand hielt.
„Lauf nur, lauf, es wird dir nichts nützen.“ Hank lachte böse. „Wer glaubst du hätte dich mit deinem grünen Gesicht haben wollen, wenn ich dich damals nicht aufgelesen hätte? Undankbares Stück! Jetzt wird dich keiner mehr haben…“
Alex und Elphaba rannten so schnell sie konnten, sie wagten es nicht, zurück zu sehen. Der Rappe preschte ihnen im vollen Galopp hinterher. Schüsse knallten. Einer verfehlte den Jungen nur knapp. Die grünhäutige Frau blieb abrupt stehen, wirbelte herum und ihr Blick traf Pferd und Reiter. Plötzlich bäumte sich das Tier auf, Hanks Gewehr flog ohne ersichtlichen Grund hoch in die Luft und er stürzte zu Boden.

Beide reagierten schnell, als der Rappe zu ihnen trabte. Sie sprangen auf seinen Rücken und ritten los. Vergessen war die Bahnstation. Bald hatten sie die Stadt hinter sich gebracht. Im Schutz eines Wäldchens stieg Alex ab und ging zu Fuß neben dem Pferd her, damit es nicht sein Gewicht auch noch tragen musste. Lange Zeit sprach keiner ein Wort. Am Ufer eines klaren Flusses hielten sie erst einmal Rast, um den eigenen Durst zu stillen und das Pferd trinken zu lassen.
Irritiert bemerkte Alex, der sich auch noch Gesicht und Arme wusch, dass seine Mutter Scheu hatte ihre Hände ins Wasser zu tauchen.
„Bist du nicht durstig?“ fragte er mit erhobener Augenbraue, während er seine Feldflasche in den Fluss hielt, um sie aufzufüllen.
„Doch schon, aber wenn meine Haut das Wasser berührt… ich habe so eine Art Allergie dagegen. Es brennt immer furchtbar, fast wie Feuer.“
Alex reichte ihr die Flasche. „Dann trink lieber daraus.“ Von so etwas wie einer Wasserallergie hatte er noch nie gehört. Zumindest trinken schien sie es zu können.

Er musterte sie weiterhin neugierig, dachte zurück an das jähe Scheuen des Pferdes, für das, wenn er sich nicht schwer täuschte, seine Mutter verantwortlich war.
„Dann habe ich das also von dir…“, flüsterte er. „Ich kann Dinge geschehen lassen. Die Heugabel gestern war nicht das erste Mal.“
Zunächst vermittelte sie den Eindruck ihn nicht gehört zu haben, aber dann nickte sie leicht. „Ich habe meine Kräfte die ganze Zeit nicht mehr gebraucht, es überrascht mich ehrlich gesagt, dass sie noch in mir wohnen. Früher waren sie sehr stark, und ich gab mich der Illusion hin, sie könnten wirklich etwas bewirken. Etwas Gutes.“
„Aber…“ Erstaunt sah er sie an. „Wenn du solche Dinge kannst, warum hast du diese… diese Kräfte nie eingesetzt, um von diesem Hank wegzukommen?“
Sie senkte den Blick, ein alter nie überwundener Kummer legte sich über sie. „Ich habe vieles getan, das ich bereue… und als ich hierher kam, schwor ich mir selbst, diese Fähigkeiten nie wieder zu gebrauchen für den Rest meines Lebens. Und irgendwann begann ich sogar ihre Existenz beinahe zu vergessen.“
„Ich habe so viele Fragen…“ Jetzt da er um die Besonderheiten seiner Mutter wusste, brannte die Neugier noch stärker in ihm. „Wo kommst du her? Wer ist mein Vater, was ist aus ihm geworden? Habe ich Geschwister? Onkel? Tante? Großeltern?“

Elphaba lachte leise über den Enthusiasmus ihres Sohnes, und legte ihm die Hand auf den Arm. Sie konnte ihm nicht verübeln, dass er all diese Dinge erfahren wollte. Die Neugier hatte ihn ja auch erst dazu veranlasst nach ihr zu suchen.
„Ich komme aus dem Land Oz, du wirst nicht davon gehört haben, es ist sehr weit weg von hier. Was aus deinem Vater geworden ist, kann ich dir nicht sagen, er blieb damals zurück. Von meiner Familie lebt niemand mehr. Ich habe dich Liir nach meinem Großvater genannt. Leider starb er, als ich noch ganz klein war. Er war der einzige, der mich so betrachten konnte wie ich war, er war blind.“ Bei diesen Worten verlor sich ihr Blick in weiter Ferne. „Du hast keine Geschwister. Zwar wurde ich nach deiner Geburt im Lauf der Jahre noch drei Mal schwanger, aber das erste verlor ich im siebten Monat, und die anderen schon in den ersten paar Wochen. Mein Körper war wohl einfach nicht mehr in der Lage dazu…“
Schock stand ins Gesicht des Jungen geschrieben. Er drückte tröstend ihre Hand. „Hank, war er…?“
„Reden wir nicht mehr über Hank. Er hat nichts getan, das beredenswert wäre.“ Ihre Antwort war neutral, weder bittend, noch befehlend, oder irgendwie bestimmt, doch er wagte es danach nicht mehr, das Thema erneut anzusprechen. Düsterer Hass auf diesen Mann, der seiner Mutter so viel Leid zugefügt hatte, glomm in ihm.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 18.12.2007, 17:48:36, insgesamt 1-mal geändert.
Administratorin und Moderatorin
technik@musical-forum.net
http://www.musical-forum.net

Bild

You will see those better days!
Wirklich frei macht wahrscheinlich nur der Wahnsinn!

Benutzeravatar
ChristineDaae
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8911
Registriert: 10.03.2007, 16:11:56
Wohnort: München
Kontaktdaten:

Beitragvon ChristineDaae » 18.12.2007, 15:20:43

Dieser Hank hat es wirklich verdient!! Gut, dass Elphie ihre Kräfte doch noch eingesetzt hat. Bitte schnell weiter! :D
Freue dich, wenn es regnet – wenn du dich nicht freust, regnet es auch.
(Karl Valentin)


Bild
http://www.razyboard.com/system/user_christinedaae.html

Benutzeravatar
Marie Antoinette
Musical-Narr
Musical-Narr
Beiträge: 8886
Registriert: 15.06.2006, 19:48:28
Wohnort: Bodenseegebiet
Kontaktdaten:

Beitragvon Marie Antoinette » 18.12.2007, 18:08:20

Das geschieht ihm Recht, diesem Fetzenschädel... :wink:

Wieder ein schöner Teil, Sisi! Bin mal gespannt, wie es weitergeht...


Zurück zu „Fanfiction / Geschichten / Texte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 3 Gäste

cron