Danke für eure Kommentare! *freu*
Fortsetzung folgt...
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- - - 10 Jahre vorher - - -
„Athos… Ihr seid… der Vicomte de la Fère?!“
Anne konnte es immer noch nicht glauben. Der Musketier, der sie gerettet hatte, war ein Vicomte?! Sofort musste sie an Julien denken. Nein, Athos war bestimmt nicht so wie Julien. Er war ein guter Mensch.
„Darum habt Ihr es vorhin auf einmal so eilig gehabt. Ihr wolltet möglichst schnell nach Hause.“ fiel ihr dann etwas ein. Seine Flucht auf dem Rückweg machte auf einmal Sinn.
„Ja, genau so war es. Freut mich, Euch bereits jetzt wieder zu sehen, Mademoiselle. Und entschuldigt meinen plötzlichen Aufbruch. Er muss Euch wie eine Flucht vorgekommen sein.“
„Vergeben und vergessen“, erwiderte Anne und lächelte ihn an.
Jetzt verstand sie wenigstens, was der Aufbruch zu bedeuten hatte. Sie hatte richtig vermutet.
- „Ihr kennt euch?“ wunderten sich Charlotte und die Gräfin. Sie stellten die Frage fast gleichzeitig
Anne wollte antworten, aber die Gräfin ließ ihr keine Gelegenheit, etwas zu sagen. „Das ist ja wunderbar, dass ihr euch wohl schon einmal begegnet seid! Dann ist schon die Frage beantwortet, wer gleich beim Abendessen zur Rechten meines Sohnes sitzt. Das ist immer eine sehr schwierige Frage, nachdem er sich so auf seine Karriere bei den Musketieren konzentriert und sich nicht darum kümmert, sich endlich wieder eine Verlobte zu suchen… Er will einfach nichts davon hören, seit seine erste Verlobte Isabelle Lacroix so tragisch ums Leben gekommen ist…. Dabei ist er schon 23 Jahre alt. Im besten Alter also, sich zu verloben… aber er hört ja nicht auf mich…“
„Also Maman, das interessiert doch gar niemanden“, fiel Athos seiner Mutter entnervt ins Wort. Er war auch etwas blass geworden. „Und warum musst du jetzt vor Mademoiselle de Breuil und ihren Großeltern mit dieser alten Geschichte anfangen… Ich wollte da doch nicht mehr daran denken oder daran erinnert werden…"
Die Gräfin verzichtete auf eine Antwort. Sie hatte wieder jemanden entdeckt, den sie unbedingt höchstpersönlich begrüßen wollte, und ließ Anne, ihren Sohn und Charlotte einfach stehen.
Anne sah Athos… nein, das war falsch, sie sollte von ihm wohl besser als Marc de la Fère denken… fragend an. Sie war vor lauter Verlegenheit errötet.
„Das hast sie doch nicht ernst gemeint, dass Ihr Euch verloben sollt, oder?“
- „Natürlich meint sie das ernst. Jedes Mal, wenn ich auf Urlaub bin und nach Hause komme, meint sie, sie müsste trotz allem was passiert ist, damit wieder anfangen… Aber lasst Euch davon nicht verunsichern.“
Leichter gesagt als getan, dachte Anne bei sich, als das Abendessen begann und sie tatsächlich rechts neben Athos saß.
Das Essen war ohne Zweifel köstlich, aber wie auch sonst bekam sie auch dieses Mal fast keinen Bissen herunter. Als sie die Hälfte des zweiten Ganges gegessen hatte, stand sie von ihrem Platz auf. Ihre Großmutter, die rechts von ihr saß, sah sie verwundert an.
„Was ist los, Anne, Schätzchen?“ fragte sie.
- „Ich muss mal schnell nach draußen. Mir geht es nicht so besonders“, erwiderte Anne. „Ich bin gleich wieder zurück.“
Charlotte wollte noch etwas sagen, aber da war Anne auch schon gegangen.
Sie wusste nicht genau, wohin sie laufen sollte, aber letztendlich fand sie sich im Garten wieder. Es hatte inzwischen zu regnen begonnen, ein sommerlicher Wolkenbruch. Die Luft war deutlich abgekühlt und es fröstelte sie.
Sie konnte an gar nichts anderes denken als die Worte der Gräfin de la Fère. Wenn sie ihre Großmutter so gut kannte, dass sie sie sogar zu einem Fest einlud, dann würde sie bestimmt auch nicht davor zurückschrecken, sie einfach mit ihrem Sohn zu verloben.
Aber ging das denn überhaupt so einfach?
Was hatte Madeleine noch gleich gesagt, als sie das Kind verloren hatte? „Außerdem hätte Seine Eminenz ja die Hochzeit genehmigen müssen… das wäre äußerst fraglich gewesen, nachdem was …“ passiert ist, hätte der Satz weitergehen sollen. Madeleine hatte es anders gesagt.
Im gleichen Moment zerriss ein Blitz den schwarzen Himmel und gleich darauf gab es einen gewaltigen Donnerschlag. Es war wohl nicht nur ein Wolkenbruch, nein, ein Gewitter würde sich an diesem Abend über der Stadt Lille entladen.
Es war ausgeschlossen, dass sie Athos heiratete. Das wurde ihr jetzt schlagartig klar.
Es war einfach ausgeschlossen. Für immer und ewig würde ihr die Vergangenheit im Weg stehen, der Kardinal, das verfluchte Brandmal auf ihrer rechten Schulter… Es würde ihr nicht möglich sein, von vorne anzufangen… Anne merkte, dass in ihr erneut Tränen aufstiegen.
Warum macht mir das denn jetzt so zu schaffen?! fragte sie sich.
Es wäre doch nur wieder eine arrangierte Ehe…
Nein, das stimmte nur zum Teil. Es kam ihr selbst unglaublich vor – aber sie glaubte, dass sie sich auf den ersten Blick in Athos verliebt hatte… Nicht erst jetzt, da sie wusste, wer er wirklich war, nein… das war schon so gewesen, als er ihr in der Kathedrale geholfen hatte…
„Mademoiselle de Breuil?“
fragte eine Stimme.
„Alles in Ordnung?“
Sie sah sich um und bemühte sich, ganz ruhig zu klingen.
„Ja, natürlich. Es war mir nur zu laut und zu warm da drin, darum bin ich in den Garten gegangen…“ – „Aber jetzt sieht es mir doch eher aus, dass es Euch kalt ist.“ Mit diesen Worten legte Athos ihr den blaugoldenen Mantel um die Schultern.
„Tut mir einen Gefallen, Vicomte de la Fère. Sagt nicht mehr Mademoiselle de Breuil zu mir“, bemerkte Anne jetzt. „Egal, ob sich das gehört oder nicht, ich bestehe darauf. Zu viele schlimme Erinnerungen sind mit dieser Anrede verbunden… Ich erschrecke mich jedes Mal zu Tode, wenn mich jemand so anspricht…“
„Zu viele schlimme Erinnerungen?“ wiederholte Athos verwundert. „Ihr meint…“ Er hielt einen Moment inne, dann stellte er die Frage, um sich zu vergewissern. „… den Kardinal?“
Anne nickte.
„Ihr seid vielleicht ein seltsames Mädchen, … Anne...“ bemerkte Athos als nächstes. „So vieles, was ich nicht von Euch weiß und so viele Andeutungen, die ich nicht richtig einzuordnen vermag…“ – „Nicht gerade die besten Voraussetzungen für eine künftige Gräfin de la Fère, oder?“ versuchte Anne zu scherzen.
Etwas anderes ging ihr durch den Kopf. Er hatte wohl genauso Geheimnisse, die seine Vergangenheit betrafen. Das, was die Gräfin über seine erste Verlobte angedeutet hatte. Die wohl unter tragischen Umständen ums Leben gekommen war und an das er nicht mehr erinnert werden wollte.
Athos sah sie ernst an.
„Eigentlich habt Ihr da vollkommen Recht. Aber mir ist das gleichgültig. Ich würde Euch gerne von den dunklen Schatten der Erinnerung beschützen. Es liegt doch so viel bunte Wirklichkeit vor Euch… Denn Ihr braucht tatsächlich jemanden, der auf Euch aufpasst. Die Vergangenheit wird sich nicht wiederholen. Euch werde ich beschützen, es wird Euch nichts passieren, nicht so wie ihr… Ich werde nicht mehr versagen. Für mich seid Ihr … ein Engel aus Kristall…“
„Ein Engel aus Kristall?“
wiederholte Anne. Das klang wunderschön. Sie musste schnell auch einen Namen finde. Was war Athos für sie?
„Ja“, gab ihr der Musketier und Vicomte recht. „Das habe ich schon an jenem Tag gedacht, als ich euch das erste Mal gesehen habe. Ihr wart so blass und seit mir so zerbrechlich wie eine Kristallfigur vorgekommen.“
Anne freute sich. So etwas hatte noch niemand zu ihr gesagt.
„Und Ihr seid… mein Stern der Hoffnung.“
Das war ihr auf einmal eingefallen. Die Lage war nach ihrer Offenbarung aussichtslos gewesen, aber als er in das Zimmer gestürmt war, war auf einmal wieder Hoffnung dagewesen, dass nichts schlimmes passieren würde. Und für den Moment war es auch so gewesen.
„Aber darf ich Euch etwas fragen?“
- „Was immer Ihr wollt, Anne“, erwiderte Athos. „Was möchtet Ihr wissen?“
„Was habt Ihr gerade gemeint? Was wird mir nicht passieren? Wegen was werdet Ihr nicht mehr versagen? Und die Vergangenheit wird sich nicht wiederholen?! Welche Vergangenheit denn? Meine oder Eure?“
„In Eurer Vergangenheit sind sicher auch unschöne Dinge geschehen, das ist mir klar. Darum habt ihr Euch ja auch am Fluß so erschreckt und Angst vor dem Kardinal… Aber in diesem Fall rede ich von meiner Vergangenheit.“ Athos wich Annes fragendem Blick aus.
Diese war jetzt total verwirrt.
„Aber warum?“ Sie wollte unbedingt wissen, was passiert war. Andeutungen darüber, dass er in der Vergangeheit bei irgend etwas gravierendem versagt hatte, machten ihr Angst. Und das war nicht gut, nachdem sie sich doch in ihn verliebt hatte. Auf einmal fiel ihr etwas ein.
„Geht es etwa darum, was Eure Mutter gemeint hat? Was mit dieser Isabelle Lacroix passiert ist? … Eurer ersten Verlobten? Was ist denn nur geschehen, dass Ihr mich jetzt so unbedingt beschützen wollt?! Habe ich Euch etwa an sie erinnert?“
Athos antwortete nicht auf Anhieb. Dann murmelte er etwas vor sich hin, das Anne nicht verstand.
„Was?“
fragte sie.
„Ich habe gesagt, es ist damals etwas schreckliches passiert. Ich musste sofort daran denken, als ich Euch in der Kathedrale gerettet habe… Das ist allerdings schon ein paar Jahre her. Und ich möchte nicht mehr darüber reden.“ bemerkte er Isabelle konnte ich nicht helfen, aber wie gesagt – Euch werde ich beschützen. Und jetzt lasst uns nicht mehr darüber sprechen.“
Anne wollte noch etwas sagen, aber im gleichen Moment zog er sie plötzlich vorsichtig an sich..
„Sagt jetzt nicht, ich würde es übereilen, Anne, … aber ich muss Euch etwas fragen.“