So, Fortsetzung folgt! Die erste.
Denn weil morgen eigentlich ein guter Tag für noch eine Fortsetzung ist - so wie der 03.03. ein guter Tag für eine Eli-Fortsetzung war), gehts morgen auch schon wieder weiter...
Danke wiedermal allen vier Leserinnen!
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Für Richelieu war das Thema jedoch erledigt. Er bedeutete Milady, ihm zu folgen und es ging wieder zurück in sein Arbeitszimmer.
„Also, lasst uns gleich zur Sache kommen. Bloß keine überflüssige Zeit verlieren. Was habt Ihr Euch gedacht, wobei ich Euch möglicherweise behilflich sein kann, Eure Eminenz?“ fragte Milady sofort, um sich selbst von den dunklen Gedanken über das bedauernswerte Schicksal von Nadine abzulenken.
Der Kardinal stellte erst einmal in aller Ruhe zwei Gläser und eine Rotweinflasche auf dem Tisch ab. „Für den Fall, dass eine Einigung zustande kommt, dann können wir anstoßen. Ich werde kein Schlafmittel oder Gift hineinmischen. Ich hoffe nämlich auf einen friedlichen Verlauf dieser Unterredung.“
„Ich ebenfalls“, erwiderte Milady. „Also?“
- „Ich muss etwas weiter ausholen. Die Lage in Frankreich ist schwierig, und da Ihr die letzten Jahre in England verbracht habt, erkläre ich es Euch besser alles genauer, damit Ihr versteht…“
Er begann mit einer langen Abhandlung über die politischen Geschehnisse im Land, die Milady nun überhaupt nicht interessierten. Sie wünschte sich fast, sie hätte schon von dem Wein trinken können und es wäre doch Schlafmittel darin gewesen. Denn wahrscheinlich würde sie dieser langweilige Bericht irgendwann einschläfern. Er sollte sich kurz fassen und ihr sagen, was er gemeint hatte. Schließlich konnte sie sich ein Gähnen nicht verkneifen.
„Langweile ich Euch etwa?“
fragte Richelieu.
„Keineswegs. Ich bin nur müde. Es ist ja schon spät.“
- „Dann kürzen wir das ganze doch einfach ab. Lange Rede, kurzer Sinn, in der Tat. Eigentlich braucht Ihr gar nicht so viel zu wissen, bis auf eines. Der König ist unfähig. Dieses Land ist reif für eine Zeit der Veränderung.“
„Eine Veränderung?“
wiederholte Milady. Das war jetzt doch etwas zu schnell gegangen.
„Richtig. Dem steht aber nur eines im Weg… Ich habe ja eigentlich praktisch die Macht schon in der Hand. Seine Majestät zweifelt meine Entscheidungen nicht an, im Gegenteil, er sagt mir immer wieder, wie froh er ist, einen Ersten Minister zu haben, dem er vertrauen kann und hinter dessen Entscheidungen er steht, … wahrscheinlich weil er es selbst nicht besser weiß.“
Richelieu lachte und schenkte sich jetzt doch schon einen Wein ein.
„Wenn da nur nicht Ihre Majestät wäre, die Königin. Anna von Österreich. Sie ist der Störfaktor. Sie muss nur irgendwie aus dem Weg geräumt werden. Denn dann würde dem König niemand mehr ins Gewissen reden. Dann könnte ich ihm auch einen gewissen Gnadenbeschluss vorlegen, den er unterzeichnen würde nur wenn ich es ihm sage… der ja eigentlich schon unterzeichnet ist, nur in einem Punkt scheitert die Rechtskraft… dieser Bann wird nicht aufgehoben…“
Er schob das Weinglas Milady entgegen und füllte ein zweites.
„Versteht Ihr?“
- „Ich denke schon, Eure Eminenz. Im Moment würde sich vermutlich die Königin möglicherweise für die Beschlüsse interessieren und dem König möglicherweise überflüssige Fragen stellen… was der Hintergrund dieses Beschlusses ist… um wen es sich genau bei der Verurteilten handelt…“ Sie nahm das Weinglas und schaute nachdenklich auf die rote Flüssigkeit, dann trank sie.
„Das wäre schrecklich, oder?“ fragte Richelieu. „Nicht auszudenken. Möglicherweise würde sie sogar noch die alten Prozessakten sehen wollen… die ich selbst unter Verschluss halte… um Euch zu schützen…“ Er trank aus seinem eigenen Glas und lächelte wieder das verschlagene Lächeln. Milady erwiderte dieses. Ihr war jetzt einiges klar. Beschlüsse konnten nicht teilweise genehmigt werden. Sonst hätte es der Kardinal bestimmt längst getan. Und Ihre Majestät stellte zu viele Fragen wenn sie mitbekam, dass eine wichtige Entscheidung anstand…
„Sie muss aus dem Weg geräumt werden.“ wiederholte Milady das, was er bereits zuvor gesagt hatte. „Dann erst kann meine Ehre vollständig wiederhergestellt werden.“ Sie trank erneut von dem Wein. Ein Gedanke ließ sich nicht abschütteln.
„Aber, Eure Eminenz, ich habe da eine Frage. Könnt Ihr als Erster Minister, der ja auch für das Rechtssystem zuständig ist, eigentlich nicht eine Gesetzesänderung erlassen, damit Gnadenbeschlüsse auch teilweise genehmigt werden können?“
„Das wäre doch zu einfach, oder?“
Natürlich, er ist ja froh, dass er die Macht über mich hat. Warum sollte er es mir so leicht machen?
„Aber gemeinsam werden wir das alles schon in absehbarer Zeit schaffen. Uns hält nichts auf. Ich präzisiere – uns kann gar niemand aufhalten. Unendlich weit… Die Zukunft ist unendlich weit… ich kann es schon vor mir sehen… wir werden das beste Team sein.“ Der Kardinal sah mit einer ähnlich nachdenklichen Miene abwechselnd in sein Weinglas und in ihre Richtung wie Milady wenige Augenblicke zuvor.
„War Eurerseits nicht erst beabsichtigt, dass Eure Nichte Euch hilft?“ fragte Milady als nächstes. „Sie hatte mir erzählt, Ihr hättet sie nach Paris befohlen, weil sie Euch bei einer Angelegenheit helfen soll…“
„Das stimmt“, gab ihr Richelieu Recht „ich hatte tatsächlich einen Plan, der darin bestand, sie als eine der Zofen der Königin an den Hof zu bringen, damit sie dort die Augen aufhält… aber eigentlich habe ich ihr diese Aufgabe gar nicht zugetraut. Ich war mir sicher, dass sie sich irgendwann verrät…“
Milady wartete. Sie hatte eigentlich gedacht, er würde noch etwas sagen.
„Und?“
versuchte sie dann, ihn zum Weiterreden zu bringen.
„Was und?“
stellte der Kardinal eine Gegenfrage.
Sie rechnete schon wieder damit, dass das wieder Absicht war um sie dazu zu bringen, etwas zu sagen, aber im gleichen Moment fuhr er fort: „Ihr wollt wissen, warum ich Euch den Vorschlag gemacht habe, hier zu bleiben und mir anstelle von Nadine zu helfen?“
Milady nickte nur und trank von ihrem Wein.
„Ich habe es schon ein paar Mal gesagt. Ich mache mir Sorgen. Und wenn ich mir diese Entführung so ansehe, sind diese berechtigt… Ihr mögt mir den Zusammenbruch nur vorgespielt haben, ich habe allerdings jedes Wort ernst gemeint. Ihr seid mir wichtig.“
Er behauptet es immer noch, dachte Milady bei sich.
„Sagt das nicht“, wehrte sie ab. „Wagt es nicht, so etwas noch einmal zu behaupten, Eure Eminenz. Ich kann Euch das einfach nicht glauben.“
„Aber wenn es nun mal doch stimmt… es trifft mich jedes Mal schwer, wenn Ihr so ablehnend seid.“
Was redet er denn da? Will er mich dadurch etwa irgendwie verwirren, wenn er ständig solche Behauptungen aufstellt? Milady konnte nur den Kopf schütteln vor Fassungslosigkeit. „Entschuldigt mich einen Moment…“
„Milady?“
Richelieu sah sie fragend an, aber da war sie auch schon aufgestanden und aus dem Zimmer gestürmt.
Sie rannte Milady den Gang hinunter als wäre sie auf der Flucht, aber dieses Mal kümmerten sich die Wachen nicht um sie. Erst als sie den ganzen langen Gang hinuntergelaufen war, blieb sie stehen und lehnte sich gegen die Wand, um erstmal tief durchzuatmen. Was war das denn nur wieder gewesen? Sie hatte erneut das Gefühl gehabt, weglaufen zu müssen. Als wäre sie erst 15 und nicht 26…
„Milady de Winter?“
fragte plötzlich eine Stimme. „Was ist denn passiert?“
Es war Nadine Chauvistré, und dieses Mal sah sie besorgt drein.
„Ihr seid es.“
„Ja.“ Nadine nickte heftig. „Ich habe gehört wie ihr über den Gang gerannt seid und, da ich ohnehin nicht schlafen kann, dachte ich schaue einmal nach was los ist. Ich kann zwar nichts ausrichten, aber vielleicht braucht Ihr jemanden zum Reden. Alles in Ordnung?“
Milady nickte.
„Ja, mehr oder weniger.“
„Was hat der Fiesling in Rot angestellt?“ fragte Nadine unbeirrt weiter.
Ihr schlechtes Gefühl ließ sich einfach nicht abschütteln.
„Nichts. Es war anders als bisher, nichts ist mehr so wie es mal war… Irgendwie sind mir die Regeln seines Spieles nicht mehr klar.“ Milady dachte nach. „Ich dachte, ich hätte ihn verstanden, jetzt steh ich wieder da und frage mich, was in ihm vorgeht. Vielleicht hat er Recht und es ist zu spät.“
Nadine verstand nicht.
„Wofür zu spät?“
- „Zu spät, um zurückzusehen. Zu spät für einen Racheplan. Was bringt es, ihm lange die Fehler der Vergangenheit vorzuwerfen? Was bringt es, auf Rache zu sinnen? Wenn ich dafür sorge, dass er leidet, wird er mich nie von meinem Schandmal befreien. Ich muss ihn vielmehr gnädig stimmen. Ihm helfen. Wenn Seine Eminenz seine Ziele erreicht hat, wird er dafür den Schatten meiner Vergangenheit auflösen.... Deshalb halte ich ihn besser nicht mehr auf. Es ist Zeit für eine Veränderung.“
Ungläubig schüttelte Nadine den Kopf. Sie konnte nicht glauben was sie hörte.
„Wie war das?! Es ist doch noch gar nicht so lange her, da habt Ihr den Kardinal noch für größenwahnsinnig gehalten!“
„Ja, aber das war mal. Ich war zu lange von Rache besessen, aber meine Lage ändern kann ich dadurch wie gesagt nicht. Und nach allem was war, war es auch naiv von mir zu glauben, dass ich mein zweites Ziel erreichen werde.“
„Was denn? Ihr habt immer nur von der Wiederherstellung Eurer Ehre gesprochen.“
Nadine war noch mehr überfragt als vorher.
„Na ja, dass ich meine erste und einzige wahre Liebe zurückgewinne. Er hat mich verstoßen als er erfahren hat, was geschah, bevor ich ihn kennen gelernt habe. Ich hatte mir gesagt, wenn ich jemals wieder zurückkehre, möchte ich ihn finden, strahlend vor ihm stehen und ihn nie mehr gehen lassen. Dann werde ich alles mit ihm teilen…“
„Mir dem Kardinal?“
- „Aber nein.“ Milady musste gegen ihren Willen lächeln, obwohl sie Nadine lieber einen Dummkopf gescholten hätte. Ihre nachdenkliche Miene war einem verträumten Gesichtsausdruck gewichen. Der Gedanke an ihre erste große Liebe ließ sie allen Ärger vergessen. „Mit meinem ein und alles. Meinem Stern der Hoffnung.“
„Stern der Hoffnung?“
wiederhole Nadine.
„So habe ich ihn genannt. Und ich war sein Engel aus Kristall…“