Danke euch beiden für die Kommentare. Wer weiß, was aus Nora wird „Ich bin total nervös.“, flüsterte mir mein Freund am Abend der Abschiedsgala ins Ohr. „Und ich erst!“, bestätigte ich sein Gefühl. „Ist geteilte Nervosität auch halbe Nervosität?“, wollte ich von ihm wissen. Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube das ist dann doppelte Nervosität.“, meinte er mit einem leichten Zwinkern.
Er war schon den ganzen Tag ziemlich traurig gewesen. Seine letzte Vorstellung lag nun eine Stunde zurück und wir hatten unsere Tränen, die keiner mehr aufhalten konnte, langsam wieder getrocknet.
„Jetzt wird es gefährlich, meine Damen und Herren.“, hörte ich Bob sagen. „Halten Sie sich fest und erleben Sie nun das Gefährliche Spiel, das bald auf der Essener Bühne heimisch sein wird, heute mit unserem Mozart Leon und seiner Partnerin Norina.“, kündigte er uns an.
Leon drückte meine Hand fester und schaute mir in die Augen. „Wir schaffen das.“, machte ich ihm Mut. Er nickte mir zu und ich schritt langsam auf die Bühne, wobei er mir ebenso langsam folgte.
Ich fühlte mich in dem kurzen, roten Kleid, das ich trug, nicht sonderlich wohl, aber das gehörte wohl dazu. Die Musik setzte ein, Leon berührte meinen Arm und ich begann zu singen: „Ich fühl Berührung, fühl sanfte Führung…“
Alles lief wie geplant und die Luft war zum Zerreißen gespannt, es knisterte mehr denn je zwischen uns. Seine Augen sagten in diesem Moment wirklich mehr als tausend Worte, es war einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Schließlich endeten wir: „Alles ist wie so viel… ein gefährliches Spiel.“
Er schaute mir tief in die Augen und ich wusste, dass auch unser weiteres Leben ein gefährliches oder wenigstens schwieriges Spiel werden würde, bevor er mich zum Abschluss küsste und wir zusammen von der Bühne verschwanden.
Ich vernahm den tosenden Applaus nur am Rande, zu sehr war ich noch von diesem Lied gefangen.
„Das war echt ein gelungenes Spiel.“, lobte uns Rolf und riss mich gleichzeitig aus der Art Trance, in der ich mich noch befunden hatte. „Danke.“, erwiderte ich, bevor er selbst auf die Bühne ging, um den Jekyll and Hyde Teil zu beenden.
„Ich muss mich jetzt für den Mozart-Teil umziehen.“, erklärte ich Leon und verschwand. Eigentlich hatte ich noch sehr viel Zeit bis ich wieder auf die Bühne gehen musste, aber er sollte nicht sehen, dass ich wieder mit den Tränen zu kämpfen hatte.
Dieser Song war in irgendeiner Weise aufwühlend gewesen und hatte mir verdeutlicht, wie schwer es werden würde die nächste Zeit ohne meinen Freund auszukommen. Alles würde sich ändern, wie viel wusste ich zwar an diesem Abend noch nicht, aber die Tatsache, ihn nicht mehr so oft zu sehen, genügte mir zu diesem Zeitpunkt allemal, dass mir die Tränen erneut in die Augen stiegen.
„Hey, ihr ward echt gut.“, ließ Svenja fröhlich verlauten, als sie kurze Zeit später in die Umkleide stürzte. Sie blieb abrupt stehen, als sie mich sah. „Was ist denn mit dir los?“, wollte sie nun wissen. „Ich weiß einfach nicht, wie es weitergehen soll, wenn ich Leon kaum noch sehe.“, gab ich zu. „Ich hab bei dem Lied wieder gemerkt, wie sehr mir das alles fehlen wird und natürlich besonders er.“ – „Ach Süße, du kannst ihn doch trotzdem noch sehen.“, versuchte sie mich zu trösten.
Svenja setzte sich neben mich und strich mir die durch die Tränen verwischte Schminke aus dem Gesicht. „Versuch einfach dran zu denken: Irgendwo wird immer getanzt und zur Not bei mir. Du weißt, dass du auch hier weiterhin gern gesehen bist, wenn du Sehnsucht nach Theater hast.“, wollte sie mich aufmuntern. „Ich weiß.“, gab ich leise von mir. „Aber ohne Leon und Mozart ist das auch nicht mehr das selbe.“ Und wieder traten mir die Tränen in die Augen.
„Deine grünen Augen machen sich nicht besonders gut, wenn sie in Tränen schwimmen.“, wollte Svenja die Situation auflockern. „Ich weiß.“, entgegnete ich abermals und wischte mir die letzten Tränen energisch aus dem Gesicht, wobei ich tief durchatmete. „So ists gut.“, meinte Svenja. „Jetzt lass mich dir mal neues Make-up auftragen. Wir müssen ja gleich im schönsten Glanz von Constanze auftreten.“ Schon begann sie meinem Gesicht neue Farbe zu geben.
Unser Duett war das erste Lied im zweiten Teil und ein voller Erfolg. Ich hatte mein Lachen und den Spaß wieder gefunden und es hat uns beiden einfach nur Freude gemacht, endlich zusammen vor Publikum zu spielen und zu singen.
Zum Schluss hatten wir beide tatsächlich eine Blume, wenn auch eine echte, im Haar und tanzten über die Bühne. Es war ein gelungenes Spektakel und als Abschluss umarmten wir uns überschwänglich. Es tat so gut jemanden wie Svenja als Freundin zu haben. Sie schaffte es immer wieder mich aufzubauen.
Der restliche Abend verlief mit gemischten Gefühlen. Es machte allen unglaublich viel Spaß und das Publikum ging echt total gut mit, aber der Gedanke an den nahenden Abschied und die Tatsache, dass Leon schon am nächsten Tag gehen würde, hing wie ein dunkler Schleier über allem und am Schluss kullerten wieder über alle Wangen Ströme von Tränen.
„Du wirst uns fehlen.“, sagte Sarah zu ihm, während sie versuchte ihre Tränen zu trocknen. Wir saßen alle noch ein wenig im Theater. Leon selbst brachte kaum noch ein Wort heraus. Er war immer stark, doch auch ihm liefen die Tränen über die Wangen.
„Wir kommen dich in Berlin besuchen.“, versicherte Svenja zwischen zwei Schluchzern und auch Adrian, dessen Augen als einzige trocken blieben, der aber sehr traurig drein schaute, nickte.
So ging es noch einige Zeit weiter, bis wir uns endgültig verabschiedeten und Leons restliche persönlichen Gegenstände mit aus seiner Garderobe nahmen.
Die restliche Nacht war gar nicht an Schlaf zu denken, wir waren viel zu traurig und vom Abschiedsschmerz eingenommen. Wir saßen auf dem Sofa, da sein Bett und viele andere Möbel schon den Weg nach Berlin angetreten hatten, bis die Sonne aufging und es auch für uns Zeit war Abschied zu nehmen.
„Ich rufe dich sofort an, wenn ich in Berlin angekommen bin.“, versicherte er mir erneut unter Tränen. Ich nickte. „Du musst so oft kommen, wie du nur kannst.“, fuhr er fort. „Das werde ich.“, bestätigte ich ihm mit erstickter Stimme. Ich holte meinen Schlüsselanhänger heraus und flüsterte: „Egal welche Entfernung uns auch trennt, er wird dich an mich erinnern.“ Der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht, wobei ich merkte, dass er selbst seinen Anhänger umklammerte. Dann gab er mir einen letzten Kuss und ich musste mal wieder in den Zug steigen. Dieses Mal wusste ich allerdings nicht, wann ich ihn das nächste Mal sehen würde.
~*Niemand nimmt mir meine Träume und schließt meine Sehnsucht ein, wo es Liebe gab und Freiheit wird mein Herz für immer sein*~