Was habe ich mich darauf gefreut endlich wieder Les Mis zu sehen. Um es vorweg zu sagen. Ich wurde nicht enttäuscht (bis auf eine Ausnahme). Wir sind im Regen losgefahren und hatte schon befürchtet, dass es ein feuchter Abend werden würde, aber Petrus hatte ein Einsehen und es wurde im Lauf des Tages immer sonniger und wärmer. Als wir zum Domplatz kamen bot sich uns ein imposanter Blick auf das Bühnenbild mit dem Dom im Hintergrund. Das Bühnenbild war ein vorne offener runder Holzbau von dem man zwei Elemente verschieben konnte. Dabei boten sich immer wieder neue Perspektiven in einzelne Zimmer, z. das Cafe der Studenten oder Fantines Zimmer. Ein besonderes Highlight war der illuminierte Dom und besonders am Ende des ersten Akts die riesige Tricolore, die zwischen den beiden beweglichen Teilen entrollt und von hinten beleuchtet wurde, sodass die Schatten der Aufständischen auf der Fahne zu sehen waren. Zu Beginn des zweiten Aktes kam zweimal ein Soldat auf einem Pferd auf die Bühne geritten und bei der Hochzeit von Cossette und Marius gab es Glitzerfontänen und Böller. Nach dem Gefecht der Aufständischen mit den Soldaten war die ganze Bühne in ein Nebelmeer gehüllt. So was geht halt nur Open Air, toll.
Dadurch, dass die Generalprobe den Tag vorher wegen sintflutartiger Regenfälle ausgefallen war, gab es hier und da ein paar kleine technische Pannen, die aber nicht der Rede wert sind. Nun zu den Darstellern:
Valjean - Thomas Borchert: eine tolle Leistung. Stimmlich toll, darstellerisch mit Luft nach oben, hat er mir gut gefallen. Kleine Kritik am Rande, betrifft aber eher die Maskenbildner: er sah im zweiten Akt (bis auf die Schlußszene) genauso aus wie zu Beginn. Ist er in den Jungbrunnen gefallen, oder warum ist er nicht gealtert ? Sonst gab es absolut nichts an ihm auszusetzen. Ich fand ihn klasse.
Javert - Markus Liske: er war ein richtig guter Gegenspieler von Valjean. Stimmlich und vor allem darstellerisch absolut überzeugend, besonder "Sternen" hat mir gut gefallen. Eigentlich fand ich ihn besser als Borchert.
Fantine - Bettina Mönch: Wow, Wahnsinn, da fehlen mir die Worte um Ihre Leistung zu beschreiben. Sie war von allen die Beste. Ich hab' von ihr ja vorher Bilder gesehen, aber ich glaube sie hat für diese Rolle unglaublich Gewicht verloren. Wie sie in ihrem dünnen Nachthemd und mit den geschorenen Haaren auf der Bühne stand, hätten ihr wohl nicht wenige etwas zu Essen rübergeworfen. Ein besonderer Moment war ihr "Ich hab' geträumt vor langer Zeit", das ich so emotional noch nicht gehört habe. Da haben nicht wenige Zuschauer ein paar Tränen verdrückt. Wie gesagt, die Beste von allen an diesem Abend.
Eponine - Christina Patten: sie fand ich fast so gut wie Bettina Mönch. Sie hat toll gespielt und ihr "Nur für mich" war sehr gefühlvoll. Sie hat diese Rolle richtig gut ausgefüllt.
Marius - Oliver Arno: von den männlichen Darstellern für mich der Beste. Perfekt sein Spiel und Gesang bei "Dunkles Schweigen an den Tischen". Er hat Cossette regelrecht angehimmelt, so verliebt war er. Oliver hat wirklich eine schöne gefühlvolle Stimme.
Cosette - Teresa Sedlmair: für mich, und auch alle mit denen ich auf der After Show Party gesprochen habe, die Enttäuschung des Abends. Ihr Gesang war sicherlich gut und ihre Stimme ist auch gut ausgebildet. Aber doch nicht für ein Musical. Auf einer Opernbühne wäre sie viel besser aufgehoben als beim Musical. Aber diese Kritik geht wohl eher an diejenigen die diese Rolle mit ihr besetzt haben. Auch ihre Bewegungen waren viel zu hölzern und zu statisch. Beim Duett mit mit Marius tat mir Oliver Arno richtig leid. Er hat sie so sehr angehimmelt und von ihr kamen überhaupt keine Gefühle zurück. Sehr schade.
Enjolras - Marc Lamberty: ihn fand ich auch klasse. Er hat eine ähnlich samtige Stimme wie Oliver Arno. Ich fand besonders "Rot und Schwarz" sehr bewegend.
Gavroche - Sandra Pangl: Überraschung. Nicht von einem Jungen, sondern von einer jungen Frau besetzt. Das war keine schlechte Idee. Sie hat die Rolle gut gespielt.
Thénardier - Peter Wittig: hatte rollenbedingt die meisten Lacher. Stimmlich jetzt nicht so besonders, bot er aber eine komödiantisch gute Leistung.
Fazit: es lohnt sich unbedingt nach Magdeburg zu fahren und sich das Stück anzuschauen. Mit der einen Ausnahme ist das Stück in allen Rollen sehr gut besetzt. Bettina Mönch allein ist schon den Besuch wert. Ganz große Emotionen und Gänsehaut ist garantiert bei "Morgen schon" am Ende des ersten Aktes. Und der illuminierte Dom im Hintergrund bietet eine einzigartige Kulisse. Also