Der Film hat schon seit Jahren bei mir absoluten Kultstatus und ich kann mittlerweile so gut wie jede Zeile mitsprechen. Hape Kerkelings bester Film meiner Meinung nach. Ich liebe den lustischen Glückshasen, ich liebe die Glücksmelodie...auf dem DVD-Audiokommentar meinte er schon er hätte durchaus Lust auf eine Fortsetzung-umso heißer war ich dann darauf, die Umsetzung als Musical zu erleben. Leider habe ich die Zeit mit Dirk Bach (RIP *schnüff*) verpasst. Als ich auf der Homepage aber gelesen habe, dass ausgerechnet Achim Mentzel (bekanntgeworden durch Kalkofes Mattscheibe) vor der Sommerpause ein limitiertes Engagement als Heinz Wäscher gibt war mir sofort klar dass ich das Stück endlich sehen muss. So besorgte ich mir noch eine PK5-Karte für den 26. Juli.
Meine Besetzung:
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Dämliche Monitore. Wie man sieht hab ichs ziemlich gut getroffen, fast alle Erstbesetzungen. Sehr gespannt war ich auf Enrico de Pieri, Achim und Reinhard Brussmann, der mir als Valjean und Javert aus seligen Les Mis-Zeiten natürlich vertraut war. Wer den Film kennt weiß ja dass der Regisseur von "WKKG" mit Helmut Weinzierl in der Besetzung ebenfalls aus Österreich kommt und somit war Reinhard die Idealbesetzung für die Rolle. Aber zur Cast komme ich noch.
Im Foyer erstmal Programmheft gekauft, was mich etwas enttäuscht hat. Keine aktuellen Besetzungsinlays, kein Hinweis auf Achim als "Special Guest". Gerade sowas macht doch einen Musicalbesuch persönlich. Naja, da hinkt die deutsche Musicalszene halt mal wieder hinterher.
Am Eingang dann die erste Überraschung des Abends, Meine Karte wurde upgegradet. Aus PK5 wurde somit PK2 mittig. Das nenn ich mal ne Verbesserung!
So sah das vor Beginn aus:http://i45.tinypic.com/244qpmq.jpg
Ein gigantischer Retro-Fernseher, der sogar eine Aufgabe hatte. Schöne Idee.
Kurz zum Inhalt: Bottrop in den späten 80ern. Peter Schlönzke, Sympathischer Niemand aus dem Ruhrgebiet wohnt bei seiner Familie (Mama, Oma, Opa), arbeitet im Familienbetrieb und träumt davon ein Fernsehstar zu werden, am liebsten in der großen Samstagabendshow "Witzigkeit kennt keine Grenzen", jahrelang schon moderiert von TV-Star Heinz Wäscher. Peters Traum erfüllt sich, doch aus dem Traum wird schnell ein Alptraum und die glitzernde Scheinwelt des Fernsehens saugt ihn ein...
Das Stück an sich: Über die Inszenierung kann man echt nicht klagen. Ein tolles Bühnenbild (mit Drehbühne!), schöne Sets, stimmungsvolle Ausleuchtung, viele Ebenen aber dabei auch nicht zu überladen. Sei es der elterliche Betrieb, die Fernsehstudios oder auch Bottrop-"Beach", die Szenenwechsel sind rasant und flüssig. Großes Kompliment, davon war ich schwer begeistert. Dazu einige wirklich gut dargebrachte Choreographien im Stile des klassischen Fernsehballets. Die Band ist ziemlich klein, hat dafür aber einen fantastischen Sound hergezaubert. Als sie später auf der Bühne standen war ich wirklich baff wie wenig das doch waren. Das Ensemble war sehr spielfreudig und hatte sichtlich Spaß bei der Arbeit. Auch das Publikum wird einbezogen, denn wir sind ja hier beim Fernsehen! So wird bei der "Aufzeichnung" von "WKKG" kurzerhand die vierte Wand durchbrochen und aus dem Theaterpublikum wird das Fernsehstudiopublikum, inklusive vorherigem Warm-Up. Schließlich muss man ja wissen wann man klatschen muss.
Gelungene Idee!Die Songs...naja. Da darf man nicht allzugroßes erwarten. Außer den bekannten Ohrwürmern und ein, zwei schmissigen Nummern mit Ulla blieb da nichts allzugroßes im Ohr. Die Highlights-CD fasst das schon ganz gut zusammen, das Stück lebt eher vom visuellen und den Schauspielern. Ah, das ist das richtige Stichwort.
Die Cast:
Im großen und ganzen war ich sehr zufrieden. Das hatte Schwung, Elan und Pep was die Cast da auf der Bühne veranstaltet hat. Einige muss ich aber doch noch namentlich erwähnen...
Enrico de Pieri hat mich total überzeugt. Große Stimme, tolles Schauspiel. Da hat man wirklich eine Superbesetzung für die Rolle gefunden. Als Peter muss er ja einen ziemlich weiten Weg gehen, vom schüchternen Muttersöhnchen zum umjubelten und dann gefallenen Star. Einzig sein Wutausbruch "vor laufender Kamera" hat mich etwas enttäuscht, da es für meinen Geschmack zu verhalten war. Was aber seine Gesamtleistung nicht geschmälert hat.
Von Achim Mentzel hatte ich mir mehr erhofft. Nicht unbedingt vom gesanglichen, aber vom schauspielerischen. Gerade er als alter Fernsehhase müsste in der Rolle total aufgehen und aufblühen. Leider blieb der gute Achim weit hinter seinen Möglichkeiten. Er wirkte irgendwie gehemmt, was bei einer derart extrovertierten Rolle leider sehr schlecht ist. Ich hab mich im Vorfeld sehr von Heinz Schenks grandioser Darstellung im Film lossagen müssen damit ich das möglichst neutral sehen kann. Aber ich hatte eben keine Zweitbesetzung, keinen Nur-Musicaldarsteller in der Rolle, sondern eben jemanden, der seit über 30 Jahren im TV-Geschäft unterwegs ist. Und dafür wars mir zu wenig. Schade.
Begeistert war ich von Julia Lißel als Ulla. Umso erstaunter war ich, dass sie nicht die Erstbesetzung gewesen ist. Hätte ich nicht für möglich gehalten. Die hat echt abgerockt auf der Bühne, wow. Ein stimmlich super Duett mit Enrico, den sie an die Hauswand gesungen hat. Tolle Leistung!
Reinhard Brussmann hat mir auch den Abend mitgerettet, da er so ziemlich alle Erwartungen an ihn und seine Rolle erfüllt und übertroffen hat. Schön auch, dass er als Stimmdouble sein Operntalent beweisen darf.
Von den Hauptrollen war meine größte Enttäuschung jedoch Frank Bahrenberg als Opa Schlönzke. Nun ist der "Opa" im Film die Rolle mit den geilsten Sprüchen und eigentlich den größten Lachern und mit Dirk Dautzenberg unfassbar genial besetzt gewesen(Die Highlights aus dem Film von Opa Schlönzke). Das Musical hat ihm den gleichen Freiraum gelassen-nur die Sprüche haben null gezündet. Total pointenlos und gelangweilt vorgetragen. Gerade bei sooo ner schönen Rolle als grantelndem Besserwisser darf man mehr erwarten. Toll dagegen die weiblichen Mitglieder der Familie Schlönzke, sowohl vom Schauspiel als auch gesanglich.
Aber nun die alles entscheidende Frage. Hats mir gefallen? Die Antwort darauf: Jein.
Wie eingangs erwähnt, ich liebe den Film. Meinen Sitznachbarn ist das sogar aufgefallen, nach dem Motto "Sie sehen das auch nicht zum ersten Mal?" Doch hab ich-zumindest als Musical. Und das ist vielleicht das Problem. Denn das Musical ist der Film, nur als Bühnenstück mit Songs. Seeeehr wenig eigene neue Ideen. So wenig, dass ich jetzt spontan-bis auf "wie erzähle ich eine Filmgeschichte auf der Bühne" keine aufzählen könnte. Mein zweiter Negativpunkt: der Film ist von 1993 und seine Satire auf das Fernsehen damals war frech und ziemlich beißend. Doch wir haben nunmal nicht mehr 1993. Fernsehen ist viel grausamer geworden als damals-aber manches von damals gibt es auch heute, wie eben die großen Samstagabendshows. Am Musical jedoch ist die ganze Castingshowrotze und alles worauf man in "Kein Pardon" gnadenlos hätte draufschlagen können komplett vorbeigegangen. Allein das Hickhack um Wetten dass zeigt ja, dass man das locker hätte einbauen können ohne "WKKG" als Element der Show zu verlieren. So wird aus einer beißenden Parodie ein nostalgischer Retroblick auf eine Zeit, als es im Fernsehen noch Programmansagerinnen gab, das große Ballett mit Glitzerkostümen zum Standard gehörte und man noch in D-Mark gezahlt hat. Diese fehlende Aktualisierung ist meiner Meinung nach das größte Versäumnis des Kreativteams. Als Stück ist es gut-aber es bleibt eine Nacherzählung des Films. Mit Liedern. Dennoch ist es sehenswert und ich rate es jedem das zu tun, so lange es noch geht. Ach ja, und der Henne hat wieder gefehlt, aber das wär wohl eh nur ein Insider geworden...
