Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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Rascal
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Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon Rascal » 28.07.2012, 15:05:08

Endlich wieder Hairspray! Unglaublich, dass seit der Dernière in Köln schon wieder so viel Zeit vergangen ist!
Es war für mich eine harte Zeit, schließlich konnte ich fast 2 Jahre lang mein Lieblingsmusical nicht sehen. Aber
wenn es ausgerechnet in Tecklenburg gespielt wird und dann auch noch so eine tolle Cast auf der Bühne steht,
habe ich wirklich gerne gewartet.
Da es mein erstes Mal in Tecklenburg war (Asche auf mein Haupt, dabei ist es doch so nah!), habe ich mich erstmal
über die Bühne erschreckt. Auf Bilder wirkte sie immer viel größer, aber mit der Zeit konnte ich alles auf mich
wirken lassen und habe die Bühne als durchaus groß empfunden. Und wenn man über die Bühne hinausgeht, wirkt
sie dann doppelt so groß :whistle:
Das Stück ist sehr linkslastig, weil die Drehbühne dort als Gefängnis bzw. als Maybelles Club verwendet wird. Da wir
relativ weit links saßen, war das natürlich klasse.

Tracy Turnblad: Ilse La Monaca
Nachdem mich Maite und Jessica in Köln grenzenlos begeistern konnte, hatte ich etwas Angst,
dass mir Ilse als Tracy nicht zusagen könnte. Das war aber überhaupt nicht so. Stimmlich war
sie wirklich gut, obwohl (oder gerade weil) sie eine für Tracy eher ungewöhnliche Stimmfarbe hat.
Ihr Schauspiel ist noch recht ausbaufähig, besonders am Timing muss sie noch etwas arbeiten.
Außerdem wirkten einige Stellen noch recht aufgesetzt, aber das wird sich sicher schnell geben.
Ich weiß nicht, ob das von der Regie herrührt, aber die Tecklenburger Tracy kann nicht sooo
gut tanzen wie die Kölner Tracys. Wo Maite und Jessica richtig gefetzt haben, blieb Ilse
recht sparsam oder wirkte teils übertrieben. Das Übertriebene passte meiner Meinung nach lediglich
beim Nachsitzen und dementsprechend beim Madison.
Insgesamt fand ich sie aber gut und würde sie sehr gerne wieder sehen!

Edna Turnblad: Andreas Lichtenberger
Edna ist bekanntermaßen kein Kinderspiel, da es eine komische Rolle ist, die dennoch ernsthaft
gespielt werden muss, weil es sonst in Klamauk oder Travestie abrutscht.
Andreas ist optisch (!!) gar nicht mein Fall, was aber auch an der überzogenen Schminke liegen könnte.
Dafür hat er im Schauspiel und im Gesang einiges wettmachen können. Besonders der Gesang hat mir
sehr gefallen. Er hat zwar nicht die Tiefe, die Tetje komödiantisch einzusetzen wusste, aber im Gegensatz
zu Uwe Ochsenknecht, welcher die Hälfte eigentlich nur gesprochen hat, hat er wirklich gesungen,
und das sogar gar nicht so schlecht.
Er war sehr gelassen und hat nicht krampfhaft versucht, lustig zu sein. Dadurch wirkte seine Rolleninterpretation
und das gesamte Schauspiel sehr stimmig.

Wilbur Turnblad: Mathias Schlung
Mit Wilbur tue ich mich nie schwer, aber als ich von Mathias in dieser Rolle gehört habe, musste ich erstmal
schlucken. Zwar ist er bekanntermaßen ein guter Komiker, aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie er
diese Rolle ausfüllen wollte.
Er hat mich durchweg positiv überrascht! Die Rolleninterpretation ist erfrischend anders, auch wenn ich nicht
genau sagen kann, was daran neuartig war. Gesanglich fand ich Mathias wirklich klasse, aber sein Schauspiel
hat mich einfach nur geflasht. Und das als Wilbur, das will was heißen!

Penny Pingleton: Jana Stelley
Jana war natürlich einer der Gründe, warum ich nach Tecklenburg fahren wollte. Schließlich ist sie meine
absolute Lieblingsdarstellerin und hat hier ihre Paraderolle gespielt.
Egal, was diese Frau macht, sie kann es einfach! Diese Spielfreude ist für mich bisher unerreicht.
Als Penny hat sie wiedermal alles ausgespielt, was es auszuspielen gab und hat mich stimmlich auch wieder
sehr überzeugt. Leider ist sie mit dem Ensemble noch nicht sonderlich eingespielt, weshalb ihre Pointen
leider ziemlich untergingen.

Corny Collins: Michael Ernst
Michael war total in der Roller! Da saß jede Bewegung, jeder Satz, jeder Gesichtsausdruck.
Er war vielleicht ein wenig jung für die Rolle, aber eigentlich hat das an keine Stelle gestört,
weil er wirklich super gut war!

Link Larkin: Nicky Wuchinger
Die Rolle Link ist mir absolut unsympathisch, aber dafür war Nicky durchaus angenehm.
Er hat mir die Rolle zwar nicht sonderlich näher gebracht, aber immerhin war er nicht schlecht.

Amber von Tussle: Maja Sikora
Eine herrliche Amber! Richtig zickig und überzogen, vom angeekelten Blick
bis zum spottenden Kichern saß alles perfekt. Leider war ihre Stimme besonders am
Ende eher angestrengt, sodass mich ihr Gesang nicht ganz so überzeugt hat.
Ihr Zusammenspiel mit Kerstin hat mir besonders gut gefallen.

Velma von Tussle: Kerstin Marie Mäkelburg
Nachdem Nicole Berendsen in Köln eine Velma gespielt hat, auf die sogar manche Broadway-
Besucher Lobhymnen gesungen haben, musste Kerstin wirklich einiges leisten.
Leider fand ich sie ZU übertrieben und auch ihre Stimme blieb mir nicht positiv im Gedächtnis.
Zwar gab es ein, zwei Stellen, die mir gefallen haben, aber leider gefiel mir ihre Interpunktion
und ihre Stimmfarbe gar nicht.

Motormouth Maybelle: Amanda Whitford
Endlich eine Maybelle, die man versteht! Sie hat so eine warme, herzliche Ausstrahlung,
dass man sie einfach lieben MUSSTE. Grandios fand ich auch ihre Stimmme. In "Big, blond und blendend"
(vormals: Breit, blond und blendend) konnte sie mir schon eine Gänsehaut verpassen, aber
bei "Ich weiß, wo ich war" musste ich mich schon stark zusammenreißen. Das liegt auch daran, dass
bei der Kölner Dernière die gesamte Cast und so ziemlich das gesamte Publikum geweint haben und ich
dieses Lied unweigerlich mit einer weinenden Cast verbinde.
Jedenfalls hat Amanda mich schlichtweg umgehauen und gezeigt, dass sie durchaus mit Deborah Woodson
mithalten kann, da sie mehr Gewicht auf Liedinterpretation als auf Stimmgewalt setzt. Debbie hat
mich in Köln zwar aus den Puschen und aus dem Sessel gehauen, aber waren ihr Schauspiel und ihre
Interpretation bei weitem nicht so stark. Es war schön, mal Motormouth Maybelle ganz anders zu entdecken.

Seaweed J. Stubbs: Gino Emnes
Mit den männlichen Rollen habe ich es in Hairspray nicht wirklich. Gino war mir allerdings von Anfang
an sympathisch und mal nicht so ein Spargeltarzan, wie es bei Seaweed oft der Fall ist.
Er hat eine schöne, kräftige Stimme, die es mir sehr angetan hat. Sogar sein Tanzen hat mir gefallen,
obwohl ich Seaweed's Tänze noch nie gemocht habe. Durchaus sehenswert!

Inez: Walesca Frank
Leider wurde diese Rolle ziemlich "hängen gelassen", sodass Walesca nicht zeigen konnte, was
sie kann. Allerdings hat sie sich sehr viel Mühe gegeben und konnte mich in ihren wenigen
Momenten sehr überzeugen.

Mr. Pinky / Mr. Spritzer u.a.: Eric Minsk
War das wirklich der Eric, den ich kenne? Unter der Regie von Andreas Gergen wirkte die Rollen
ganz anders als ich sie kenne. Ich habe es richtig toll gefunden, ihn wieder zu sehen, da ich
die kleinen Mehrfach-Rollen total mag. Ihm habe ich wirklich alles abgenommen und es genossen,
ihm zuzusehen.

Prudy Pingleton: Anne Welte
Anne spielt die Prudy (regiebedingt?) noch etwas stereotyp und konnte die Wandlung am Ende
des Stückes nicht so überzeugend umsetzen. Sie hat mir zwar gefallen, aber ihr Schauspiel war
als Prudy noch etwas unausgewogen. In den anderen Rollen (besonders als Sportlehrerin) hat
sie mich dafür sehr überzeugt!

Brad: Jürgen Strohschein
Red: Hakan T. Aslan
Sketch / Stooie: Kevin Foster
IQ: Andrew Hill
Fender: Rupert Markthaler
Gilbert: Jaime Rodney
Thad: Fernando Spengler
Duane: Julius Williams III.
Lou Ann: Elena Zvirbulis
Tammy: Marthe Römer
Trix: Jane Reynolds
Brenda: Yael de Vries
Shelley: Lucy Costelloe
Lorraine: Vanessa Atuh

Peaches: Denise Obedekah
An Denise als Dynamite musste ich mich noch etwas gewöhnen, da ich sie nur als Inez kannte.
Doch hatte sie hier die Möglichkeit, die Stimme gut einzusetzen und einmal zu beweisen,
dass sie eine ganz tolle Stimme hat!

Pearl: Gina Marie Hudson
Cindy: Andrea Sanchez del Solar
Diese beiden haben mich ebenfalls sehr überzeugt. Sie haben ebenfalls sehr starke Stimmen und
würden mir mit etwas mehr auf den Rippen vielleicht auch als Maybelle gefallen.


Es war wirklich interessant, mein Lieblingsmusical mal nicht auf die altbekannte Weise zu sehen.
Das Bühnenbild war wirklich gut umgesetzt und auch bei anfänglichem Regen hat das Ensemble
gute Arbeit geleistet. Leider war die Technik etwas unaufmerksam, weshalb die Mikros manchmal
nicht zur rechten Zeit angeschaltet waren.
Zwar gab es in der Besetzung noch einige Schwachpunkte, aber man konnte bei allen sehen, wie viel
Spaß sie an dem Stück hatten. Es gab niemanden, der mir überhaupt nicht gefallen hat, selbst Kerstin
als Velma muss sich nicht verstecken, auch, wenn das nicht herauszulesen sein mag.
Ich bin mir sicher, dass alle in ihre Rollen hineinwachsen oder sich in ihrer Leistung noch steigern werden,
schließlich sprechen wir hier von einer Premiere!
Der Text war etwas anders, hier und da ergaben sich Sätze, die mir im Original besser gefallen haben,
aber gestört haben mich die Änderungen an keiner Stelle. Es war nur seltsam, einen anderen Text zu hören,
wenn man zu den altbekannten Texten die Lippen bewegt und plötzlich etwas anderes hört.
Wer also ein knallbuntes, freches Musical mit kleinen Schwächen erleben will, sollte sich dringend noch
eine Karte für Hairspray anschaffen. Es lohnt sich!
Und es zeigte sich, dass niemand den Beat stoppen kann. Denn bei der Begeisterung des Publikums erhoffe ich mir
noch ein paar neue Produktionen in den kommenden Jahren. Das Potenzial besitzt das Stück schließlich.

Es war mein erster Besuch in Tecklenburg, und sicher nicht mein letzter. Ich möchte sogar sagen, dass
ich eine neue Lieblingsspielstätte habe. Wenn jemand also mal eine Karte für Tecklenburg übrigen haben sollte,
einfach bei mir melden. Ich gehe gerne wieder hin.
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Re: Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon Kitti » 28.07.2012, 17:02:02

Danke für den schönen Bericht!! :)
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Re: Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon ~Radu~ » 28.07.2012, 19:05:33

Schön, dass es dir gefallen hat und du dein Lieblingsmusical wieder sehen konntest! :greetings-clappingyellow:
Vom Trailer her fehlt mir ein bisschen die Energie, aber das kann sich ja, wie du schon sagtest, im Laufe der Zeit noch bessern.
"Linkslastig" ist eine interessante Formulierung - ich musste erst mal grübeln, was das bedeutet. :D

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Rascal
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Re: Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon Rascal » 28.07.2012, 19:08:19

Immer wieder gern :)

@Radu: "Linkslastig" war ein Grübelwort für dich? Das merk ich mir.
Kommt nicht wieder vor :P
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Re: Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon whatsername » 29.07.2012, 15:44:07

danke für den tollen bericht! und danke für eine woche hibbelige vorfreude :D
für mich wird's das erste mal tecklenburg und das erste mal hairspray sein. ich bin gespannt!
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Re: Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon DracosAdriana » 29.07.2012, 19:43:45

Danke für den Bericht
Also keine Energie kann ich nicht bezahlen @ radu
Man sollte aber bedenken im Gegensatz zu den großen Produktionen haben die in tecklenburg nur 4 Wochen Probezeit, also dafür ist das ein Hammer was sie jedesmal da auf die Beine stellen. :)

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Re: Hairspray, Tecklenburg 27.7.2012 (Premiere)

Beitragvon smaragdgrün » 03.08.2012, 07:18:36

Danke für den Bericht! Ich werde daran denken, wenn ich in zwei Wochen in Tecklenburg bin.


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