Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Sisi Silberträne » 24.11.2011, 20:47:48

Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)


Endlich, nachdem ich mich ein halbes Jahr darauf gefreut habe, war es soweit. Am Bahnhof in Zürich hat es uns erst einmal die Sprache verschlagen, als wir beim Automaten die Zugtickets nach St. Gallen gekauft haben. Ja, die Schweiz ist teuer! Aber auch das konnte bei mir die helle Vorfreude auf den Theaterabend nicht trüben. Am Ziel angekommen und nach einem guten Abendessen war das Stadttheater recht einfach gefunden. Außen wie innen ist das Gebäude sehr modern, zählt nicht zu den klassischen Bühnen. Zur allergrößten Überraschung wird für die Garderobe nichts verlangt und fürs Programmheft sieben Franken, was ziemlich günstig ist.
Ich habe mir für den Abend eine Karte in der ersten Kategorie gegönnt, die Online-Buchung hat mich in die erste Reihe ganz links außen gesteckt. Umgerechnet habe ich für das Ticket sogar weniger bezahlt, als das bei den Vereinigten Bühnen der Fall gewesen wäre (und erst recht bei der deutschen Stage Entertainment). Rebecca”, die Bühnenfassung von Daphne du Mauriers gleichnamigem Roman, ist eins meiner Lieblingsmusicals und nach sechzehn schönen Vorstellungen in Wien war ich schon sehr auf die hiesige Inszenierung, sowie die frische Besetzung gespannt. Am meisten natürlich auf die Mrs Danvers, das lässt sich nicht leugnen.

Besetzung
“Ich” – Lisa Antoni
Maxim de Winter – Thomas Borchert
Mrs Danvers - Maya Hakvoort
Jack Favell – Andreas Wolfram
Mrs van Hopper – Isabel Dörfler
Beatrice “Bee” – Kerstin Ibald
Frank Crawley – André Bauer
Ben – Oliver Heim

Über die bekannten Gesichter, nämlich Kerstin Ibald als Bee und André Bauer als Frank habe ich mich schon im Vorfeld sehr gefreut, weil ich die Stimmen von beiden mag und für ihre Charaktere perfekt passend finde. In Wien habe ich alle zwei immer gern gesehen.
Interessant waren vor allem die Neulinge, angefangen mit Isabel Dörfler als die schräge Amerikanerin Mrs van Hopper, Andreas Wolfram als Rebeccas schlitzohriger Cousin Jack Favell und Oliver Heim als der geistig behinderte Ben. Schauspielerisch haben mir alle drei gefallen, passen gut in die jeweiligen Rollen. Stimmlich allerdings finde ich sowohl Isabel Dörfler als auch Andreas Wolfram ein wenig gewöhnungsbedürftig – gar nicht negativ, nur ganz anders irgendwie.
Lisa Antoni hat mich als “Ich” schnell überzeugt. Ihe Stimme finde ich schön und diese Rolle hat es mir auch weit mehr angetan als die Mary in “Rudolf”. Mir gefällt vor allem die große Wandlung der “Ich”, bei der ich von Lisa Antoni nicht enttäuscht wurde.
Gut gefallen hat mir auch Thomas Borchert als Maxim. Ihm glaube ich den englischen Adligen sofort, er hat etwas Nobles. Mich hat er stimmlich sowieso, aber auch schauspielerisch überzeugt. Seine Mimik ist sehr interessant, vom anfänglich verliebten Lächeln bis zum verzweifelten Blick. Die im Vorfeld oft gefallene Kritik er wäre fehlbesetzt, kann ich nicht teilen. Hatte ich aber auch nicht erwartet. Er ist anders als sein Vorgänger und nach sechzehn Mal war mir diese Abwechslung sehr willkommen.
Mein persönliches Schlagobershauberl und der Hauptgrund für den Wochenendausflug in die Schweiz war natürlich Maya Hakvoort. Was soll ich sagen? Ich habe die Danvers noch nicht so genial gespielt erlebt. Maya gibt ihr viel mehr als Kälte und Unnahbarkeit, macht sie menschlicher. Bei ihr hat sie auch eine verletzliche unsichere Seite, vor allem als die neue Mrs de Winter damit beginnt, Rebeccas Besitz auszuräumen, um die Schatten zu vertreiben. Die Verzweiflung, mit der sie die Scherben der Porzellanfigur an sich drückt, endet schließlich im Wahnsinn mit der brennenden Fackel in der Hand. Mayas Stimme liebe ich sowieso. Ich wollte sie in der Rolle sehen, seit ich zum ersten Mal das Titellied von ihr gehört habe und hingerissen war. Sie singt tiefer und mit weniger Wärme, als man das von ihr normalerweise gewöhnt ist. Ganz passend zur Danvers. Ich hatte jedes Mal eine Gänsehaut, wenn sie auf der Bühne war.

Optisch gleicht die Inszenierung sehr jener aus Wien, die Bühnengestaltung und die Kostüme sind fast ident. Auch die Bühne selbst weckt mit den schwarzen säulenartigen Seiten und der an Klippen erinnernden unregelmäßigen Kante sofort Erinnerungen. Die Veränderungen sind eher szenischer und textlicher Natur. Es gibt neue Lieder, von denen zu allerst natürlich Maxims Solo “Zauberhaft natürlich” zu nennen ist. Mir hat es wahnsinnig gut gefallen, weil es zeigt, weshalb der Lord als reifer Mann so von dem jungen naiven Mädchen fasziniert ist. Überhaupt wirkt die ganze Szene auf den Klippen mit der Picknickdecke ausgereifter und verdeutlicht die beginnende Romanze. Die beiden anderen neuen bzw. geänderten Lieder betreffen Ensemblenummern, von denen eine “Wir sind britsch” ersetzt. Stattdessen singt die Dienerschaft kritisch über ihre neue Herrin. Vom Text her fand ich das interessant und sich gut in die Handlung einfügend, allerdings war die Melodie des ursprünglichen Songs am Golfplatz viel eingängiger. Der zweite Lied ist das der Hotelgäste in Monte Carlo, nachdem Maxim und “Ich” den Frühstücksraum verlassen haben. Die Szene selbst ist nicht neu, aber der Text wurde weitgehend geändert.
Kleine Veränderungen finden sich auch bei den Requisiten. So werden bei “Strandgut” allerlei Bergungsgegenstände wie Flaschen oder Schuhe zutage befördert und die Hausangestellten tragen beim Reprise von “Die neue Mrs de Winter” anstatt von Schachteln richtige Möbel, Vasen und andere Einrichtungsstücke über die Bühne. Und Ben darf richtige, schöne, große Muscheln sammeln. Alles in allem fördern die Veränderungen meiner Meinung nach die Handlung. Eins nur hat mir gefehlt, nämlich der Balkon, als “Ich” das erste Mal Rebeccas Zimmer betritt und Mrs Danvers von der Brandung spricht, die ihren – Rebeccas – Namen ruft. Auch das Ende fällt ein wenig anders aus, es gibt keine Stuntfrau, die im brennenden Nachthemd über die Bühne läuft. Stattdessen marschiert die Danvers mit der brennenden Fackel in der einen, dem Nachthemd in der anderen Hand ganz nach oben auf den höchsten Punkt der großen Stiege, wo sie schließlich zu Boden sinkt. Dort oben taucht sie auch beim Finale des ersten Akts auf, was sehr eindrucksvoll ist – und ich habe sie gewohnheitsmäßig natürlich erst einmal unten auf der Bühne gesucht.
Alles in allem war diese geniale Vorstellung die Reise auf jeden Fall wert, ich habs nicht bereut – im Gegenteil, ich hätte mir wahrscheinlich in den Hintern gebissen, hätte ich mir das entgehen lassen. Das Theater St. Gallen ist vielleicht kein klassisches Haus, aber es bietet ganz großes Musical, wie man es in einem Stadttheater eigentlich nicht erwartet. Es kann sich ohne Frage mit den bekannten Musicalbühnen Österreichs und Deutschlands messen.

Schließlich haben wir – insgesamt fünf Fanclub-Mitglieder – den Abend noch beim Bütü abgerundet. Zum Glück ging es dort schön gemäßigt zu, und nicht so wie der in Wien schon erlebte große Trubel, der mir fast ein bisschen unheimlich ist. Maya hat sich sehr gefreut, dass wir es nach St. Gallen geschafft haben, sie hat erst mal jeden von uns umarmt. Bis ihr dann doch kalt wurde (kein Wunder, ohne Jacke), haben wir uns nett mit ihr unterhalten. Die Programmhefte hat sie uns auch noch signiert. Damit war es auch schon wieder an der Zeit retour nach Zürich zu fahren. Wie immer ist der Abend viel zu schnell vergangen.
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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon serena » 24.11.2011, 23:03:59

Vielen Dank für den schönen, ausführlichen Bericht!
Er ist echt interessant zu lesen, da ich bisher einzig die Budapester Version kenne.
Ich glaube, ich sollte doch mal sehen, dass ich in die Schweiz komme.

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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon veja » 24.11.2011, 23:17:35

seufz, schön wars!!! und mal wieder viel zu schnell vergangen unser we

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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Elphaba » 25.11.2011, 02:38:43

Auch von mir: danke für den tollen Bericht Sisi!

Ach Mensch, ich würde das Musical auch unheimlich gerne mal sehen! Und eigentlich auch mit Thomas, denn ich glaube, auf einer großen Bühne, wo er große Gesten machen darf, könnte er wirklich ganz gut schauspielern... :oops:

Und Maya würde ich in der Rolle auch sehr gerne sehen. Irgendwie kann ich sie mir richtig gut vorstellen.

Ja, in der Schweiz scheint es wirklich noch ziemlich ruhig am Bühneneingang zuzugehen... Alice hat mir damals erzählt, als sie mit Elisabeth in der Schweiz waren, wäre sie zunächst ganz überrascht (vielleicht auch positiv überrascht) gewesen, als da, als sie rauskamen so wenig los war. :D

Vielleicht sind die Schweizer ja auch (in diesem Punkt wenigstens :mrgreen: ) einfach normal geblieben... :roll:
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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Gaefa » 25.11.2011, 10:44:59

Von mir auch vielen Dank für den schönen Bericht!!

Ich hoffe ich werd Rebecca auch bald mal sehen, aber irgendwie ist es immer arg so weit weg...
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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Tessa » 25.11.2011, 15:05:18

Von mir auch ein Danke. :)

Ich würde Rebecca auch gerne sehen. Wieso müssen Stuttgart und St. Gallen so weit weg sein? -.-
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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Kitti » 25.11.2011, 20:11:58

Danke für den schönen Bericht! :) Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich das Stück auch lieber in St. Gallen sehen als in Stuttgart, aber beides ist finanziell und von der Entfernung her einfach nicht drin...
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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Sisi Silberträne » 03.12.2011, 04:45:52

Elphaba hat geschrieben:Ja, in der Schweiz scheint es wirklich noch ziemlich ruhig am Bühneneingang zuzugehen... Alice hat mir damals erzählt, als sie mit Elisabeth in der Schweiz waren, wäre sie zunächst ganz überrascht (vielleicht auch positiv überrascht) gewesen, als da, als sie rauskamen so wenig los war. :D

Wobei damals in Stuttgart nach 3M noch weniger los war ^^

Um Kerstin Ibald hatte sich auch eine Gruppe Fans gescharrt, die sie schon kannte - "Wir sehen uns dann in Stuttgart!" Eine ließ sich sogar das Handy signieren (dazu sag ich mal lieber gar nix... jedem das seine). TB wurde nicht angesprochen, er rauschte mit einem breiten Grinsen vorbei. Auf Maya hat dann auch noch eine Japanerin gewartet, die hat ihr irgendein Spielzeug für die Kinder mitgebracht, konnte aber nicht sehen was. Jedenfalls süße Idee und ich finds enorm, dass manche ihrer japanischen Fans immer wieder solche weite Wege auf sich nehmen!
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 03.12.2011, 14:12:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Rebecca (19.11.2011 Stadttheater St. Gallen)

Beitragvon Elphaba » 03.12.2011, 07:14:00

Das ist allerdings enorm! :shock:


*gg* Kann mir irgendwie vorstellen, dass Thomas es genossen hat, mal nicht belagert zu werden... :mrgreen:
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