Wenn Rosenblätter fallen (Premiere 29.10.2011 Theater Akzent)
Dieses Musical stand weit oben auf meiner Unbedingt-sehen-Liste, da ich die Musik auf dem Konzeptalbum sehr schön finde. Basierend auf dem niederländischen Roman "Als rozeblaadjes vallen" ist es ein sehr ungewöhnliches Musical, in dem nur drei Charaktere auftreten. Der junge Till bezieht seine Studentenbude, wobei er gleich auf seine Nachbarin Iris trifft. Die quirlige Biologiestudentin weckt in ihm Erinnerungen an seine kürzlich an Krebs verstorbene Mutter Rose. Dass beide den Namen einer Blume tragen, bleibt für Till nicht die einzige Gemeinsamkeit. Weil er seinen Vater nie gekannt hat, war Rose umso wichtiger für ihn und er hat ihren Tod, bei dem er mittels eines vergifteten Marshmallows nachhalf, noch nicht verkraftet. Für jede Lebenslage hat sie ihm Briefe hinterlassen, die ihm über den Verlust hinweg trösten sollen. Iris und Till komnen einander langsam näher, doch zunächst gelingt es dem Kunststudenten, der das Talent seiner Mutter geerbt hat, nicht sich zu öffnen. Am Ende begreift er, dass ein Teil von Rose für ihn in Iris weiter lebt, so wie für sie ein Teil seines bei einem Unfall verstorbenen Vaters ihm weiter lebte. Er gelingt ihm sich mit seiner Freundin auszusprechen, sodass sie seine Lage verstehen kann, und die beiden finden endlich wirklich zusammen.
Besetzung
Till - Dirk Johnston
Iris - Jana Stelley
Rose - Carin Filipcic
"Wenn Rosenblätter fallen" ist eines der Stücke, die ganz deutlich zeigen, dass weniger manchmal mehr ist und es nicht immer eine opulente Ausstattung braucht. Das schlichte Bühnenbild, bestehend aus der Zimmerrückwand, Sofa, Schrank, Sessel und Tisch bleibt die ganze Zeit über konstant, ob Tills Studentenwohnung, oder rückblickend das Zuhause seiner Kinderzeit. Nur einige Requisiten wie das Bild auf der Staffelei ändern sich. An der rechten Seite hängt ein großes Gemälde von Rose, das mit Beginn des Stückes eindrucksvoll der richtigen Carin Filipcic als lebendes Bildnis weicht.
Gesanglich fand ich alle drei überzeugend. Die beiden Frauen sind in der Wiener Musicallandschaft schon aus mehreren Hitshows gut bekannt. Von Dirk Johnston, einem Schotten, habe ich allerdings nie vorher gehört. Schauspielerisch möchte ich vor allen Carin Filipcic loben, die die von der Krankheit schwer gezeichnete Rose mit einer unglaublichen Intensität spielt. Spätestens bei ihrem Tod war es bei mir vorbei und ich saß mit nassen Wangen da - bei diesem Musical ist es ratsam, reichlich Taschentücher dabei zu haben! Es ist sehr schwere Kost und völlig ungeeignet für einen seichten Theaterabend zum Abschalten. Man leidet von Anfang bis Ende mit, hat ständig Gänsehaut.
Wahrscheinlich gibt es nicht viele Musicals, die sich mit einem solch schwierigen emotionsgeladenen Thema befassen wie Sterbehilfe. So etwas mitmachen zu müssen, wie Rose, die von Körper und Geist immer mehr im Stich gelassen wird, und Till, der in einem Alter ist, in dem er selbst noch die Unterstützung seiner Mutter auf dem Weg in sein eigenes Leben brauchen würde, wünscht man seinem ärgsten Feind nicht. Offensichtlich erfährt der junge Mann von keiner anderen Seite Unterstützung, muss sich ganz allein um Rose kümmern und sie schließlich beim Sterben begleiten. Sie selbst ist es ja, die ihn in einem ihrer letzten klaren Momente um diesen Schritt bittet, weil sie so nicht weiter leben will, weil sie ihrem Sohn das nicht länger zumuten will. Ein Thema also, über das man viel schreiben und endlos lange moralisch-ethische Diskussionen führen könnte.
Die Liedtexte sind sehr bildhaft und lyrisch. Gegenüber dem Konzeptalbum gibt es einige Veränderungen in der Reihenfolge, wobei mir am meisten das Fehlen vom "Aufklärungsgespräch" aufgefallen ist. Auf der CD ist das ein sehr ungewöhnliches und interessantes Lied. Handlungstechnisch hat es im Stück natürlich nicht wirklich gefehlt. Im Theater Akzent sorgt eine Hand voll Musiker für die musikalische Begleitung, die scheinbar irgendwo hinter der Zimmerwandkonstruktion verborgen bleiben. Es ist kein Stück und kein Ort für ein großes Orchester. Man bleibt stets vollkommen auf die Geschichte konzentriert, die die Darsteller erzählen. Es gibt keine Ablenkung durch Bühnenbilder und Kostüme, Ensemblesänger oder Tänzer. Gerade durch seine Einfachheit wirkt dieses Musical so unglaublich intensiv. Obwohl es mir sehr gut gefallen hat und ich es jederzeit weiterempfehlen würde, glaube ich nicht, dass ich es mir ein zweites Mal ansehen könnte. Jedenfalls nicht in nächster Zeit, höchstens vielleicht in einigen Jahren, wenn sich die Gelegenheit bietet.