Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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serena
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Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon serena » 16.08.2011, 23:34:48

Villa Sonnenschein
Schmidt Theater, Hamburg, 12.3.2011, 20.00

Hier also die nächste Portion Lesefutter von mir. ;)

Das Schmidt Theater ist ein relativ kleines, gemütliches Theater (in der PK 1 stehen Sessel und Sofas!), und gehört zur mittlerweile seltenen Art der Verzehr-Theaters. Das heißt, dass Essen und Trinken auch während der Vorstellung erlaubt ist. Es gehen auch Mitarbeiter durch den Saal, um Speisen und Getränke zu verkaufen. Laut Anmoderation vor Showbeginn dürfe man sogar während der Vorstellung bestellen. Das habe ich zum Glück nicht erlebt. Ich fände es ziemlich störend, wenn irgendwer nach dem Personal suchen und dies ständig durch die Reihen flitzten würde. In meiner Vorstellung beschränkte sich der Verkauf zumindest auf dem Balkon auf die Zeiten vor der beiden Akte. Und trotz Erlaubnis hielt sich das Schmatzen und Schlürfen der anderen Besucher stark in Grenzen. Naja, teilweise kam man vor Lachen gar nicht zum Essen oder Trinken. ;)

Ein kleines Manko der Produktion ist, dass die Musik vom Band kommt. Allerdings fällt es im Geschehen kaum auf.
Wer in dem Theater arbeitet, muss wohl so einiges aushalten können. Witze über sich selber gab´s oft genug, aber auch über´s Publikum. So wurde bei der Anmoderation darauf hingewiesen, dass man die Service-Mitarbeiter gerne mit seinen Wünschen ansprechen dürfe, aber bitte nur Wünsche bezüglich Essen und Trinken. Ausnahme sei ein bestimmter Kollege (ich verschweige den Namen lieber), der noch Single sei und dringend vom Markt müsse. Am Ende hieß es, die Darsteller kämen noch in die Bar des Theaters und man solle sie ruhig ansprechen. Wer nicht wüsste wie, solle sie einfach nach ihrem Getränkewunsch fragen, und schon wäre das Gespräch im Gange. :D
Wer´s nach der Vorstellung eilig hat zu verschwinden, sollte lieber weit hinten sitzen. Vorne musste sich eine Person beim Verlassen des Saals die Fragen gefallen lassen, ob er´s eilig hätte, auf Toilette müsse oder sein Zug schon fahre. Und das vom Theater-Chef persönlich vor ausverkauftem Haus. Tja, Pech gehabt! :D

Die Sicht von ganz oben ist recht gut. Nur beim Geschehen am vorderen Bühnenrand musste ich auf dem Sitz nach vorne rücken und den Hals strecken. Also falls irgendwer nächstes Jahr im März (dann wird´s wieder gespielt) so wie ich nur eine Restkarte ganz hinten außen ergattern kann: Keine Sorge, auch dort sieht man genug. Nur kalt war´s, also lieber die Jacke nicht unten abgeben. ;)

Für diejenigen, die nichts vom Stück kennen, hier eine kleine Zusammenfassung der Geschichte:
Villa Sonnenschein ist ein Seniorenheim eher für Wohlhabende. Dort beginnt Felix gerade frisch seinen Zivildienst, der bei der strengen Heimleiterin Mechthild völlig anders verläuft als gedacht (Stress, Ärger, und einen Schock nach dem nächsten). Er trifft dort auf die Tochter der Heimleiterin, Bestattungs-Praktikantin Melanie, und verliebt sich in sie. Die wiederum kann ihre Gefühle ihm gegenüber gar nicht einsehen und lässt sich lieber vom neuen Doktor Mathieu anmachen. Der wiederum macht sich auch noch an die Mutter ran, die Felix natürlich nicht bei ihrer Tochter sehen will.
Die Heimbewohner haben auch ihre Problemchen. Gustav hasst es, alt zu sein, weil der Körper nicht mehr so recht will, auch nicht bei den nackten Mädels auf seinem Laptop. Carlotta wird als alternde Sängerin nicht genug verehrt und findet die Zustände unter der Heimleitung schlicht skandalös. Hubert ist nur noch eingeschränkt bei Verstand. Er wiederholt oft die gleichen Worte und spricht Erlebnisse aus dem Kriegsdienst an, als er seine große Liebe traf. Täglich schreibt er ihr einen Brief und geht mit seinem Verhalten besonders Gustav auf die Nerven. Am Ende des Stücks entpuppt sich seine Liebe von damals als... Na, ich muss doch nicht alles verraten, oder? ;)
Der Doktor und die Heimleiterin entwickeln die „großartige“ Idee, alle Bewohner per Pille ins Koma zu schicken, um die Pflege leichter zu gestalten. Das bekommen die Heimbewohner dank Sonne, Wildschwein und Lampe raus und wehren sich mit Felix Hilfe. Der Doktor und die Heimleiterin müssen die Pillen selber schlucken, Felix und Melanie finden sich doch noch, Lampe und Wildschwein auch, aber Carlotta wird noch vom Tod abgeholt (nix reines Happy End).

Die Rollen bei Villa Sonnenschein sind in 3 Gruppen aufgeteilt:
1. geführte Menschenpuppen, die aus Kopf, Armen und Oberkörper bestehen. Werden mehr Körperteile, wie die Beine, gebraucht, werden die vom passend gekleideten Darsteller dahinter genommen. Zu den Rollen gehören Mechthild, Felix, Melanie und Dr. Mathieu. Alle Puppen agieren meistens mit einer Hand (logisch, da der Darsteller mit seiner zweiten Hand den Kopf bewegt). Bei zwei Liedern, jeweils einmal die Heimleiterin und einmal der Doktor, kommt eine ganz in schwarz gekleidete Darstellerin dazu, um die zweite Hand zu bewegen. Passenderweise meinte der Doktor auch noch, er könne jetzt eine zweite Hand gebrauchen...

2. Menschen, die selber ihre Rollen darstellen. Das sind die drei Heimbewohner Gustav, Hubert (im Rollstuhl sitzend) und Carlotta.

3. Figuren, von denen es so einige gibt: Sonne, Lampe, Wildschwein, Bettpfanne, Margerite, Pflanze, Bingoschachtel, Kissen, Sonnenblumen-Trio. Zum Teil werden sie per Hand bewegt (Pflanze, Kissen, Bettpfanne), zum Teil îrgendwie indirekt (Sonne, Wildschwein, Margerite, Sonnenblumen-Trio - wie sieht man nicht).
Den ersten Auftritt hat die Sonne, die auf dem Dach des Gebäudes sitzt und außerhalb ihrer Einsätze mit geschlossenen Augen nur halb zu sehen ist. Die Sonne hat anfangs für den Zuschauer eine erklärende Funktion, indem sie den Zeitverlauf angibt („Ein paar Tage später.“). Sobald weitere Figuren ins Spiel kommen (zunächst nur das Wildschwein und die Lampe), unterhält sich die Sonne nur noch mit ihnen.
Auch dabei ist ein Verlauf zu erkennen: erst kommentieren die drei das Geschehen, später agieren sie auch mit den Heimbewohnern. In den nächsten Szenen mit Puppen erhöht sich nach und nach die Anzahl der agierenden Figuren. Das Kissen und der Tod treten erst ganz am Ende auf. Und mit Felix kommt eine weitere Rolle dazu, die die „lebendigen“ Figuren kennen lernt (und erstmal in Ohnmacht kippt). Für die Heimbewohner ist der Kontakt mit den Figuren von Anfang an normal.

Die Szenen mit den Figuren werden auch lichttechnisch vom Geschehen unterschieden. Ist im normalen Geschehen die gesamte Spielfläche hell ausgeleuchtet, so werden in diesen weiteren Szenen nur die Agierenden hell angestrahlt und der Rest im dunklen blau gehalten. In diesen Szenen scheint Hubert auch bei klarem Verstand zu sein. Zumindest kann er dann auch auf die Figuren eingehen und seine Erlebnisse aus dem Kriegsdienst verlassen.

Eine Ausnahme betrifft die Pflanze, übrigens ein Ableger in der 4. Generation der Ableger von der Pflanze, die bei Don Juan stand: Wird sie anfangs nur am „Kopf“ per Hand bewegt, so wird sie bei ihrem Solo vom Darsteller getragen und tanzt über die Bühne. Das gab auch einiges an Gejohle im Publikum, wobei das auch am Lover-Look des Darstellers dahinter mit halb offenem weißem Hemd und Rose im Mund gelegen haben dürfte. ;)

Leider gab´s kein Programmheft mehr (ausverkauft), nur eine Tafel mit allen Darstellern. Eine Übersicht, wer an dem Abend wirklich spielt, gab´s auch nicht. Die Darsteller wurden alle am Ende der Vorstellung namentlich vorgestellt, aber in einem Tempo, dass ich mir kaum einen Namen merken konnte. Zumal dann auch noch aufgezählt wurde, wer welche Figuren spielte. Das war in dem Tempo zu viel zu schnell für mich. Schade. So konnte ich mir von den 8 Mitwirkenden gerade mal 3 Namen merken.

Darsteller:
Mechthild (Heimleiterin), Sonne: Carolin Spieß
Dr. Mathieu, Pflanze: Heiko Wohlgemuth
Felix (der Zivi), Wildschwein: ?
Melanie (Mechthilds Tochter): ?
Gustav (Bewohner): Corny Littmann
Hubert (Bewohner): ?
Carlotta (Bewohnerin): ?
Kissen, Lampe, 2. Hand: ?
weitere Rollen, die ich nicht zuordnen kann: Bettpfanne, Sonnenblumen-Trio, Bingoschachtel, Margerite, der Tod (alles Figuren)

Meiner Meinung nach wurde das Sonnenblumen-Trio auch von der Mechthild-Darstellerin gesprochen. Die Lache klang seeeeeeehr ähnlich. Garantieren tu ich´s nicht. Verblüffend für mich war, dass die Dame auch die Sonne spricht. Diese klingt nämlich völlig anders, mit hoher, süßer Stimme und wunderschönem Hamburger Akzent. Der sorgte allein schon für einige Lacher. Die Heimleiterin dagegen klingt rau, tief und kräftig, also genau das Gegenteil der Sonne.
Genau so überrascht war ich, als ein junger Mann als der Darsteller von Felix und dem Wildschwein vorgestellt wurde. Stimmlich hätte ich das auch nie vermutet.

Alle Darsteller waren super gut drauf und haben ihre (vielen) Rollen klasse rüber gebracht. Bei den Puppenspielern verschwand der Mensch dahinter quasi sofort, auch wenn er körperlich ja zur Hälfte mitagieren musste. Bei den Figuren sind die Darsteller dahinter nicht zu sehen (mit Ausnahme des Pflanzen-Solos). Bewegungstechnisch und sprachlich lief alles einwandfrei.

Egal ob Mensch oder Figur, jeder Witz saß. Und davon gab es so einige. Dabei brauchte es gar nicht viel. In einer Szene war der größte Spaß, wie Hubert versuchte, mit seinem Rollstuhl die Rampe hoch zu kommen. Die passenden Schnauf- und Quietsch-Geräusche reichten, um daraus ein feines Komödienstückchen zu machen. Dazu kommen stapelweise Sprachwitze, Witze per Aussprache/Akzente, Witze per Gestik/Mimik... zu Lachen gibt es mehr als genug. Wer zart besaitet ist, dürfte allerdings Probleme bekommen. Es gibt nämlich genug Witze über Sex, egal ob Porno, 2 Puppen, die´s treiben (neben einer Bewohnerin im Koma, die sich per Morsezeichen mitteilen kann!) oder eine Aufklärung betreibende Pflanze. Willkommen auf der Reeperbahn. ;)

Neben all dem gibt es immer wieder ruhige Momente, die wirklich berühren. Die Geschichte bietet auch in den Szenen zwar keinen Tiefgang und bleibt recht vorhersehbar. Auch wenn man hinterher nicht mit einer Sammlung an Ohrwürmern den Saal verlässt, sind die Lieder eingängig und je nach Bedarf passend einfühlsam oder fetzig. Im Stück funktionieren alle super. Das kann ich von der CD nicht behaupten, die ich schon vorher kannte. Bis auf 3 oder 4 Lieder wirken sie ohne den optischen Eindruck dabei recht ähnlich.
Auf der Bühne ist alles in sich stimmig und bietet 2 ½ Stunden sehr gute Unterhaltung!

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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon Elphaba » 18.08.2011, 02:07:07

Danke für deinen wiedermal seeeehhhhr ausfürlichen Bericht! :)

Japp, ich kann dem meisten voll zustimmen! Es ist ein, zwar seichtes, auf Unterhaltung ausgelegtes Musical, aber es ist technisch geradezu perfekt und dadurch einfach faszinierend! :handgestures-thumbupright:

Also ich habe das Programmheft und da steht außer der Handlung und den Leuten hinter der Musical nicht viel drin (dafür war`s schön billig :mrgreen: ). Die Darsteller jedenfalls nicht. Die sind mit ihren Lebensläufen tatsächlich nur auf dem Poster im Foyer vertreten. Das ist in diesem Theater aber immer so. Und statt einer Besetzungsliste ist neben den Darstellern, die am Abend spielten auf dem Poster normalerweise einfach ein roter Punkt geklebt. War das bei dir nicht so?
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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon serena » 18.08.2011, 22:47:24

Na ok, dann kann ich es verschmerzen, dass ich kein Programmheft bekommen habe.
Und nö, rote Punkte habe ich auf dem Poster nicht gesichtet. Schade! :(

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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon Elphaba » 18.08.2011, 23:33:19

Naja, in dem Theater ist es den meisten Besuchern auch herzlich egal, wie da nun die Leute heißen, die auf der Bühne stehen...
Da geht es eben wirklich hauptsächlich um die Show. Keine Ahnung, ob die Darsteller das schade finden...
Kann ja auch ganz angenehm sein. Das beugt diesem Fankult-Wahnsinn vor. :whistle: ;)
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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon serena » 19.08.2011, 22:21:57

Ich denke du hast recht. Die aktuelle Besetzung interessiert den Durchschnittsbesucher eher wenig. Hauptsache, der Abend war unterhaltsam.
Die "großen" Stars, die das höhere Fankult-Wahnsinns-Risiko tragen, spielen an dem Theater aber eher selten mit, oder? Zumindest sagte mir von den Namen keiner was. :think:

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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon Elphaba » 20.08.2011, 09:03:51

Nö das stimmt. Die wirklich großen "Musicals-Stars" würden sich wohl eher nicht dahin verirren.
Ich hab allerdings damals statt Corny Littmann, Robin Brosch in der Rolle des granelnden Rentners gesehen. Und der hat immerhin jahrelang Buddy Holly gespielt, war schon der Hamburger Jedermann (!) und hat mal die Joop van den Ende-Academy geleitet.
Wie DER sich in dieses Musical verirrt hat, hab ich mich damals aber wirklich gefragt... Naja, vermutlich machte es ihm einfach Spaß. :D
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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon serena » 21.08.2011, 22:36:30

:D Vielleicht brauchte er mal Erholung von seinen Schülern!?

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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon Elphaba » 22.08.2011, 02:23:34

Gut möglich... :mrgreen:

Wobei ich gar nicht weiß, ob er heute noch an der Schule tätig ist.
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Re: Villa Sonnenschein, 12.3.2011

Beitragvon serena » 22.08.2011, 22:35:24

Wenn ich´s richtig im Kopf habe, dann hat der die Schule verlassen. Bin mir aber nicht sicher...


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