Egon Schiele (Premiere 08.07.2011 Gutenstein)

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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Egon Schiele (Premiere 08.07.2011 Gutenstein)

Beitragvon Sisi Silberträne » 30.07.2011, 16:45:03

Egon Schiele (Premiere 08.07.2011 Gutenstein)


Nach Tutanchamun ist Egon Schiele das zweite Musical, das ich in Gutenstein gesehen habe. Es spielt in der Gegenwart und dreht sich um den Studenten Julian, der sich als Nachtwächter bei einer Schiele-Ausstellung ein wenig Geld verdient. Dabei erfährt er zunehmend Visionen, die ihn in die Zeit Egon Schieles zurück bringen und seine Person vermischt sich zunehmend mit der des jung verstorbenen Malers. Ihm tritt ein Schattenbild Wally Neuzils gegenüber, der Seelenpartnerin und Muse Schieles, die den Studenten mit Egon anspricht und nur die Antwort auf eine einzige Frage möchte: Hat Egon sie jemals geliebt? Julians Intention mehr über das Leben des Malers zu erfahren bringt ihn der Kuratorin Sarah Schuhmann näher, die ihr einsames Dasein leid hat. Sie verliebt sich in den jungen Mann und am Ende wendet sie sich selbst an Wally, bittet sie ihn gehen zu lassen.

Es ist eine interessante Idee eine Person in der Gegenwart in die vergangene Welt Schieles eintauchen zu lassen, denn Musicals die direkt das Leben der jeweils titelgebenden Persönlichkeit erzählen, gibt es zuhauf. Das Bühnenbild ist einfach gehalten, setzt größtenteils auf Projektionen, die oft recht irrealer Natur sind und die Geschichte in eine fantastische Ebene bringen. Im Zentrum steht eine Konstruktion aus drei gerahmten Monitoren, die mit wechselnden Motiven die Werke der Schiele-Ausstellung repräsentieren. Im Mittelpunkt ist “Tod und Mädchen”, ein Bildnis von Wally und Egon.

Besetzung
Julian Winter – Markus Neugebauer
Wally Neuzil – Franziska Schuster
Dr. Sarah Schuhmann – Sabine Neibersch
Dr. Andris Kurz-Niemeyr/Prof. Griepenkerl – Dean Welterlen
Walter Novak/Gustav Klimt – Thomas Strobl
Peter Boneder – Harald Baumgartner

Markus Neugebauer – bekannt aus der Musical Show des ORF – spielt die Titelrolle, den Nachtwächter Julian, der immer mehr in etwas hineingezogen wird, das er nicht recht verstehen kann. Eine spannende vielschichtige Rolle, die er meiner Meinung nach lebendig und überzeugend vermittelt. Seine Stimme hat mir schon in “Joseph and the amazing technicolor dreamcoat” gut gefallen.
Auch Franziska Schuster ist aus dem Fernsehen bekannt, diesmal aus der Tarzan-Show, die auf SAT1 lief. In der englischen Version des ersten Gutensteiner Musicals “Tutanchamun” (“Tut Ankh Amon”) trat sie als Anchesenamun auf und ist auch auf der CD-Aufnahme zu hören. Wally Neuzil bleibt oft halb verborgen wie ein Geist hinter Schleiern, die sich heben, je realer die Visionen für Julian werden.
Als die Kuratorin Dr. Sarah Schuhmann steht die Kärtnerin Sabine Neibersch auf der Bühne, die im Gutensteiner Musical “Gustav Klimt” bereits die weibliche Hauptrolle spielte, und die ich zweimal das Vergnügen hatte bei der Tullner Musical-Gala zu sehen. Sie hat eine unglaublich schöne Stimme, eine Darstellerin, die ich gerne noch öfter auf der Bühne sehen würde. Sarah ist eine Karrierefrau, die ihre persönliche Einsamkeit inzwischen leid ist. Ihr Solo “Mein Platz im Leben” gefällt mir sehr. Süß finde ich den Größenunterschied zwischen Sabine Neibersch und dem hochgeschossenen Markus Neugebauer
Dean Welterlen überzeugt in einer Doppelrolle. Ich mag seine kraftvolle tiefe Stimme. Sollte “3 Musketiere” doch (wieder) einmal nach Wien oder Umgebung kommen, dann würde ich ihn wahnsinnig gern als Kardinal Richelieu hören.
Auch eine Doppelrolle hat Thomas Strobl. Sein Walter Novak, der Nachtwächterkollege Julians, ist ein typischer Wiener und sorgt für ein wenig Auflockerung in dem düsteren abstrakten Stück. Über die Figur des Novak kann man wahrscheinlich streiten, ich fand ihn lustig und durchaus passend angelegt. Zudem tritt er noch in einer Szene als Schieles väterlicher Freund und Malerkollege Gustav Klimt auf. Thomas Strobl kennt man zudem aus elf Jahren bei “Jazz Gitti and her Disco-Killers”, wofür er Texte schrieb – “A Wunder”, “Hoppala” und “Kränk di net” habe ich gehört und geliebt ehe ich von Musicals wusste! Außerdem zeigt er sich für die Texte von Maya Hakvoorts Liedern “Sie atmet schon” sowie “Roots & Wings” sowie mehrere Übersetzungen verantwortlich, die auf ihrem zweiten Soloprogramm “In my Life” zu hören sind.

Egon Schiele kann ich wärmsten weiterempfehlen. Mit seiner surrealen Optik, dem manchmal sogar bedrohlich wirkenen Farben- und Formenspiel, dem in Nacktsuits tanzenden Ensemble und Liedern wie “Vetreibt den Rattenfänger”, “Zwischen Wahrheit und Wahnsinn” und “Ich bin alles” ist es jedoch keine allzu leichte Kost und wieder eins dieser Musicals, für das ich eine Altersbeschränkung ganz sinnvoll fände.
Man erkennt schon, dass hinter diesem Musical dasselbe Kreativteam steht wie zuvor bei “Tutanchamun”, auch wenn Inhalte und Darstellung unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Akustik und Atmosphäre sind in diesem Zelt immer noch nicht so optimal, aber in Anbetracht des Regenprasselns und Donners war ich dankbar für ein Dach über dem Kopf. Ich bin gespannt ob in Gutenstein noch weitere neue spannende Musicals zu sehen sein werden – hoffentlich, denn ich finde es immer interessant Shows zu erleben, die ihre Geschichte mit ihrer eigenen Musik und eigenen Liedern erzählen. Das ist für mich die große Faszination von Musicals, der Egon Schiele durchaus gerecht wird. Nach "Tutanchamun", welches mir ausgesprochen gefällt, hatte ich zugegeben äußerst hohe Erwartungen, die um Großen und Ganzen nicht enttäuscht wurden.
Zuletzt geändert von Sisi Silberträne am 31.07.2011, 20:17:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Egon Schiele (Premiere 08.07.2011 Gutenstein)

Beitragvon Elphaba » 31.07.2011, 02:41:18

Vielen Dank für deinen wirklich schönen Bericht Sisi! :)

Du hast das wirklich sehr anschaulich beschreiben und nun kann ich mir auch tatsächlich etwas darunter vorstellen.
Ich war in der Tat etwas (oder mehr als etwas) skeptisch, als ich den Titel des Musicalprojekts gelesen habe. Aber so, wie du es beschreibst, klingt es tatsächlich ganz interessant und reizvoll.
Hätte nicht gedacht, dass man aus diesem Stoff auch ein ansprechendes Musical machen kann!
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Re: Egon Schiele (Premiere 08.07.2011 Gutenstein)

Beitragvon Sisi Silberträne » 01.08.2011, 19:29:14

Na ja, Schieles Leben dürfte, obwohl kurz, auch tragisch und bewegend genug gewesen zu sein, um etwas daraus zu machen. Aber du hast recht, anfangs konnte ich mir unter diesem Musical auch nicht gerade viel vorstellen. Jedenfalls bin ich jetzt um ein paar Infos über Schiele reicher ;)
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Re: Egon Schiele (Premiere 08.07.2011 Gutenstein)

Beitragvon clickcat » 16.08.2011, 12:45:53

Vielen Dank auch von mir! Das klingt sehr vielversprechend! Nach "Tutanchmun" und "Gustav Klimt" habe ich es in diesem Jahr leider nicht nach Gutenstein geschafft, werde mir aber auf jeden Fall die DVD des Stückes zulegen.
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