Ein Sommernachtstraum, Hannover-Herrenhausen (27.08.2010)

Wie gefiel euch eine Vorstellung und was würdet ihr kritisieren?

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JackMalone
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Ein Sommernachtstraum, Hannover-Herrenhausen (27.08.2010)

Beitragvon JackMalone » 28.08.2010, 23:53:52

Ein Sommernachtstraum - Musical von Heinz Rudolf Kunze und Heiner Lürig
Schabernack der Nacht in den Herrenhäuser Gärten

Platz: Reihe 2, Platz 19 (ziemlich mittig)

Besetzung:
Felix Martin - Puck / Stratocast
Timo Ben Schöfer - Theseus / Oberon
Anke Fiedler - Hippolyta / Titania
Sebastian Strehler - Egeus
Milica Jovanovic - Hermia
Florian Lüdtke - Lysander
Mirja Regensburg - Helena
Thomas Sprekelsen - Demetrius
Bernd Tauber - Bottich
Jörg-Heinrich Benthien - Quincy
Fabian Joel Walter - Puste / Thisbe / Spinnweb
Steffen Häusler - Hänfling / Mond / Senfsamen
Michael Westphal - Schnut / Wand
Torsten M. Krogh - Schnuck / Löwe
Elisabeth Ebner - Motte
Kerstin Ried - Bohnenblüte
Corinna Günzel - Tanzelfe

Ein SOMMERnachtstraum? Oh je.. Ich hatte ja echt ein schlechtes Gefühl, am Vortag die Vorstellung wurde wegen Regen abgesagt und auf einen Ersatztermin verschoben und nun? auf der Homepage wurde bekanntgegeben die Vorstellung werde stattfinden, auch bei Regen.
Ankunft in Hannover-Herrenhausen ungefähr anderthalb Stunden vor Beginn. Wasser ohne Ende und ein Wind, der es wohl auf Regenschirme abgesehen hatte ;) Zeichen standen also nicht so gut..
Beim Einlass in die Herrenhäuser Gärten wurden Regencapes verteilt und - oh wunder - der Regen und vorallem der Wind schien nachzulassen. Dies sollte dann auch so bleiben, die Vorstellung startete trocken und abgesehen von einer kleinen Weile Regen im Ersten Akt (der übrigens in der genialen Beleuchtung total stark aussah) bleib es auch trocken.

Das Theater:
Zwar nicht überdacht, aber einfach genial. Am Einlass wurden Sitzkissen verteilt (das mitbringen wie in Tecklenburg konnte man sich entsprechend sparen) . Und jeder, der die Kulisse des Gartentheaters in der Mitte der Herrenhäuser Gärten kennt, weiß wie genial und einzigartig diese Bühne ist.
Riesige Hecken die Bühne und Theater umgaben, Eine Bühne die in ein Kiesbett übergeht und - so schaut es aus - bis zum Horizont führt. Wie ein unendlicher Weg der von den Gärten und der 'Zauberwald'-Kulisse umgeben ist.
Vor Vorstellungsbeginn sah man Darsteller ("Gärtner"), die die Bühne zu putzen schienen bis die erste Musik erschien und man sich sehr schnell in das Stück gezogen fühlte, schließlich war man ja Teil des riesigen Gartens.

Das Stück:
Shakespeares Sommernachtstraum in einer Modernen Fassung von Heinz Rudolf Kunze (Text) und Heiner Lürig (Musik). Ja nicht nur eine Moderne Fassung, nein auch eine Neuinszenierung des 2003 erstmalig aufgeführten Stücks. Texte und Musik wurden zum Original (damals noch als Aufführung des TfN) beibehalten und kaum verändert. Bühnenbild wurde leicht modernisiert und vor allem die Kostüme wurden grundsaniert und komplett verändert. Zudem wirkte das Stück durch die gelungene Regie von Christian van Götz etwas gestraffter und kurzlebiger. Ebenfalls (fast) komplett neu: die Besetzung.
Der Sommernachtstraum schafft es einfach wie kaum ein anderes Stück, die Bühne für sich zu nutzen, alles ist stimmig, lediglich die Szenewechsel wirken ein wenig zu flach. Die Dialoge sind in aufgefrischtem Shakespeare-Deutsch gehalten und bilden einen gute Basis für die Musik, einige sehr moderne Aspekte wurden von Kunze bewusst eingearbeitet und zünden - nach kurze Eingewöhnung - großartig. Ob nun "Wer wird Millionär", Politisch-Geschichtliche Anspielungen oder die im ersten Akt sehr humorvoll gebotenen Anspielungen auf Songs wie "Satisfaction" oder "Singin' in the Rain" (bei dem Wetter natürlich extrem passend), alles wirkte durch die Bank sehr stimmig.
Auch bei der Aufführung des "Stücks im Stück" im Zeiten Akt blieb kaum ein Lacher aus und die vormals leicht getrübte Stimmung - durch das Wetter - war verflogen. Das herrliche auf die Schippe nehmen des "Heinz Rudolf Kunze"-Erfolgs "Dein ist mein ganzes Herz" zeigte nicht nur von Selbstironie, sondern passte auch klasse in die Handlung und sorgte für tierische Lacher. Alles in allem ein super Show, die sich auch den ein oder anderen Witz auf das schlechte Wetter bezogen nicht ausließ :D

Die Kostüme:
Wesentlich eindrucksvoller und verspielter als in den vorherigen 4 Spielzeiten, sei es nun der geniale Puck mit eindrucksvollem Make-Up oder aber Titania und sämtliche andere Elfen. Etwas blass wirken zwar die vier Liebenden, was aber nicht weiter störte. Mir besonders gefiel lediglich das Kostüm des Elfen Königs Oberon nicht sonderlich, fiel aber nicht groß ins Gewicht.
Sympathisch auch, Helena und Hermia spielten - wetterbedingt - in zum Outfit passenden Regenstiefeln oder Demetrius setzte sich mal auf ein Regencape :D

Die Darsteller:

"Schabernack der Nacht, das ist euer Puck" - großartig. Felix Martin gab einen fantastisch derben, fiesen und auch leicht verspielten Puck, der seine Tanzperformance nicht nur aufführte, sondern einfach verkörperte. Einfach nur Wow. Dieser Blick, diese Mimik und Gestik, diese Bühnenpräsenz - sooo genial. Der absolute Höhepunkt. Auch toll wie er mit Publikum speilte und agierte, wenige Sekunden und wir alle waren gefesselt.
Gesanglich Top. Ja sogar mehr - kaum eine Rolle in der er mir je besser gefallen hat. Er hat den Puck auf der Bühne gelebt und ihm so viele gesangliche Fassetten gegeben, echt spitze! Er hätte gerne auch mehr Solos haben dürfen. Ich habe selten jemanden gesehen, der so viel Spaß an seinem Spiel und seiner Rolle hat - zumindest schien es sehr danach :-)

Mirja Regensburg gab die Helena. Gesanglich fand ich sie okay. Ihr erstes großes Solo "Was die dumme Liebe aus uns macht" war toll, ebenso "Ich Ungeheuer". Ich hatte so Mitleid mit ihr, als sie dann das Trikot mit (Ihrer) "Nummer 1, Demetrius" über zog, eine süß wirkende Kleinigkeit von vielen die in das Stück eingebunden waren. Vorallem schauspielerisch überzeugte sie vollends.

Anke Fiedler als Hippolyta / Titania. Man hat die eine Körperbeherrschung! Toll anzusehen wie sie am Ende als Hippolyta getanzt hat. Ebenfalls Wahnsinn war ihre Bühnenpräsenz, die einen fast umgehauen hat! Gesanglich eindrucksvoll hat sie gezeigt was sie kann. Sie hätte so viel mehr singen müssen!! ich fand sie einfach genial.

Timo Ben Schöfer zeigte sich uns ebenfalls in einer Dopellrolle. Als Theseus fand ich ihn super, klasse Schauspiel und eine tolle Interpretation seiner Rolle. Als Oberon bin ich noch nicht ganz sicher, was ich von ihm halten soll, er hatte eine tolle, liebe stimme.. für den Elfenkönig vielleicht ein wenig zu lieb. Das ich hier gerade auch in verbindung mit seinem Kostüm ein wenig irritierend fand. Trotzdem eine Solide Leistung!

Milica Jovanovic spielte uns die Hermia. Gesanglich ein wenig solider als Mirja fand ich sie jedoch Darstellerisch zu blass. Schreiend oder verliebt, mehr Fassetten hat Sie ihrer Rolle leider nicht abgewinnen können, wenn auch trotzdem Schauspielerisch solide. Mit "Ein Sommernachtstraum" hat sie jedoch stimmlich beeindrucken können.

Sebastian Strehler als Egeus / Elfe, Florian Lüdtke als Lysander und Thomas Sprekelsen als Demetrius. Florian konnte voll überzeugen, tolles Spiel und eine tolle Performance, er hat seiner Rolle vieles abgewinnen können: witzig, verliebt, charmant. Thomas hat ebenfalls solide gespielt, wirkte aber insgesamt zu blass. Sebastian wirkte hingegen toll. Verbohrt, stolz und arrogant hat er seine kleine Rolle sehr gut gefüllt.

Bernd Tauber als Bottich und Jörg-Heinrich Benthien als Quincy. Beide haben super gespielt. Besonders Tauber war toll anzusehen, ob die oben schon erwähnten Song-Improvisationen, sein herrlich witziges Schauspiel oder sein traurig stimmendes "Bottichs Traum" Solo. Ich fand Ihn toll. Ebenso Benthien, als Chef der Handwerker-Schauspieltruppe der voll überzeugte.

Handwerker und Elfen
Die Handwerker. Wie viele Lacher sie wohl bekommen haben? Toll gespielt. Ob der Deutschtürke als "Wand" oder Fabian Joel Walter als Weibliche Hauptrolle des Stücks im Stück. Witzig und charmant waren sie alle, der "Handwerkersong" war toll und bei der Veralberung des Kunze-Hits "Dein ist mein ganzes Herz" war es schwer nicht zu lachen.
Die Elfen waren auch durchweg sehr authentisch, super Choreografie: Wie immer der ein oder andere hinten zwischen ein paar Bäumen hervorschaute oder mal unauffällig über den hinteren Teil der Bühne schlich. Man fühlte sich einfach mittendrin.

Ein klasse Stück, das am Ende vielleicht nur ein wenig Mehr Musik gebräucht hätte, denn genau daran mangelte es ein wenig. Zu viele Szenen waren ohne jegliche musikalische Untermalung, das passte zwar teilweise, aber nicht immer. Ebenso hätte der Band sicher der ein oder andere Musiker mehr auch gut gestanden, da es innerhalb der Songs ein ganz wenig an Vielfalt mangelte.
Dennoch ein toller Abend, der schon alleine aufgrund der einmaligen Location, sich hinter keiner anderen Produktion verstecken muss.
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Re: Ein Sommernachtstraum, Hannover-Herrenhausen (27.08.2010

Beitragvon Elphaba » 29.08.2010, 00:22:45

Danke für deinen begeisternden und differenzierten Bericht JackMalone!

Hat Freude gemacht ihn zu lesen. :)

Ich finde sowiso dass der Sommernachtstraum immer open air aufgeführt werden sollte! Und zum Glück hat der Wettergott ja auch noch etwas Einsehen mit euch gehabt. :D
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